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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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verschwinde«, drängte Jakow Michailowitsch den Sodomiten.
    Aber der hatte es gerade gar nicht eilig.
    Plötzlich erklang Säbelrasseln und das Getrappel von Stiefeln, das war der Fuhrmann, der mit zwei türkischen Soldaten herbeigelaufen kam.
    Sie fingen auch gleich an, laut in ihrer Sprache loszukrakeelen. Der Sodomit antwortete ihnen stockend, in beschwichtigendem Ton. Offenbar hatte er ihnen erzählt, dass überhaupt kein Weib hier gewesen sei, denn einer der Soldaten holte aus, verpasste dem Fuhrmann eine Ohrfeige und schrie ihn wütend an. Jakow Michailowitsch verstand das Kauderwelsch natürlich nicht, aber er konnte sich ziemlich gut denken, was er meinte: Na warte, du verflixter Lümmel, hast uns die Hucke voll gelogen, deinetwegen müssen wir hier durch die Hitze rennen.
    Die Soldaten gingen, der schluchzende Araber auch, aber der verdammte Sodomit stand immer noch bei seinem Rosenbusch, befühlte die Blätter, besah sich die Blüten und schüttelte dabei betrübt den Kopf.
    Hol dich der Teufel, ich habe nicht so viel Zeit!
    Vor lauter Ungeduld fing Jakow Michailowitsch an zu zappeln, und etwas Erde fiel vom Wagen.
    Der Sodomit schaute verblüfft zu dem Karren herüber, und Jakow Michailowitsch kam es vor, als blicke er ihm durch seine Röhre direkt ins Auge.
    Dreh dich bloß um, du Holzkopf, warnte er ihn, noch ganz im Guten. Das ist besser für dich.
    Aber nein, er kam näher.
    Dann stand er so nah vor Jakow Michailowitsch, dass der bloß noch eine Brust (sieh mal an, da hat er aber ordentlich Watte reingestopft) und einen glatt rasierten Arm sah. Dann öffnete sich die Hand, die zu dem kahlen Arm gehörte und verdeckte das Blickfeld völlig.
    »Was ist denn das für ein Lappen?«, brummte eine tiefe Stimme, und in der nächsten Sekunde spürte Jakow Michailowitsch, wie ihn jemand am Ärmel zog.
    Na gut, selber schuld.
    Er packte den Dummkopf am Handgelenk und richtete sich abrupt auf.
    Als der alte Perversling sah, wie auf einmal ein schwarzer Mann aus der Erde herauskam, riss er die Augen auf. Dann drehte er sie nach oben und sank ganz, ganz langsam in sich zusammen.
    Tatsächlich, wie ein Weibsbild, ist glatt in Ohnmacht gefallen.
    Jakow Michailowitsch beugte sich über den reglosen Körper und dachte nach.
    Man könnte ihm den Hals brechen und die Leiche in den großen Erdhaufen da stecken, vor morgen früh wird man sie bestimmt nicht finden, und dann sind wir längst über alle Berge, auf halbem Weg nach Jerusalem.
    Aber wenn man sie doch eher findet? Die haben da oben auf dem Turm einen Heliographen, damit können sie dem Wachtposten Signale geben.
    Wozu also das Risiko?
    Jakow Michailowitsch hüpfte ein paarmal auf der Stelle, um die Erde von seiner Kleidung abzuschütteln. Er sammelte die Brocken sorgfältig auf und warf sie auf den Wagen zurück. Dann stellte er die ursprüngliche Form des Haufens wieder her und strich die Erde sorgfältig mit den Händen glatt; mit einem großen Satz sprang er aus dem Stand auf die Wiese, damit er keine Spuren im Staub hinterließ.
    Und drehte sich um.
    Der Sodomit lag immer noch schlaff wie ein Sack da.
    Na gut, soll er halt am Leben bleiben.
    Was wird er schon erzählen? Dass ein großer schwarzer Mann aus der Erde hervorgekrochen kam und dann spurlos verschwand? Das glaubt ihm doch kein Mensch, nicht einmal er selber. Er wird denken, er hätte sich einen Sonnenstich eingefangen.
    Jakow Michailowitsch zog sich die Pluderhose zurecht und trabte in federndem, kraftvollem Laufschritt die Straße entlang, immer der untergehenden Sonne nach.
    Um seinen Atemrhythmus besser zu kontrollieren, sprach er dabei ununterbrochen vor sich hin: eins-zwei, eins-zwei, was für-ein Gar-ten, was für-ein Gar-ten, eins-zwei, eins-zwei, was für-ein Gar-ten, was für-ein Gar-ten . . .
    Bekam anstatt Luft viel heißen Staub in den Rachen. Fluchte und spuckte.
    Och, dieses vermaledeite Land.
    Na egal, morgen Abend dürfte die Sache ausgestanden sein.

XIV
    Die Berditschewski-Etüde
    Ein alter Bekannter
    »WSr. Dolinin, Mtgl. Min.-rat d. Inn.« So stand es in krakeliger, kaum leserlicher Handschrift in der Spalte »Besucher«.
    »Wirklicher Staatsrat Dolinin?«, brummte Matwej Benzionowitsch und zauste sich seinen rotgoldenen Haarschopf. »Dolinin?«
    »Jawoll!«, bestätigte der Aufseher. »Seine Exzellenz war bei uns zur Inspektion. Gab uns die Ehre eines Gesprächs. Man muss die Gefängnisse unterteilen, hat er gesagt. Untersuchungsgefangene extra, Gewohnheitsverbrecher extra,

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