Pelbar 2 Die Enden des Kreises
ein wenig ausruhen.«
Hagen tat es, dann trat er nach draußen, wo Bara Tücher im heißen Wasser schwenkte. Sie sahen sich an. Hagen zuckte die Achseln und sagte: »Ich glaube, ich gehe ein wenig den Hügel hinauf.«
»Bring Holz mit, wenn du wiederkommst!«
Hagen drehte sich um. »Holz soll ich mitbringen?
Holz?«
»Ja, bring Holz mit!«
»Gut«, sagte er und machte sich, ohne zurückzuschauen, auf den Weg. »Ich werde Holz mitbringen.«
Bara sah dem alten Mann nach, wie er steif fortging, lachte vor sich hin und schüttelte den Kopf.
Im Haus sah Ahroe, als sie Garet anschaute, tatsächlich Stels Kinn und auch seine Stirn und seine Backenknochen. Ein paar Augenblicke lang ärgerte sie sich darüber. Was hatte er getan, um diese Aner-kennung zu verdienen? Gerade jetzt war er so weit weg, daß ihr gemeinsames Leben wie ein Traum ent-schwebte, eine Übergangszeit in der Fremde, und doch war auch dieses sechseckige Haus so weit weg von allem, woran sie gewöhnt war. Warum war sie so weit gegangen? Wenn Stel noch lebte, wo war er in dieser Weite? Vielleicht bleichten seine Knochen irgendwo auf der Prärie, weil er in der Winterkälte gestorben war. Sie würde mit dem Kind nach Pelbarigan zurückkehren. Nein, das würde sie nicht tun!
Man konnte auch hier draußen leben. Sie würde weiter nach Westen ziehen, aber noch nicht jetzt, nicht, solange Garet noch so klein war. Sie würden den Winter über hierbleiben und dann wieder langsam weiterziehen.
Hagen hatte gegen das langsame Tempo wohl nichts einzuwenden. Er schien ihr der freieste Mensch, den sie je kennengelernt hatte, völlig unge-bunden, aber sie wußte, daß er bei ihr bleiben würde, solange sie das wollte. Er schien das zu akzeptieren.
Es war, als wäre es ein Knabenabenteuer in einer Welt von Knaben. Sie hatte den Elan der Knaben bei den Pelbar nie richtig kennengelernt, denn dort wurden sie früh streng diszipliniert und ihr Wille gebrochen, bis sie fügsam waren. Bei den Shumai waren sie Schelme. Sie brauchten Disziplin. Nun, sie würde da-für sorgen, daß Garet sie zu spüren bekam, obwohl sie von solchen Dingen nicht viel verstand. Die Kinder der Pelbar wurden soweit wie möglich von Männern versorgt. Der Gedanke, sich um Garet kümmern zu müssen, ihn zu waschen, seine Kleidung zu reinigen, störte Ahroe ein wenig. Diese Dinge waren einer Frau unwürdig. Aber die Shumaifrauen taten sie ganz selbstverständlich.
Wo paßte sie in dieses Bild hinein? Natürlich war das Leben eines Gardisten oft endlose Routine mit endlosen Wachen, obwohl das strenge Training, die harten Waffenübungen und das ausgeprägte Können dem Ganzen einen Reiz verliehen, den sie genoß.
Aber jetzt mußte sie das Gardetraining hinter sich lassen. Sie war eine Mutter mit einem ganz winzigen Kind und konnte sich nur an Shumaifrauen wenden.
Sie würde Mutter sein müssen, so ungeduldig sie das auch machte.
Der Winter auf den Ebenen verging langsam und eintönig. Ahroe half Bara bei all der Arbeit, an die die Shumaifrauen gewöhnt waren, und fand, daß es eine unerträgliche Plackerei war. Ständig schien es etwas zu schrubben, einzuweichen, zu kochen, zu flicken, aufzuräumen, zu wärmen, zu servieren oder zu holen zu geben. Ihre Hände waren dauernd schmutzig oder fettig oder wund. Wenn sie nur gewußt hätte, wie die Pelbar Seife machten. Stel wüßte es. Gelegentlich gelangte die Seife der Pelbar beim Handel auch soweit nach Westen, aber sie hatten das Geheimnis ihrer Herstellung in kriegerischen Zeiten gehütet, weil sie Dinge zum Tauschen brauchten, die die Außenstäm-me nötig hatten.
Die Emeri machten Seife aus einem Kraut. Aber Ba-ra, die nicht daran gewöhnt war, scheuerte mit Sand und Binsen. Sie hatte ihr ganzes Leben lang mit Schmutz gelebt und mit Kälte und Entbehrungen und nahm sie nur selten wahr.
Garet nahm ebenfalls Zeit in Anspruch. Ahroe mußte auch die Kinderpflege erst von Bara lernen und fügte eigene Verfeinerungen für seine Bequem-lichkeit und Sauberkeit hinzu. Sie stillte ihn im Haus, und die Shumai kamen und gingen, ohne Notiz davon zu nehmen, wie es bei ihnen üblich war, aber sie wurde vor Verlegenheit immer ein wenig rot, besonders, wenn Quen, ein Vetter von Bara kam, der in ihrem Alter war. Er war groß und schlaksig, ein Jäger, unverheiratet. Auch er war freundlich und sanft, aber Ahroe spürte bald, daß er ein lebhaftes Interesse für sie entwickelt hatte.
Er war jedoch viel auf Winterjagden unterwegs, und so folgten auf seine
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