Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
nördlichen Banden geehrt«, sagte er. »Du bist der vom Ufer. Der mit den Sentanihunden läuft. Dein Kadaver wird bald genug auf entehrtem Boden ver-faulen. Trotzdem danke ich dir für die Güte, die du meinen Männern erwiesen hast.«
Jestak übersetzte, und Manti war gleichermaßen erleichtert und verwirrt. »Ich bin froh, daß du zufrieden bist mit dem, was wir getan haben und hoffe, daß es nie wieder notwendig sein wird, den Frieden zu brechen.«
Der Shumai wandte den Blick zu Jestak, weil er sehen wollte, wie der diese höflichen Worte übermitteln würde. »Wir wollten eure Männer nicht töten«, begann er, »aber ihr habt uns dazu gezwungen, wie ei-ne Schlange, die sich zwischen die Hufe der Stiere stürzt. Ihr habt uns auch noch einen interessanten Dienst erwiesen. Der erste Sentani, der je innerhalb der Pelbar-Mauern war, erholt sich jetzt bei uns von seinen Wunden.«
Der Axtschwinger verstand, daß Jestak ihm nochmals eine Ehre erwies, indem er ihm mitteilte, daß einer seiner eigenen Verbündeten getötet worden war.
Hier war ein Mann, den er genausowenig verstand wie die Pelbar ihren eigenen Angehörigen.
»Kaim«, sagte er und wandte sich dem jüngeren Mann zu. »Bring unsere Gefährten ans Ufer, wo unsere Freunde sie erwarten! Und du, Pelbar«, fuhr er, zu Manti gewandt fort, »sei so freundlich, in deine Mauern zurückzukehren, damit die Bedingungen gleich bleiben, obwohl sie schließlich doch immer noch zu meinen Gunsten stünden. Ich möchte mit diesem jungen Wilden, der mit den dreckigen Sentanihunden läuft, noch ein paar Worte allein sprechen.«
Beide Gefährten waren verblüfft. Kaim hatte, das war ganz deutlich, auf einen Kampf und auf ein wenig Rache gehofft. Aber der Befehl war unmißverständlich. Jestak übersetzte ihn wortgetreu, und nach einigem Zögern verbeugte sich Manti und zog sich zurück.
»Nun«, sagte der Axtschwinger, »glaube ja nicht, daß du mich mit dem Kurzschwert unter deinem Mantel töten kannst. Ich bin dir mehr als gewachsen.«
»Daran zweifle ich nicht, Shumai. Vielleicht sogar ohne das Messer in deinem Innengürtel. Was willst du von mir?«
»Du sprichst genau die Sprache meiner nördlichen Vettern im Westen des Bittermeeres. Und du hast die Toten so hergerichtet, wie sie es tun. Das war gut so und hat uns viel Hunger und Strapazen erspart, die entstanden wären, wenn wir sie hätten rächen müssen. Und doch rennst du mit den dreckigen Sentani-wieseln.«
»Vorhin waren es noch Hunde.«
»Gleichgültig, Pelbar. Du zerstörst das Muster der Dinge, von dem alle Ordnung abhängt. Trotzdem danke ich dir und möchte gerne wissen, wie du die Begegnung mit den Shumai überlebt hast.«
Jestak erzählte ihm kurz von seiner Gefangenschaft bei den Tantal und seiner schwer errungenen Be-kanntschaft mit den Shumai im Nordosten. »Wie«, fragte der Axtschwinger, »hießen sie?«
»Der älteste hieß Drok. Wan starb, ehe wir fliehen konnten. Die beiden anderen waren Brüder, Ould und Nev. Kennst du sie?«
»Nein. Aber wir werden Nachricht von ihrem Schicksal an ihre Bande senden. Wie wurden sie begraben?«
»Wan wurde von den Tantal in den Fluß geworfen.
Wir konnten nichts dagegen tun. Die anderen wurden auf einem hohen Berg an der Südküste des Bittermeeres begraben, im Gebiet der See-Sentani, von Igon und mir. Ihre Köpfe zeigten gen Sonnenaufgang.
Sie wurden stehend begraben, einen zerbrochenen Speer in den Händen.«
»So sind wir dir noch einmal Dank schuldig. Vielleicht werde ich die Schuld damit bezahlen, daß ich dich jetzt nicht töte. Die Pelbar wollten sich also einen Vorteil vor uns erschleichen, indem sie sich mit den Städten im Osten zusammentaten? Aber dazu wart ihr nicht fähig, wie ich sehe.«
»Axtschwinger, wir Völker des Westens haben ein völlig falsches Bild von den Städten im Osten, von ihrer Macht und davon, wo sie liegen. Zwischen hier und dem Osten ist das Land weit und meistenteils leer; g elegentlich stößt man auf eine Ruine. Die Städte im Osten beherrschen nicht viel. Ihre Macht reicht nach Westen hin nur bis zu den Osthängen der Berge. Zwischen ihnen und den östlichen Sentani leben die Peshtak und ein Stamm, den ich nie kennengelernt habe, die Coo. Beide sind wild und unglaublich grausam – ich glaube, weil sie zwischen zwei Mächten einge-zwängt sind und sich deshalb so gefährlich gebärden, damit man sie in Ruhe läßt. Ich bin Pelbar genug, um zu wünschen, daß wir hier draußen alle in Frieden miteinander leben.
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