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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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verschlagen, du Trottel! Genieß dein Leben, sündige reichlich, und dann kannst du es abbeten, so wie es die Weisen machen. Drüben in der Einsiedelei« – er wies mit dem Kopf zur Insel – »Vater Israil, das ist ein gründlicher Mann. Der hat sein Vergnügen gehabt, reihenweise Frauen vernascht, und heute ist er Abt. Er hat auf Erden gut gelebt und sich im Himmel ein Plätzchen bei Vater und Sohn gesichert. So muss man es machen.«
    Die braunen Augen des jungen Mönchs fingen an zu leuchten.
    »Ach, wenn ich doch nur einen einzigen Blick auf den heiligen Mönch werfen könnte!«
    »Setz dich hin und warte. Manchmal kommt er ans Ufer, aber selten – seine Kräfte lassen nach. Man sieht, dass er bald auffahren wird.«
    Pelagi beugte sich zu dem Fährmann und flüsterte:
    »Wenn ich doch einmal in seine Nähe dürfte! Wenn Sie mich auf die Insel mitnehmen würden, Vater, würde ich ewig für Sie beten.«
    Kleopa stieß den Jungen sachte beiseite und band das Tau los.
    »Also das willst du! Weißt du, was es dafür gibt?«
    »Ist es wirklich völlig unmöglich?«, fragte der Rothaarige leise, wobei er in seiner kleinen weißen Faust die Ecke eines Geldscheins sehen ließ.
    Bruder Kleopa sah genau hin – anscheinend ein Rubel.
    »Das geht nicht«, seufzte er bedauernd. »Wenn das herauskommt, muss ich in die Strafzelle. Eine Woche, vielleicht auch zwei. Ich kann nicht bei Brot und Wasser sitzen, vom Wasser schwillt mir der Kopf an.«
    »Aber ich habe gehört, dass sich heutzutage außer Ihnen sowieso keiner von den Brüdern auf die Insel traut. Man wird Sie nicht in die Strafzelle sperren, Vater. Wie soll es denn herauskommen? Hier ist doch niemand.«
    Und damit steckte er ihm den Geldschein in die Hand, der Verführer.
    Kleopa nahm den Schein und betrachtete ihn gedankenverloren.
    Da kam plötzlich, ganz wie von selbst, noch ein zweiter Geldschein hinzu.
    Der rothaarige kleine Teufel hatte ihn dem Fährmann gewaltsam zwischen die unentschlossenen Finger gestopft.
    »Nur einen einzigen Blick, ja?«
    Der Mönch faltete die beiden Scheine auseinander, strich sie liebevoll glatt und schüttelte sein graues Zottelhaar.
    »Mit beiden Augen wird das bei dir ja auch nichts, hihi!«, wieherte Kleopa, sehr zufrieden mit seinem Scherz. »Wo hast du denn deine Visage so zugerichtet, he? Hast dich wohl mit den Handwerkern in der Wolle gehabt? Ein stilles Wasser, aber man sieht, dass du es faustdick hinter den Ohren hast. Ist es wegen der Mädchen? Oh, du wirst nicht lange Klosterbruder bleiben, Pelagi. Sie werden dich rausschmeißen. Sag, waren es die Handwerker? Wegen der Mädchen?«
    »Ja, genau«, bekannte der junge Mönch mit gesenktem Kopf.
    »So, so. › Ich will ein heiliger alter Mönch werden‹«, spottete Kleopa, während er sich den halben Rubel und die Geldscheine hinter den Gürtel stopfte. »Und auf die Insel willst du wohl aus Übermut? Lüg nicht, sag die Wahrheit!«
    »Das ist doch schließlich interessant.« Pelagi schneuzte sich und schlüpfte damit endgültig in seine neue Rolle.
    »Woher hast du denn so viel Geld? Aus dem Opferstock stibitzt?«
    »Nein, Vater, wo denken Sie hin! Mein Papachen ist Kaufmann. Er hat Mitleid mit mir und schickt mir manchmal Geld.«
    »Kaufmann – das ist gut. Hat er dich wegen deiner Streiche ins Kloster gesteckt? Macht nichts, wenn er Mitleid hat, wird er sich auch erbarmen und dich wieder aufnehmen, warte nur. Also, Pelagi«, der Fährmann überflog das leere Ufer mit einem Blick und überlegte. »Letztes Jahr ist Folgendes passiert: Ich hab mir die ganze rechte Hand an Vater Martiris Fresse aufgeschlagen – der stinkende Hund hat seine Zähne in meine Faust geschlagen. Ich hab mir so die Hand verletzt, dass ich nicht mehr rudern konnte. Da hab ich mit Iesikil dem Feger abgemacht, dass er mir hilft: ich am einen Ruder, er am anderen . . . Drei Tage haben wir das so gemacht. Ja, so war das. Wenn man uns jetzt sieht, sag ich, dass mir wieder die Hand wehtut. Steig ein!«
    Er riss einen Streifen Stoff vom Unterkleid ab und band ihn sich um die Hand.
    Sie setzten sich an die Ruder und fuhren los.
    »Jetzt hör mir gut zu«, warnte Kleopa streng. »Dass du mir keinen Fuß aus dem Boot setzt! Auf die Insel darf nur ich allein. Und sperr die Ohren auf, was der Mönch sagt, mein Kopf ist löchrig geworden, und er sagt es nicht zweimal. Manchmal habe ich seine Worte, ehrlich gesagt, schon wieder vergessen, bis ich beim Vater Wirtschafter bin. Dann erfinde ich etwas, was mir gerade

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