Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
der Zeit des Feuers, und als er das spürte, fühlte er sich einsamer denn je. Aber er spürte auch die Härte und Kraft von Tors Loyalität – und sein eigenes, unerklärliches Hin-gezogensein zu Celeste. Raran rückte näher an ihn heran. Endlich schlief er ein, sank in den Schlaf wie in einen tiefen Teich, tiefer und immer tiefer, als wäre es für immer. Dann spürte er, wie eine Hand in den Brunnen seines Schlummers heruntergriff und ihn sanft herauszog.
Es war Stantu. »Ich habe dir etwas zum Frühstück gerichtet«, sagte er und gab Tristal einen Beutel. »Iß es, nachdem du den Fluß überquert hast. Geh zuerst flußaufwärts. Dort findest du einen Pfad, der zum Ufer führt. Achte auf drei Pappeln. An einer davon ist ein Boot festgebunden. Das nimmst du. Wir werden es später zurückbringen. Zieh es am Westufer hoch und binde es an einen der Silberahorne in der Nähe des Steinkais. Und jetzt leb wohl.«
Tristal setzte sich auf, noch schlaftrunken, aber er schüttelte die Müdigkeit ab. Als er stand, umarmte ihn Stantu, und Tristal spürte, welche Kraft er noch in seinem Rücken und seinen Schultern hatte.
»Leb wohl, Stantu«, sagte er. »Sag auch den anderen Lebwohl. Sertine möge euch alle segnen.« Er erwiderte Stantus Umarmung, dann drehte er sich um und verließ das Haus. Raran folgte ihm dicht auf den Fersen. Er spürte den Schock der kühlen Nachtluft und wurde plötzlich hellwach. Im Osten kam der erste Lichtschimmer herauf. Tristal fiel in einen leisen Trab, den er beibehielt, bis er den Pfad zum Ufer fand.
Dann war er auf dem Fluß und beobachtete über Rarans aufgestellte Ohren hinweg das Westufer, bis er sich wirklich wieder alleine und wachsam fühlte, als strahle der Gedankenkreis von den Bergen oberhalb Nordwalls nach außen, und er habe ihn soeben erst durchbrochen. Es war wie ein Traum. Waren Tag und Stantu wirklich? Was hatte er in der Nacht ge-hört? Wollte Tag tatsächlich ihren eigenen Schmerz mit einem Jungen wie ihm lindern? Was würde sie damit doch für einen Fehler machen. Tristal band die Bootsleine fest und trabte nach Westen, einen deutlich erkennbaren Pfad entlang, der von den Shumai-farmen aus flußaufwärts führte. Aus einigen der Häuser drang Licht. Tristal trieb seine schläfrigen Beine an, um die Häuser hinter sich zu haben, wenn die Dämmerung schließlich anbrach.
SIEBEN
Eolyn war wieder beunruhigt. Sie hatte sich die ›The New Yorker‹-Bänder angesehen. Diese schlanken Gestalten aus uralter Zeit mit hochmütig geschürztem Mund glichen ihr deutlich. Sie hatte sogar ihr Haar ausgeschüttelt, es neu frisiert und mit den schönsten, blaßgelben Laborklips aus Polyäthylen festgesteckt, doch Dexter bemerkte es noch immer nicht. Aber auch von Ruthan schien er sich fernzuhalten. Das war neu. Ruthan verhielt sich ihrerseits gelassen wie immer und war anscheinend völlig fasziniert von neuen, genetischen Studien, die sie an ihren Bohnen und Tomaten durchführte, für Eolyns wachgewordenes Auge schien sie jedoch auch einen Schein ruhiger Be-friedigung auszustrahlen. Das allein war schon ein Anhaltspunkt. Da tat sich etwas. Eolyn beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen.
Spät in diesem Zeitzyklus bereitete sie einen winzigen, elektronischen Spürsender für die beiden vor, so klein wie der Halbmond auf ihrem Zeigefingernagel, und als sie beieinanderstanden und plauderten, ehe sie sich setzten, um eine Prinzipalsbesprechung abzuhalten, gelang es ihr, die Sender an ihnen zu befe-stigen. Die winzigen, flachen, selbstklebenden Knöpfe waren so eingestellt, daß sie nur sendeten, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe zueinander befanden.
Dann rief Royal die Versammlung zur Ordnung, um über den Zustand Buttos und der Komps zu sprechen. Der gestörte Prinzipal hatte sich jetzt von seiner drogenbedingten Geistesverwirrung erholt und wirkte ruhig und vernünftig. Im Augenblick hielt man ihn jedoch in Gewahrsam. Auch die Komps wurden teilweise ruhiggestellt, waren aber ansonsten anscheinend drogenfrei. Die einzige Ausnahme war Bill, für den sich erst Cohen-Davies, dann Dexter eingesetzt hatten. Als Folge davon machte man ihn zum offiziellen Prinzipal, als Ersatz für den toten Zeller.
Ob es funktionieren würde, wenn er seine früheren Kameraden befehligen sollte, mußte man erst sehen.
Royal eröffnete die Besprechung mit seinem eigenen Bericht über Butto. »Meine Untersuchungen und Tests haben in bezug auf Butto mehrere Dinge bestä-
tigt«, sagte er. »Die
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