Pelbar 2 Die Enden des Kreises
Irdische übersteigt, deren Gerechtigkeit und Vollkommenheit man nur in den reinsten Augenblik-ken flüchtig erschauen kann, wenn ihre absolute Ma-kellosigkeit wie hundert Sterne in einer klaren Nacht erglänzt. Er war selbst gerührt von dem Gedanken an diese Transzendenz und von seiner Erinnerung an die große Kapelle in Pelbarigan mit ihrer hohen Dek-ke, ihren Galerien und ihrem Chor, der an Winter-abenden sang, wenn der Atem der Sänger dampfend ins Licht der Lampen hinaufstieg. In diesem Winter würde Ahroe dabei sein, dachte er. Sie würde den Kopf zur Musik neigen, vielleicht trauriger, als sie letztes Jahr gewesen war, als sie zu ihm, der bei den Flötisten stand, herüberschauen konnte, mit blitzen-dem Lächeln, weil sie an ihr Zusammensein nach der Musik dachte.
Ehe er es merkte, hatte er schon einige Zeit nicht mehr gespielt, und die Halle war beinahe verlassen.
Nur drei von den Alten blieben am Feuer sitzen und starrten in die Flammen. Fitzhugh hatte wieder angefangen, Fasern zu schlagen und ließ sich von Taglio helfen, er oder sie schlug mechanisch auf die Strähnen zäher Fasern ein, die über das Holzscheit mit der weichen Oberfläche gespannt waren.
Auf dem Weg nach draußen sagte Stel: »Fitz, aus irgendeinem Grund wird das Holz, das ich für den Winter gesammelt habe, weniger. Nicht gravierend, aber merklich.«
»Ja, ich weiß.«
»Du weißt es? Ich dachte, es sei ein Vorrat.«
»Das ist es auch. McCarty hat es irgendwohin geschafft. Immer ein bißchen auf einmal.«
»Was willst du tun?«
»Ich habe keine Zeit, sie zu beobachten. Es ist auch ihr Holz. Wir werden es finden.«
»Nun, dann gute Nacht.«
»Gute Nacht, Stel. Deine Musik hat zu viele Erinne-rungen heraufbeschworen. Sie ist anders als die, die wir hatten, aber die Wirkung ist die gleiche. Sie tut im Herzen weh. Du mußt große Traurigkeit erfahren haben. Warum hast du dein Volk verlassen?«
»Vielleicht erzähle ich es dir eines Tages. Gute Nacht.«
Stel verließ hastig das Terminal und marschierte zwischen den Reihen trocknender Bohnen über das Feld. Er hatte sich fünf Schlafplätze gesucht und wählte jede Nacht einen anderen. Warum, das wußte er nicht. Er hatte eine unbestimmte Vorahnung. In aller Heimlichkeit, wie es für die Pelbar vor dem gro-
ßen Frieden typisch gewesen war, hatte er jeden Tag seine Sachen versteckt. Heute ging er zum Hügel hinter dem Haus von Ozar, um sie zu holen, und als er sie an sich nahm, sah er wieder das winzige Licht aus dem sonderbaren Gebäude, unbestimmt und flackernd, auf der dem Terminal abgewandten Seite.
Als er näher kam, stellte er fest, daß ein jetzt größ-
tenteils verfaulter Holzklotz weggerollt worden war und das Licht von innen kam. Als Stel sich in die Öffnung beugte, sah er eine schattenhafte Gestalt neben der großen Masse Ozars gebückt stehen und Holz am Fuß eines großen Holzpfeilers aufschichten.
Er schlüpfte hinein, schlich sich auf die andere Seite der Konstruktion und sah dort weitere kleine Stapel um die Pfeiler.
McCarty ging fort. Stel regte sich nicht. Sie kroch durch das kleine Loch, schob dann den Klotz zurück und tauchte Stel damit in völlige Dunkelheit. Er tastete sich um den großen, gewölbten, kühlen Rumpf von Ozar, suchte die Wand ab und drückte gegen die Klötze, bis er den richtigen gefunden hatte. Er schob ihn sanft beiseite und wand sich durch das Loch. Er sah McCarty im Mondschein zum Terminal zurückgehen, ihre magere Gestalt ragte zwischen den Boh-nenreihen hoch auf.
Stel sah ihr nach, bis der Mond über drei Kiefern-wipfel hinweggewandert war, dann nahm er seine kleine Lampe aus seinen Sachen, kroch wieder durch das Loch und zog den Klotz hinter sich zu. Er zündete die Lampe an und ging die gewölbte Seite Ozars entlang. Ja, da stand der Name, schwach braun, ab-geblättert und verblassend. Von einer Seite von Ozars Rumpf war ein schmales, flaches Teil abgerissen und lehnte schräg am Hügel. Stel setzte sich darauf. Ozar war riesig und bestand aus einem weißlichen Metall, aus Platten, die mit Hunderten von kleinen, an der Oberfläche abgeschliffenen Nägeln aneinander befestigt waren. Fenster in einer hoch oben liegenden Reihe traten in den Schatten zurück, und Stel rutschte über die flache Konstruktion und wieder auf das ge-zackte Ende von Ozar, oberhalb des R. Verbogenes Metall und Drähte ragten daraus hervor wie Weinre-ben. Er kletterte vorsichtig hinauf und kam in eine lange Halle mit Sitzen auf beiden Seiten, von denen
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