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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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während er gerade aus Langeweile seine Trommelstöcke im schwachen Licht mit feinen Schnitzereien verzierte, wobei er fast nur nach Gefühl arbeitete, hörte er ein Geräusch am Fenster. Der Sack wurde hereingeschoben, ihm folgte ein großer, pelziger, mit Klauen besetzter Arm. Es war das Tier aus den Bergen. Es hielt sich fest und grapschte nach Halt, als die Schneewehe draußen unter ihm nachgab. Schließlich rutschte die Pranke wieder nach draußen.
    Stel schrie nach Scule, schrie immer wieder, bis der alte Pelbar endlich an das Loch an der Decke kam.
    »Was ist los?«
    »Es war da. Das Tier aus den Bergen. Es war am Fenster.«
    Scule verschwand und blieb lange fort. Dann kehrte er zurück. »Ich sah es durch die Bäume gehen.
    Du hast also die Wahrheit gesagt.«
    »Ja. Ausnahmsweise bin ich einmal froh, daß die Mauern so stark sind.«
    »Es wollte dich holen. Was hast du getan, daß das Teufelstier dich holen will?«
    »Es ist nur ein Tier, groß und hungrig. Es hat wohl gerochen, was du kochst.«
    »Ich glaube, es wollte dich.«
    »Bist du da oben sicher? Hast du Fenster, durch die das Tier eindringen kann?«
    »Sie liegen zu hoch, selbst bei diesen Verwehun-gen.«
    »Kannst du sie verriegeln?«
    »Warum machst du dir deshalb Sorgen?«
    »Wenn du stirbst, sterbe ich auch.«
    »Vergiß das nur nicht.«
    »Ich vergesse es nie. Du bist mein Kerkermeister und mein Spötter, mein Koch und mein Schloß, mein Beobachter und mein Vernichter, meine Mutter und mein Henker.«
    »Genug. Nach so vielen Jahren des Schweigens wird mir dein Geschwätz zuviel.«
    Obwohl der Vorfall damit beendet war, machte Stel sich weiterhin Sorgen. Der große Arm des Tieres war das sichtbarste lebende Wesen, das Stel in jetzt fast vier Monaten zu sehen bekommen hatte. Scule blieb über seinem Loch undeutlich. Stel achtete darauf, daß er jeden Tag seine Übungen machte, besonders, nachdem er gemerkt hatte, daß er seinen Langbogen nicht mehr spannen konnte.
    Winter und Eintönigkeit hielten an. Scule gab Stel weiterhin recht gut zu essen. Er bekam täglich seine Flötenstunde durch das Loch, obwohl er nur wenig Begabung für das Instrument zeigte. Seine alten Finger würden nie sehr gelenkig sein. Aber Stel konnte manchmal hören, wie er oben übte, sich durch langsame, gemessene Lieder arbeitete. Die beiden schienen allmählich zu einer sonderbaren Hausgemein-schaft zusammenzuwachsen, Kerkermeister und Gefangener, wie in manchen Ehen, dachte Stel ein wenig bitter.
    Die Krise kam plötzlich. Ein Sturm von noch grö-
    ßerer Heftigkeit als gewöhnlich wehte draußen Schnee an. Stel hatte seine Übungen gemacht, seine Zelle gesäubert, gebetet, seine Hymnen gespielt und gegessen. Irgendwie war er unruhig. Etwas war nicht in Ordnung. Er wußte nicht genau, warum, aber er spannte seinen Langbogen, den er jetzt wieder ziehen konnte. Von oben hörte er, wie die Lederfenster in Scules Zimmer plötzlich zerrissen wurden. Der alte Mann schrie. Die Holzrahmen knackten und splitter-ten. Auf einmal wehten Schnee und Rauch durch das Loch in der Decke herunter. Stel legte einen Pfeil auf.
    Ein tiefes Knurren sagte ihm, daß das Tier sich Zugang zum Raum über ihm erzwang. Es mußte den Alten in der Falle haben, den Entsetzensschreien nach zu urteilen. Ein Geräusch von zerreißenden Rahmen verriet Stel, daß das Tier sich in den Raum gezwängt haben mußte und ihn in einem Sprung durchquerte.
    Stel sah einen großen Fuß im Deckenloch erscheinen.
    Sofort zog er, schoß und durchbohrte den Fuß, ehe das Tier ihn wieder hinaufziehen konnte. Er hörte ein Brüllen und ein Kreischen, als es an dem starken Pfeil zerrte. Der Fuß füllte das Loch, das Tier fand keinen Halt, um den Schaft abzubrechen.
    Stel sah, daß dem Tier gelingen würde, wonach er so lange gestrebt hatte. Es riß die Schlüsselsteine heraus. Im schwachen Licht jagte Stel noch einen Pfeil durch den Fuß, zog sein Kurzschwert und stellte sich mit dem Rücken an die Mauer, als das Tier seinen Fuß freibekam und die Steine herausriß. Als das ganze Ende des Zimmers herunterkrachte, stürzte das Tier brüllend mit in das dunkle Loch herunter.
    In einem einzigen Augenblick kletterte Stel über Tier und Steine, er gab dem Tier einen Hieb über den Schädel, dann warf er das Schwert hinauf in den oberen Raum, sprang hinterher, faßte den Rand des Fuß-
    bodens, zog sich hinauf, drehte sich um und schob lo-se Randsteine hinab auf das Tier, das brüllend und ächzend die Steine unter ihm aufwühlte.

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