Pelagia und der schwarze Moench
so einfällt.«
Pelagi warf beim Rudern hin und wieder einen Blick über die Schulter auf die langsam näherkommende Nachbarinsel. Dort war alles leer und reglos: schwarze Steine, welkes graues Gras, Kiefern ragten auf der Spitze des Hügels in die Höhe wie zu Berge stehende Haare.
Das Boot lief mit dem Bug auf Sand. Bruder Kleopa nahm den Korb mit Lebensmitteln und sprang ans Ufer. Seinem Partner drohte er mit dem Finger: Du bleibst schön ruhig hier sitzen!
Der Klosterbruder drehte sich auf der Bank herum, stützte das Kinn in die Hände und sperrte die Augen auf – kurz, er machte sich bereit.
Er sah, wie einer der schwarzen Findlinge sich plötzlich bewegte, als spalte er sich in zwei Teile, einen größeren und einen kleineren. Der kleinere Teil richtete sich auf und sah aus wie ein kompakter schwarzer Sack, oben spitz zulaufend, unten breiter.
Langsam setzte er sich in Bewegung und kam hinunter, dem Streifen der Brandung entgegen. Pelagi erkannte zwei Hände, einen Stab, die weiß eingefassten Kanten des Gewands, das Zeichen des Abts, und unterhalb der Kapuzenspitze einen Schädel mit gekreuzten Knochen. Die Hand des Knaben machte ganz von selbst das Kreuzzeichen.
Mit einer geübten Bewegung legte der Fährmann die mitgebrachten Dinge auf einen flachen Stein: drei kleine Brote, drei irdene Töpfe, ein Säckchen mit Salz. Dann trat er zu dem Mönch, berührte dessen gelbliche, knochige Hand flüchtig mit den Lippen und wurde mit dem Kreuzzeichen gesegnet.
Pelagi saß ganz zusammengekauert im Boot. Der Schädel mit den Knochen war natürlich ein schauerlicher Anblick, aber am schlimmsten waren die Sehschlitze vor dem verhüllten Gesicht, durch die zwei glänzende Augen direkt auf den Klosterbruder blickten. Aber selbst das war dem gesichtslosen Mönch Israil noch nicht genug. Obwohl er nur mit Mühe gehen konnte, kam er unmittelbar an das Boot heran, stellte sich vor den verschüchterten jungen Mönch und starrte ihn eine Weile an – er war es wohl nicht gewöhnt, neben Kleopa noch andere Abgesandte aus der Außenwelt zu sehen.
Der Fährmann erklärte:
»Ich hab mir die Hand verletzt, alleine kann ich nicht rudern.«
Der Abt nickte und starrte den Neuling weiterhin unverwandt an. Kleopa räusperte sich und fragte:
»Wie heißt der heutige Spruch?«
Pelagi schien, der schwarze Mann sei zusammengezuckt, als sei er aus seiner Nachdenklichkeit oder Benommenheit aufgefahren. Er wandte sich an den Mönch, und eine tiefe, heisere Stimme sprach sehr deutlich, mit Pausen zwischen den Worten:
»Jetzt lässest du deinen Knecht in Frieden dahingehen – Tod.«
»Oh, mein Gott!« Kleopa erschrak und bekreuzigte sich hastig. »Na warte . . .«
Er kletterte eilig ins Boot zurück und stieß sich dabei mit dem Fuß vom Ufer ab.
»Was bedeutet das, Onkelchen?«, fragte der Knabe, während er sich nach dem heiligen Mönch umsah, der auf seinen Stab gestützt reglos dastand. »Was hat er da vom Tod gesagt?«
»Dir werd ich geben – › Onkelchen‹!«, fuhr Kleopa ihn besorgt an. »Leg dich ins Ruder, mach schon, los!«
Erst als sie am Ufer von Kanaan waren, erklärte er:
»Wenn es heißt: Jetzt lässest du deinen Knecht in Frieden dahingehend dann ist einer der Eremiten gestorben. Morgen werde ich an seiner Stelle jemand anders hinfahren. Vater Ilari kann es schon kaum noch abwarten. Heute Abend wird man die Messe für ihn lesen und ihn zur Abdankungskapelle geleiten, wo er sich in der Einsamkeit von der Welt verabschiedet, seine Kapuze zunäht und die Löcher hineinschneidet. Und sobald es tagt, bringe ich einen Lebenden zu den Toten hinüber . . . Ach, wieso die Menschen bloß nicht mehr auf der Welt leben wollen!« Kleopa schüttelte seinen zottigen Schädel. »Israil, das ist ein Mönch! Denk mal an, er hat schon sieben überlebt. Er muss ordentlich gesündigt haben, dass der Herr ihn noch nicht zu sich lässt. Wer von ihnen wohl gestorben ist? Feognost oder David? Was hat er noch genau gesagt?«
»Jetzt lässest du deinen Knecht in Frieden dahingehen – Tod‹«, wiederholte Pelagi. »Aber warum hat er noch › Tod‹ hinzugefügt?«
Kleopa bewegte die Lippen und versuchte sich zu erinnern. Auf die Frage zuckte er nur die Schultern: Darüber müssen wir uns nicht den Kopf zerbrechen!
Nun, was gibt es noch über die Geschehnisse dieses Tages zu berichten?
Vielleicht sollten wir noch vom Häuschen des Bakenwärters erzählen, obwohl das nun vollends unbegreiflich ist.
Nachdem Pelagi sich von dem
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