Pelbar 2 Die Enden des Kreises
dämmerte, hinter sich hörte er schwach einen neuen Gesang: »Uhm, zym, nachtanali, nu ga hym«, immer und immer wieder.
Wie die Fährtensucher ihm folgen konnten, wußte er nicht. Endlich kam er an einen nach Norden fließenden Bach, sprang hinein und ließ sich schwimmend und treibend von der Strömung bachabwärts tragen, manchmal durch Stromschnellen, bis zum zweiten Morgenquadranten. Er hörte keinen Gesang mehr, al-so zog er sich zwischen überhängenden Weiden ans Ufer und ging vom Wasser weg, um seine Sachen zu trocknen. Alles war durchnäßt. Sein restliches Trok-kenfleisch war aufgequollen und roch faulig. Er vergrub es, trocknete sein Messer und sein Kurzschwert im Gras ab und hängte seine zerlumpten Kleider und seinen jetzt aufgerissenen Schlafsack auf. Glückli-cherweise war seine Flöte noch heil, wenn auch verzogen. Sein Kurzbogen schien unbeschädigt, aber die Sehne mußte getrocknet werden. Alle Pfeile bogen sich.
Schließlich hörte er den Gesang »Uhm, zym, nachtanali, nu ga hym« näher kommen, und als er sich ins Gras duckte, sah er dieselben jungen Männer, nackt bis zur Taille, auf einem langen Balken bachabwärts paddeln und staken, sie glitten rhythmisch mit der Strömung an ihm vorbei, sahen aus, als ob sie keinen Verstand hätten oder schliefen und blickten nach vorne. Der Anführer hatte seinen Kopfputz auf, aber man sah, daß er im Fluß gewesen war.
Jeder der anderen hatte eine rote Linie auf seinen geschorenen Kopf gemalt, die von vorne nach hinten über den Schädel lief. Die Farbe floß auseinander. Als sie um die nächste Biegung verschwanden, atmete Stel erleichtert auf. Er würde warten, bis alles getrocknet war. Wenn sie ihren Fehler entdeckten, mußten sie erst ein großes Stück Flußufer nach ihm absuchen. Er hatte Zeit.
Das glaubte er jedenfalls damals. In den folgenden Tagen entschlüpfte Stel seinen Verfolgern wiederholt, nur um sie wieder auftauchen zu sehen, sogar, als er sich nach Westen in die Berge vorarbeitete. Es war ihm ein Rätsel, wie sie ihn immer wieder aufspürten; sie kündigten ihr Kommen immer mit ihrem narkoti-schen Singsang an. Stel entdeckte, daß er ihn in sich aufnahm und sogar, wie sie auch, im Takt dazu marschierte. Als er das merkte, verdrängte er den Singsang gewaltsam aus seinen Gedanken. Aber er kam wieder, und die Verfolger auch.
Allmählich wurde Stel auch sehr hungrig, denn er fühlte sich zu sehr verfolgt, um viel für Proviant zu sorgen. Das Gelände war hier fremdartig, mit vielen, zerzausten Kiefern, die weit auseinander standen. Es gab nur wenige Kaninchen, also schoß er kleine, höhlenbewohnende Nagetiere mit seinem Kurzbogen und versuchte sie aufzuspießen, ehe sie in ihre zu-sammengedrängten Löcher hinabtauchen konnten. Er säuberte sie im Gehen, vergrub alles, was er nicht tragen konnte, machte schließlich ein Feuer und briet mehrere auf einmal, als der Wind in seine Richtung blies, dann stopfte er sich voll. Mit der Zeit wurde er müde und fühlte sich geschwächt, aber sobald er stehenblieb, um sich auszuruhen, hörte er kurz darauf schon wieder in der Ferne den Gesang: »Uhm, zym, nachtanali, nu ga hym.«
Er dachte daran, sich zu wehren. Aus einem Versteck heraus mußte es doch möglich sein, einen oder zwei von ihnen zu erschießen und dann zu fliehen.
Aber sie waren in keiner Weise gewalttätig geworden. Außer Stricken hatten sie nichts dabei. Er wußte eigentlich nicht, was sie wirklich wollten, sondern verspürte nur Verwirrung.
Als er schließlich hoch oben auf einem Felsvorsprung rastete und glaubte, er hätte sie endlich abgeschüttelt, sah er sie weiter unten einen Wildwechsel entlangkommen. Sie verpaßten die Stelle, an der er den Pfad verlassen hatte, und sprangen über Felsen, wo er sich den steilen Hügel hinaufgewandt hatte.
Mehr als hundert Armlängen liefen sie weiter, dann blieben sie verdutzt stehen. Sie waren direkt unter ihm. Spontan hebelte Stel einen großen Felsbrocken los, mit viel mehr Anstrengung, als er erwartet hatte, stemmte sich dagegen, brachte ihn schließlich aus dem Gleichgewicht, wandte noch mehr Kraft auf und gab ihm einen Stoß, so daß er hüpfend hinunterrollte und andere Steine mitriß, bis es zu einer Lawine wurde. Die Männer blickten auf, standen sonderbar reglos, bis der Anführer einen Schrei ausstieß, dann rannten sie durch die schmale Schlucht, verfolgt von Steinen, die schließlich direkt zwischen ihnen herum-sprangen.
Stel sah von einem Spalt in den Felsen aus zu. Ein
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