Pelbar 4 Der Fall der Muschel
führe eine Straße zu ihm. Er beschrieb sie als groß und kurzhaarig mit langen, herabhängenden Ohren, im allgemeinen wohlerzogen, aber sehr scharf, wenn sie von ihren Führern aufge-hetzt wurden.
Der Pelbarjunge zog ungefähr acht Ayas westlich des Flusses nach Süden, soweit er das feststellen konnte. Er hatte keine Waffe bis auf sein Klappmesser und einen Holzspeer mit einer im Feuer gehärteten Spitze. Mehrmals überquerte er uralte Straßen aus künstlichem grauen Stein – Beton, wie die Leute von Pelbarigan inzwischen dazu sagten.
Der Winter wurde milder. Schon zogen die ersten Entenschwärme nach Norden. Ein nicht der Jahres-zeit entsprechendes Tauwetter brachte Schlamm und Unbehagen mit sich, da Gamwyn keine Möglichkeit hatte, seine Füße trocken zu halten. Dann machte neuer Schneefall alles noch schlimmer. Gamwyn ging weiter und überlegte, wann er wohl wieder nach Osten zum Fluß abbiegen könne. Plötzlich, als er den höchsten Punkt einer Anhöhe erreichte, sah er ihn, keinen halben Ayas weit im Osten. Ohne es zu merken, hatte er sich auf den Fluß zubewegt.
Erschrocken schwenkte er wieder nach Westen, pflügte mit klatschnassen Füßen durch den frischen, nassen Schnee. Zum Essen hielt er sich jetzt an die kleinen, zähen Wurzeln der Wildkarotte, die er an ihrem trockenen Kraut erkannte.
Endlich lagerte er, stellte Kaninchenfallen auf und fiel schließlich vor Kälte zitternd in Schlaf, als er früh am Morgen erwachte, sah er die Gestalten eines Mannes und eines Hundes vor sich stehen.
Der Hund knurrte leise, tief in der Kehle, und Gamwyn fuhr erschrocken zurück, aber der Mann riß das Tier am Halsband, und es setzte sich. Der Mann war ein Nicfad. Er stieß Gamwyn mit einem langen Stock mit Eisenspitze an.
»Auf! Auf, du!« sagte er.
Gamwyn stand auf, immer noch frierend. »Was?
Wer bist du?«
»Du, komm mit!« sagte der Mann, legte Gamwyn eine schwarze, geflochtene Lederschlinge über den Kopf und riß daran. Gamwyn stürzte, und der Mann zerrte ihn hoch. »Komm!«
Gamwyn gehorchte betäubt und ging zutiefst verzweifelt durch die schneebedeckte Prärie. Von vorne näherten sich ihnen fünf schwarzgekleidete Männer mit drei weiteren Hunden. Als sie sich trafen, pla-zierten die Männer die Hunde rings um den Jungen und traten beiseite, um sich zu besprechen.
Endlich kam einer von ihnen, größer als die übrigen, mit einem weißen Federbusch auf dem Hut her-
über und stellte sich vor Gamwyn auf. »Du bist der Junge von der Sentani-Flußstation. Er hat dich gesehen.« Er zuckte leicht mit dem Kopf. »Peshtak, wie?
Zum Spionieren gekommen?« Dann stieß der Mann ein langes, böses Lachen aus. »Gut. Dann kommst du und bleibst hier.« Seine Stimme klang träge und be-legt. Gamwyn konnte kaum verstehen, was er sagte.
»Ich bin kein Peshtak, und ich habe nichts getan.
Laß mich gehen!«
Der Mann starrte ihn an, riß dann das Ende des Lederriemens hoch, so daß Gamwyn stürzte, und zerrte ihn ungefähr fünfzig Schritte weit durch den Schnee, schließlich ließ er den Riemen fallen und beugte sich über den Jungen, der nach Atem rang.
»Wir reden. Du hörst zu. Du kommst mit!«
Der Trupp schlug ein scharfes Tempo an. Gamwyn hatte Mühe, mitzuhalten. Bald sah er den Fluß wieder und begriff, daß sie der Siedlung U-Bend sehr nahe waren. Er war fast direkt hineingelaufen, denn der Fluß hatte eine Biegung nach Westen gemacht.
Von dem Hügel, den sie hinuntergingen, konnte er sehen, daß der Fluß wirklich eine große, U-förmige Schleife nach Westen machte, um eine ziemlich schmale, höhergelegene Landzunge herum, die von einem Palisadenzaun auf Dämmen umgeben war.
Auf der Landzunge sah Gamwyn konzentrische Kreise von Gebäuden, in deren Zentrum sich ein großer, weißer Turm erhob. Dahinter erstreckte sich Ackerland. Ein großer Teil der Flußbiegung lag ebenfalls im Ackerland, und an der Spitze der Schleife, hinter weiteren Palisadenzäunen mit kleinen, hölzernen Wachtürmen standen Reihen von niedrigen, unscheinbaren Gebäuden. Das mußten die Sklavenhäuser sein, dachte Gamwyn, und aller Mut verließ ihn.
Schließlich erreichten sie das Flußufer. Es war jetzt größtenteils eisfrei. Man stieß Gamwyn auf ein Bal-kenfloß, und die Nicfad stakten und ruderten es über den breiten Strom. Der Junge wurde von den Hunden flankiert, die ihn anscheinend gar nicht beachteten.
Als sie endlich das Ostufer unterhalb der Palisade erreichten, nahm der große Mann das Seil wieder zur Hand
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