Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
bis das Wachs weich wurde, drehte sie so zusammen, daß sie sich nicht voneinander lösen konnten und steckte sie auf einen Halter in der Mitte.
Darauf nahm Winnt Ursas beide Hände, küßte sie auf die Stirn, die geschlossenen Augen, Mund und Hände, und sie tat das gleiche. Dann brachte man einen Apfel, in zwei Hälften geschnitten, und jeder nahm einen Bissen von jeder Hälfte. Schließlich nahm sich das Paar bei den Händen, und Ommu stimmte an: »Hier in der nördlichen Stadt der Pelbar, an diesem Tag und für immer, werdet ihr getraut. Aven möge euch segnen, euch Glück schenken und Trost in der Bedrängnis, sie möge eure Gebete erhören, jedem Geduld mit dem anderen geben und jedem die Fülle der Güte des anderen schenken. Wir von Nordwall überlassen nun dich, Ursa, den Sentani und hoffen, dich, deinen Gatten und deine Kinder in Freude und Liebe wiederzusehen. Und jetzt, Willton von den Sentani, geben wir Ursa in deine Hände als Häuptling der Bande, zu der sie jetzt gehört. Möge ein Band der Liebe zwischen euch wachsen.«
»Wir nehmen sie auf, Ommu von Pelbar«, sagte Willton. Das Flötenspiel setzte wieder ein, und die Gruppe marschierte erneut durch die gleichen Korridore, dabei fragten sich alle, ob sie wirklich an einem so sonderbaren Ort gewesen waren, oder ob alles nur ein Traum gewesen sei. Sie wußten aber, daß es Wirklichkeit sein mußte, denn nichts, was sie früher erlebt hatten, hätte sie je zu solchen Träumen anregen können.
Die Zeremonie der Sentani war viel einfacher, besonders, weil sie nicht zu Hause abgehalten wurde, sondern auf einer Jagdexpedition, die ausschließlich aus Männern bestand. Aber sie war der Sternenbande beileibe nicht gleichgültig, alle standen in Reih und Glied und in strammer Haltung in ihren Spitzenban-den, als Willton den rechten Daumen von Ursa und Winnt einschnitt und ihr Blut miteinander mischte, dann nahm jeder den Daumen des anderen in den Mund und entfernte die verbliebenen Blutströpfchen mit seinen Lippen. Dann drückte Willton einen Bluts-tropfen aus der winzigen Wunde, nahm, da Ursa noch nicht zur Bande gehörte, diesen Tropfen selbst zu sich, und dadurch wurde sie eins mit der Bande.
Alle verheirateten Sentani haben die Hochzeitsnarbe an ihrem rechten Daumen, daran kann man sofort ihren ehelichen Stand erkennen. Juk hatte drei Narben, die anzeigten, daß er zweimal verwitwet war.
Als nächstes ging jeder Sternspitzenanführer einzeln an Ursa vorbei und küßte ihr beide Hände, und sie küßte ihn auf beide Wangen. Der leichte Apfelge-ruch an ihr ließ einige Herzen schneller schlagen und erinnerte die Männer an zu Hause. Nun ging jeder Mann in der Sternenbande an Ursa vorbei, legte ihr die Hände auf die Schultern, und sie tat das gleiche.
Dann kam Mokil noch einmal, diesmal in einer schwarzen Pelzschärpe, und sie legten sich gegenseitig die Hände auf. »Das«, erklärte er, »ist für Dar.«
Als die Zeremonie vorüber war, wurden durch das Haupttor, das noch immer offen war, aus der Stadt Erfrischungen gebracht, und alle tranken den eiskal-ten Pfirsichsaft aus den ummauerten Obstgärten von Nordwall und aßen kleine Obstkuchen. Nach so vielen Monaten schwerer Fleischkost holten sich die Sentani immer wieder Kuchen, aber Jestak hatte die Bäcker vorgewarnt, und es waren genügend vorhanden. Das sollte nur ein Appetithappen sein. Danach würde ein Tanz folgen und später ein gehaltvolleres Festmahl.
Die ersten Tänzer waren von der Pelbargarde, die aus streng gedrillten Männern und Frauen bestand.
Es war nicht die allgemeine Garde, die aus der gesamten Bevölkerung kam, denn die Festung wurde ständig bewacht, sondern eine Truppe, deren Spezia-lität es war, mit jedweden möglicherweise auftreten-den Notfällen fertigzuwerden. Sie trugen die bekannte Pelbartunika, aber mit Brustpanzer und Bein-schienen, langen Handschuhen und einem Stahlhelm mit tiefem Visier. Sie hatten nicht das bekannte Pel-barkurzschwert oder den kleinen Bogen, sondern trugen zu diesem Anlaß Langschwerter, die in reich-verzierten Scheiden tief an der Hüfte hingen.
Sie begannen langsam ihren Tanz in zwei einander gegenüberstehenden Reihen, zur Musik von Hörnern, Pfeifen, Trommeln und Pelluten, mit rituellen Bewegungen. Bald wurden die Schwerter gezogen, der Tanz wurde schneller, mit Sprüngen, Schwerterge-klirr und Schlägen in die Luft. Das ging einige Zeit, bis sich das Publikum wunderte, wie sie es durch-halten konnten.
»Frek«, sagte Juk leise, »ich
Weitere Kostenlose Bücher