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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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stimmen Sie sogar zu . . .« Er räusperte sich und sprudelte dann in einem Atemzug hervor: »Wären Sie nicht vielleicht bereit, mir Gesellschaft zu leisten?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte die Nonne verständnislos.
    »Ich meine: auf der Fahrt nach Stroganowka.« Und hastig, ehe sie »Nein« sagen konnte, redete Dolinin weiter: »Schließlich ist dieser Manuila doch eine getaufte Seele, auch wenn er den Glauben seiner Väter abgelegt hat. Es ist irgendwie unschicklich, seine sterbliche Hülle ohne jeden geistlichen Beistand zu transportieren. Man wird mir vielleicht irgendeinen grämlichen Klosterbruder mitgeben. Mit Ihnen wäre es unvergleichlich angenehmer.« Hier fiel Sergej Sergejewitsch plötzlich ein, dass seine letzte Bemerkung vielleicht zu verwegen geklungen haben könnte, und er korrigierte sich eilig. »Vor allem natürlich viel sinnvoller. Sie haben doch selber gesagt, dass Sie schon mal in diesem Nest gewesen sind. Sie könnten uns beim Umgang mit den Leuten dort eine wertvolle Hilfe sein . . .«
    »In Stroganowka war ich nicht, nur in Stariza, und das ist etliche Werst entfernt.«
    »Das spielt keine Rolle, jedenfalls sind Ihnen die dortigen Sitten einigermaßen vertraut. Außerdem wird eine Nonne den Leuten weniger Angst einflößen als ein ihnen vollkommen unbekannter Vertreter der Obrigkeit . . . Und dann kam es mir auch so vor, als sei Ihnen das Schicksal dieses Möchtegern-Propheten nicht ganz gleichgültig. Wenigstens können Sie unterwegs für seine verirrte Seele beten . . . Nun, was sagen Sie?«
    Und dabei sah er ihr so traulich in die Augen, dass Pelagia, die schon eine höfliche Absage auf der Zunge hatte, ins Wanken kam.
    Sie spürte ganz deutlich, wie der Teufel der Eitelkeit sie in Versuchung führte, begriff sie doch nur allzu gut, worin der wahre Grund der »befremdlichen Bitte« Sergej Sergejewitschs bestand. Der Meister der Kriminalistik zollte ihrer Intelligenz und ihrem scharfen Auge Anerkennung und hoffte auf ihre Mithilfe bei der Ermittlung.
    Andere Beweggründe zu argwöhnen, etwa weltlicher, sündiger Natur, gestattete Pelagia sich nicht, schließlich war sie eine Person des geistlichen Standes. Aber dieses Eitelkeitsteufelchen war schon schlimm genug.
    Und ihre schwache Seele konnte der Versuchung nicht widerstehen.
    Ich bin selber schuld, sagte sie sich, während ihre Wangen sich vor Vergnügen rosig färbten. Ich hätte den Mund halten sollen. Aber ich musste ja mit meinen vorwitzigen Schlussfolgerungen herausplatzen. Jetzt wäre es eigentlich sogar ungehörig, Sergej Sergejewitsch mitten in der Untersuchung allein zu lassen.
    »Sagen Sie einfach Ja«, bat Dolinin leise, als er ihr Zögern bemerkte. »Ich werde selbst mit Seiner Eminenz sprechen.«
    »Nein«, seufzte Pelagia. »Es ist wohl besser, wenn ich das übernehme.«
    Der Himmlische Bräutigam
    Pelagia bereitete sich sehr gründlich auf dieses heikle Gespräch vor und versuchte, ihre Ansprache ganz nach männlicher Manier aufzubauen, das heißt rein logisch, ohne jede Emotionalität, wie es Mitrofani so sehr schätzte.
    Gründe, die in irgendeiner Beziehung zu der Ermittlung standen, berührte sie mit keinem Wort. Als Hauptargument führte sie die Gefahr an, die Dolinins Expedition für die Sawolshsker Eparchie heraufbeschwören könnte.
    »Wenn es sich bestätigt, dass der sektiererische Prophet aus unserer Eparchie stammt, wäre das Wasser auf die Mühlen von Konstantin Petrowitsch«, sagte die Schwester. »Die Geschichte wird doch in allen Zeitungen stehen, und Sawolshsk wird auf jeden Fall erwähnt werden. Im Synod wird man dann sagen: Gut hat er das gemacht, der Bischof von Sawolshsk, hat diese Schlange fein an seinem Busen genährt. Ihre Lage ist ohnedies schon reichlich prekär.«
    »Ich klebe nicht um jeden Preis an meiner Kanzel«, brummte Mitrofani mit finsterer Mine.
    »Das weiß ich. Aber es geht nicht nur um Sie, sondern auch um uns. Wen wird uns der Oberprokuror an Ihrer Stelle schicken? Ganz bestimmt einen von seinen Schützlingen, irgendeinen Eiferer und Inquisitor. Dann ist es vorbei mit der Ruhe und dem Frieden in Sawolshsk.«
    Und dann bewies sie des Langen und des Breiten, wie wichtig es sei, dass gerade sie bei der Identifizierung des Propheten durch den hohen Petersburger Beamten dabei sei, jemand, der auf Mitrofanis Seite stand, damit sie, falls die Sache einen ungünstigen Verlauf nähme, Präventivmaßnahmen ergreifen könne. Und überdies sei es auch nicht undenkbar, dass sie, da sich doch

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