Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
euren Leuten auswählen, der in den Tempel kommen soll«, sagte Manti.
So wurde es dann endgültig beschlossen – sieben Männer von jeder Spitze sollten in den Tempel gehen, die anderen würden bei den Winterwaren außerhalb der Mauern bleiben. Dann wollte man eine zweite Zeremonie, mehr nach dem Brauch der Sentani, auf dem Vorfeld in der Nähe des Mitteilungssteins abhalten, an der einige Pelbar teilnehmen konnten. Beide Gruppen erkannten, daß es hier um mehr als um eine Hochzeit ging, und daß sie in Wirklichkeit den Frie-densprozeß zwischen den Völkern in Gang setzte.
Viele waren mißtrauisch. Aber im Gewand einer einzelnen Hochzeit war dies eine Geste, von der man sich später distanzieren konnte, falls sich der Frieden nicht als tragfähig herausstellen sollte.
»Wir müssen«, sagte Willton, »obwohl ich keines-falls drängen will, die Festlichkeiten so schnell wie möglich hinter uns bringen, denn eine Verzögerung von Tagen könnte bedeuten, daß wir auf die nach Norden ziehenden Shumai treffen, und da wir nur so wenige sind und mit unseren Winterwaren belastet, könnten wir einen Kampf nicht so leicht riskieren.«
»Einverstanden. Wir sind bereit und können die Zeremonie morgen früh abhalten, wenn euch das recht ist.«
»Das ist uns angenehm. Wie lange, sagtet ihr, wür-de euer Teil der Angelegenheit dauern?«
»Höchstens ein Tageslichtviertel, es kann auch weniger sein.«
»Dann werden wir unsere Zeremonie gleich danach abhalten, und im Anschluß daran kann eine allgemeine Feier stattfinden. Wenn ihr nichts dagegen habt, wir hätten ein paar Dinge, die wir eintauschen könnten, auch wenn die Friedenswoche noch nicht da ist, und dann könnten wir uns zurückziehen und uns auf einen frühen Aufbruch am nächsten Morgen vorbereiten. Bei dem hohen Wasserstand können wir in unseren Fellbooten bis zum Einbruch der Nacht Pelbarigan erreichen oder die Banner-Insel dahinter.
Wenn wir dann noch einen Tag tüchtig rudern, müßten wir bis Threerivers kommen und in einem weiteren Tag haben wir die Hauptwanderungsbahn der Shumai dann hinter uns. Auf dem Fluß sind wir ihnen mit unseren Bogen ohnehin überlegen, aber ich möchte ihnen lieber nicht begegnen.«
Das Treffen neigte sich seinem Ende zu, und wie es bei beiden Völkern der Brauch war, wollten beide Seiten zu ihrer jeweiligen Gruppe zurückkehren.
Aber diesmal wandte sich Ursa an Willton und fragte: »Sir, wenn es möglich ist, könnte ich dann einige Zeit mit Winnt in eurem Lager verbringen, da wir uns doch noch gar nicht richtig gesehen haben?«
Willton blickte Manti an. Dann zuckte er die Achseln. »Warum nicht, bald genug bist du ja ohnehin da.
Hast du etwas dagegen, Pelbar?«
»Nein, aber du mußt vor Sonnenuntergang zurück sein. Du mußt mit der Vorbereitung und der Reinigung beginnen. Wir werden nach dir Ausschau halten.«
So wurden die Jäger der Sentani, die sich nahe dem Fluß versammelt hatten, vom ungewohnten Anblick einer prächtig gekleideten, schönen Pelbarfrau be-grüßt, die in ihr Lager schlenderte, von Winnt vorgestellt wurde und dann seine Spitzenbande kennenlernte. Sie trug ein langes, dunkelrotes Gewand mit reicher, schwarzer Stickerei mit kleinen Blättern dazwischen, die aus winzigen Metallperlen gearbeitet waren. Ihr Haar war lang, und sie hatte es mit einem schwarzen Band am Hinterkopf zusammengenom-men und mit einer silbernen Gelenkspange befestigt.
Auf der Schulter trug sie eine punzierte Ledertasche, in der sie für jedes Mitglied der Nordspitzenbande ein kleines Begrüßungsgeschenk hatte. Juk schaute sich sein wettergegerbtes Gesicht mit dem dichten Bart in dem kleinen Metallspiegel an und sagte nur: »Huch.« Aber er freute sich und begann bald, sich den Winter aus den Haaren zu kämmen.
Sogar die Wachtposten der Sentani drehten sich neugierig um, als Winnt und Ursa über das Vorfeld zu den Mauern von Nordwall zurückkehrten und sie durch die kleine Tür in der Mitte trat. »Wohin wird das wohl führen, Mokil?« fragte Chogtan. »Es wird ungewohnt sein, mit so einer Frau in den Booten nach Süden zu paddeln.«
»Sie wird dich deiner eigenen Frau entgegentrei-ben, Chog.«
»Ja, das wird sie, bei Atou!«
Nachdem der Feuerrauch in der Morgendämmerung hochgestiegen war und sich mit dem Flußdunst ver-mischt hatte, und nachdem die neunundvierzig er-wählten Männer sich geschrubbt und angezogen hatten, so gut es unter diesen Umständen eben ging, versammelten sie sich in der Nähe des Mitteilungssteins,
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