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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Moses mit dem Herrn gesprochen hatte, sondern außerdem eine bekannte Sehenswürdigkeit von Neu-Ararat, ein steiler Felsen am See, wo man zum heiligen Nikolaus, dem Knecht Gottes, betete.
    Die majestätische Knappheit der Notiz war beeindruckend. Weder »ich erwarte Sie« oder »kommen Sie« noch eine Erklärung, was »Sinai« war. Die unerschütterliche Überzeugung, dass er alles verstehen und ihrem Ruf unverzüglich Folge leisten würde. Dabei hatte sie ihn nur einen Augenblick gesehen! Eine Göttin!
    Felix Stanislawowitsch erkundigte sich, wie er zum Sinai komme (der etwas mehr als eine Werst westlich des Klosters gelegen war), und machte sich auf zum nächtlichen Stelldichein.
    Sein Herz stockte in freudiger Erwartung, und wenn etwas seine Euphorie überschattete, dann nur die Scham über die ärmliche »Zuflucht der Demütigen«. Er würde sagen, er sei inkognito in geheimer Mission gekommen, ohne sich auf Einzelheiten einzulassen, überlegte der Oberst unterwegs. Das würde besser klingen, geheimnisvoller.
    Die Straßen von Neu-Ararat waren in der Nacht völlig ausgestorben. Auf dem ganzen Weg zum Kloster begegnete ihm nur eine einzige lebende Seele, eine Katze, eine schwarze obendrein.
    An der weißen Klostermauer und der Kirchenpforte vorbei erreichte der Oberst den Waldrand. Er ging noch etwa eine Viertelstunde über einen breiten, ausgetretenen, leicht ansteigenden Pfad, dann traten die Bäume auseinander und vor ihm lag ein Hügel mit einem spitz zulaufenden kleinen Turm, hinter dem nichts mehr war außer dem schwarzen, sternenübersäten Himmel.
    Munter ausschreitend lief Felix Stanislawowitsch den Hügel hinan und blieb dann stehen: Direkt hinter der Klause fiel der Hügel jäh ab. Weit unten, unterhalb des steilen Abhangs, plätscherte das Wasser, aus dem Findlinge hervorblitzten, und dahinter erstreckte sich die endlose Weite des Blauen Sees und seiner gleichmäßig wogenden Wassermassen.
    Eine außerordentliche Landschaft, dachte Lagrange und nahm seine Schirmmütze ab – nicht etwa aus Ehrfurcht vor der Größe der Natur, sondern damit die englische Kopfbedeckung nicht vom Wind davongetragen würde.
    Doch wo war sie? Sie hatte sich doch wohl keinen Scherz erlaubt?
    Nein! Eine schlanke Gestalt löste sich von der Balkenwand und kam langsam näher. Die Straußenfedern wippten über der Hutkrempe, der Schleier flatterte wie ein leichtes Spinngewebe vor dem Gesicht. Die Hand in dem langen Handschuh (sie trug jetzt nicht mehr graue, sondern weiße Handschuhe) flog empor, um die Hutkrempe festzuhalten. Eigentlich waren nur diese flatternden weißen Hände zu sehen, weil das schwarze Kleid der geheimnisvollen Person mit dem Dunkel verschmolz.
    »Sie sind stark, das habe ich an Ihrem Gesicht sofort erkannt«, sagte die junge Dame ohne lange Vorrede mit einer tiefen, klangvollen Stimme, bei der Felix Stanislawowitsch aus irgendeinem Grunde ein Schauer überlief. »Es gibt heutzutage so viele schwache Männer, Ihr Geschlecht degeneriert. Bald, in ein – oder zweihundert Jahren, werden Männer nicht mehr von Frauen zu unterscheiden sein. Doch Sie sind anders. Oder habe ich mich getäuscht?«
    »Nein!«, rief der Polizeimeister aus. »Sie täuschen sich keineswegs! Aber . . .«
    »Sie sagen › aber‹?«, unterbrach ihn die geheimnisvolle Unbekannte. »Habe ich mich nicht verhört? Dieses Wort verwenden nur schwache Männer.«
    Felix Stanislawowitsch erschrak und fürchtete, sie werde sich sofort umdrehen und in der Finsternis verschwinden.
    »Ich wollte sagen › Der Abendstern‹, doch vor Aufregung habe ich mich versprochen«, redete er sich heraus. »Der Abendstern, mein ewiger Beschützer, hat mich auf diese Insel geführt, hat meinem Herzen gesagt, dass es hier, gerade hier, diejenige treffen wird, von der es seit langem träumte . . .«
    »Mir ist nicht nach schönen Redensarten zumute«, unterbrach ihn die Schöne erneut. Das schwache Licht der Sterne spiegelte sich in ihren Augen, verstärkte sich um ein Vielfaches und begann zu funkeln. »Ich bin völlig verzweifelt, und nur deshalb wende ich mich an den Erstbesten mit der Bitte um Hilfe. Dort, am Anleger, schien mir einfach, dass . . . dass . . .«
    Ihre bezaubernde Stimme zitterte, und Lagrange vergaß auf der Stelle sämtliche galanten Tiraden, die er sich zurechtgelegt hatte.
    »Was?«, flüsterte er. »Was schien Ihnen? Um Christi willen!«
    ». . . dass Sie mich retten könnten«, vollendete sie ihren Satz kaum hörbar, wobei sie graziös

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