Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
erfolgreich sein, mehr auf einem Muster des Dienens aufgebaut sein muß, als auf einem des Herrschens. In gewissem Sinne sollten die Peshtak und die Sentani darüber streiten, wer von beiden in der Lage sein müßte, dem anderen das Binhan-Territorium zu überlassen, nicht darüber, wer es behalten sollte. Anders ausgedrückt: Wenn eine Fö-
deration funktionieren soll, muß jede Seite folgen-dermaßen denken: Wenn das Binhan-Territorium den Peshtak gehört, dann gehört es auch mir, denn wir sind eins; wenn es den Sentani gehört, gehört es ebenfalls mir, denn wir sind eins.
Wir verlangen eine neue Dimension des Denkens, in der es Grenzen geben mag, die aber ungehindert überschritten werden dürfen. Es mag verschiedene Regierungen geben, aber jeder Mensch kann in jeden Bezirk übersiedeln. Wenn eine Gruppe von Peshtak sich entschließen sollte, nach Westen zu ziehen und sich am Isso niederzulassen, müßte ihnen das frei stehen, weil sie zur Föderation gehören. Wenn ein Pendler nach Pelbarigan zieht, wird er Bürger dieser Stadt, denn sie befindet sich in der Föderation, auch wenn seine Familienbindungen vielleicht in den westlichen Bergen liegen.
Das müssen wir unter einer Föderation verstehen.
Jeder Stein in der Mauer erkennt jeden anderen an, weil er ein Teil derselben Mauer ist. Keiner sucht einen Vorteil für sich, denn das schwächt das Ganze.
Keiner sucht seine Position zu seinem persönlichen Nutzen auszuschlachten. Ihr mögt sagen, das sei wider die menschliche Natur, aber innerhalb der Gesellschaften, die es schon gibt, vorausgesetzt, sie sind gesund, funktionieren solche Systeme schon sehr gut.
Warum wollen wir unsere Sympathien nicht einfach weiter ausdehnen? Nur mit einer solchen Einstellung werden wir obsiegen, ganz gleich, welches System wir auf dem Papier aufstellen. Es ist möglich. Wir müssen Sperren gegen mögliche Machtausweitungen einbauen, denn wenn wir glauben, zur Gerechtigkeit fähig zu sein, müssen wir auch den Wunsch nach Macht mit Argwohn betrachten und abzuwehren suchen. Er hat Threerivers zu Fall gebracht und würde auch die Föderation zu Fall bringen. Und wenn der Sturz von Threerivers uns hier als Unglück erschien, der Sturz der Föderation wäre ein noch viel größeres Unglück.«
Bival starrte an die Decke. »Ja«, fuhr sie etwas zerstreut fort, »der Verfall einer Familie erscheint denen, die sie verlieren, schlimm genug. Das ist nichts anderes. Solche Strukturen verfallen nur, wenn jemand nach persönlicher Macht strebt – wenn er persönliche Vorteile sucht, anstatt dienen zu wollen. Ich habe diesen Fehler einmal gemacht. Jetzt sehen wir das hier in viel größerem Maßstab – dieses Rangeln um Vorteile.
Sicher wird es in den Beratungen unserer Zentralre-gierung in Zukunft solche Streitigkeiten geben, wenn eine Region Mineralien besitzt und eine andere Nah-rungsmittel, oder wenn die eine Bildungsstätten und Fabrikationseinrichtungen besitzt und eine andere wenig Menschen hat, aber viele Rohstoffe.
Ausschlaggebend ist jedoch der Geist, in dem solche Streitgespräche geführt werden. Es gibt keinen Grund, warum wir diese Einstellungen nicht festset-zen können, genauso wie die Regeln unserer Gemeinschaft, warum sie nicht als Bräuche und Konventio-nen funktionieren sollen. Jeder Stein in der Mauer hat seinen Platz, und ohne ihn ist die Mauer schwächer.«
Bival machte eine Pause und schaute sich um. Die Abgeordneten wirkten teilnahmslos. »Es ist eine Sache der Gleichheit, des Dienens und der Gerechtigkeit«, sagte sie und setzte sich unvermittelt.
»Wir müssen konkret beim Thema bleiben«, sagte Ahroe. Sie war verärgert, weil Bival sie offensichtlich angegriffen hatte, um so mehr, weil sie sah, daß der Angriff, abstrakt gesehen, gerecht schien, so wenig er auch auf die tatsächliche Situation anzuwenden war.
»Wir müssen in unserer Diskussion über bestimmte Gebietsgrenzen vorwärtskommen. Ich halte es für richtig, die Peshtak-Delegation daran zu erinnern, daß wir das Schlußdokument weiterhin unter der Voraussetzung diskutieren müssen, daß es angenommen wird, ob sie sich nun dazu entschließen kann oder nicht. Alle Abgeordneten, alle Gruppen haben das Recht, irgendwann dabeizusein oder nicht, wenn das Dokument ratifiziert oder abgelehnt wird.
Wer weiß? Vielleicht wollen es die Pelbar selbst nicht annehmen.« Sie lächelte ein wenig. »Ich sehe an der Sanduhr, daß wir unsere Sitzungszeit schon überzogen haben. Ich werde die Kartographen
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