Pelbar 2 Die Enden des Kreises
und ihr Linderung zu verschaffen, aber die ganze Seite ihres Gesichts war geschwollen.
»Pell hatte recht. Männer sind ohne Kontrolle nicht zum Zusammenleben geeignet.«
»Nun beruhige dich erst einmal! Leg dich hin! Ich bringe dir Garet, wenn er aufwacht.«
»Du bist nicht meiner Meinung. Schau doch, was er getan hat!«
»Aber du hast gesagt, du hast dein Schwert gezogen.«
»Er brauchte doch nicht seine riesige, männliche Überlegenheit zu beweisen. Er hätte doch nur zu gehen brauchen.«
»Eigentlich hast du ihn doch aufgefordert, sich zu beweisen, oder nicht?«
»Ich wollte nur, daß er mich in Ruhe läßt. Ich bin verheiratet. Es gehört sich nicht, mir noch einmal einen Heiratsantrag zu machen. Außerdem liebe ich meinen Mann.«
»Wirklich? Lebt er denn noch? Ich möchte dir nicht dreinreden, Ahroe, aber ich glaube, du solltest zuhö-
ren. Weißt du, wir führen ein wildes Leben. Das Kämpfen hilft uns, es durchzustehen. Du hast gesehen, wie Quen von der Jagd heimkam. Das ist auch eine Art von Kampf – um der anderen willen. Er kann nicht einfach aufhören zu sein, wie er ist, als ob man Wasser auf ein Feuer gießt. Er hat sich darauf vorbereitet, seit er ein kleiner Junge war. Er ...«
»Aber ich habe doch nicht ...«
»Du hast dein Schwert gezogen, Ahroe. Das ist eine Drohung. Zu Quens ganzem Leben gehört es, mit Drohungen aufgrund seiner körperlichen Geschicklichkeit fertigzuwerden. Kannst du ein Haus mit kleinen Zweigen aufrechthalten? Nein. Du nimmst Balken, und zwar die stärksten, die deine Pferde ziehen können.«
»Schau doch, was er mir angetan hat, und du ...«
»Nimm deine Verantwortung auf dich! Ahroe, sei mir nicht böse, aber ich bin froh, daß das geschehen ist. Nein, nein, steh nicht auf! Ich wünschte, er wäre schonender mit dir umgegangen. Hagen hat uns er-zählt, was mit Assek passiert ist. Du bist gut mit ihm fertiggeworden. Aber ich bin froh, daß du jetzt gesehen hast, daß das nicht immer so funktioniert. Weil der Schößling einem Dachs widerstanden hat, wird er deshalb auch noch stehenbleiben, wenn sich ein Stier gegen ihn lehnt? Schau! Männer sind im allgemeinen stärker als wir. Das mag dir nicht gefallen, aber es ist eben so. Wenn du weißt, daß der Stein vom Feuer heiß ist, dann heb ihn nicht auf. Nimm eine Zange.
Und in diesem Fall ist die Zange ein klein wenig Di-plomatie.«
»Er wollte nur beweisen, daß er ein Mann und deshalb überlegen ist.«
»Wenn du ein Mann gewesen wärst, hätte er dich härter angefaßt. Schau! Was hat deine Familie deinem Mann angetan? Ist er aus freien Stücken weggelau-fen? Oder vielmehr deshalb, weil er seinen Platz als Mann nicht akzeptieren wollte. Ist das in gewissem Sinne nicht das gleiche? Außerdem irrst du dich in bezug auf die meisten Männer. Schau! Ich weiß, daß du Assek begegnet bist, aber für jeden Assek gibt es tausend andere. Selbst wenn Ral hier zu mir sagt ›Tu dies‹ oder ›Tu jenes‹ und von mir erwartet, daß ich gehorche, möchte er, daß ich glücklich bin. Wenn ich nicht glücklich bin, ist er es auch nicht, und das weiß er sofort. Die meisten Männer sind so. Quen ist wü-
tend, weil du ein Baby hast und keinen Vater dafür.
Er ...«
»Das geht ihn nichts an. Wie könnte ich ...«
»Er ist in dich verliebt, Ahroe. Oder war es. Sagt die Sonne den sich öffnenden Blättern, sie sollen sich schließen, weil das Licht sie nichts angeht?«
»Das ist doch etwas anderes.«
»Bei den Männern nicht – jedenfalls bei den meisten. Manche sind böse und gewalttätig. Quen hat dich furchtbar hart angefaßt, aber nur, als du in sein Gebiet eingedrungen bist.«
»Sein Gebiet?«
»Das Kämpfen. Er kann es sehr gut. Viele Männer können es. Stel konnte es offenbar nie.«
Ahroe versuchte zu lachen, aber das Gesicht tat ihr weh dabei. »Stel? Nein, ich habe ihn nie kämpfen sehen. Er nahm nur selten am Gardetraining teil. Nicht mehr als alle anderen. Er ...«
»War er stark?«
»Ja. Das ist er. Manchmal macht er Steinmetzarbeiten. Er konnte immer viel heben. Aber in einem Kampf hätte ich ihn leicht schlagen können, wenn er ...«
»War er klug genug, es nicht zu versuchen?« Ahroe sagte nichts, teils, weil sie Schmerzen hatte, teils, weil sie an Stel dachte. Hilflos war er sicher nicht. Es kam ihr nie in den Sinn, gegen ihn zu kämpfen. Sie waren von Kindheit an instinktiv Freunde gewesen, seit damals, als er ihr ein Übungsboot geschenkt hatte, das er im Tischlerunterricht gemacht hatte. Er war
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