Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
auszuruhen und zu essen.
Stel spürte, wie sie ihn beobachteten. Er schliff einfach in aller Ruhe sein Kurzschwert, kaute Trockenfleisch und schlenderte dann hinüber zu einem alten Mann in einem sonderbaren Umhang, der sich mit dem verletzten jungen Mann beschäftigte. Der Junge hatte eine lange Wunde abbekommen, die sich über seinen Arm und an einer Seite hinunterzog. Immer noch sickerte Blut heraus. Er war abgehärmt und bleich. Stel sah, wie der Alte eine Schnur um den Oberarm wickelte und sie durch Drehen anzog. Stel war verlegen, sagte aber schließlich: »Das solltest du nicht tun. Er könnte seinen Arm verlieren.«
Der Mann drehte sich wütend um. »Pelschwein!
Weg mit dir! Fort! Du hast Glück, daß wir dich nicht an einen Baum nageln und verfaulen lassen.«
Stel wich keinen Schritt zurück, sondern musterte den Mann kalt, unbeeindruckt an seinem Trockenfleisch kauend. Er spuckte aus, dann sagte er: »Du solltest seine Seite mit abgekochtem Wasser waschen.
Erspart ihm später viele Schwierigkeiten.« Er blickte auf den Verletzten hinunter und sah Unruhe in dessen Gesicht, seine Augen schnellten von einem Mann zum anderen.
»Packt ihn!« schrie der Alte. Mehrere Männer traten auf Stel zu.
Er wußte nicht, was er tun sollte. Da hob er die rechte Hand und sagte: »Was immer ihr tut, ihr tut es mit einem Blutsverwandten. Dahn und ich haben unser Blut vermischt.«
Er sah, wie zwei der Männer zögerten, derjenige aber, der den Trupp angeführt hatte, auf den Stel im Wald gestoßen war, ging weiter auf ihn zu. Er machte einem zweiten mit dem Kopf ein Zeichen und faßte Stel am Arm. Der zweite Mann nahm den anderen Arm. Sie führten Stel quer über die Lichtung zum Kochfeuer und dann weiter. Mehrere andere folgten.
Der Truppführer drehte ihn um und sah ihn an.
»Hör zu, Schweinsbart! Du kannst ihm keine Beleh-rungen erteilen. Er flickt schon länger verletzte Peshtak zusammen, als du auf der Welt bist. Wegen Dahn, und weil du vielleicht den Tantal ein paar Stiche versetzen könntest, werde ich dir im Augenblick mal noch nichts tun. Aber mach uns keine Schwierigkeiten! Bloß nicht!«
»Auf diese Weise verliert der Junge seinen Arm.
Die Versorgung des ganzen Arms wird abgeschnitten. Sieh zu, ob du ihn davon abbringen kannst, dann soll nur jemand seine Hände auf die Wunde drücken, fest, bis sie zu bluten aufhört. Auf diese Weise bekommt der restliche Arm ausreichend Blut. Und er kümmert sich überhaupt nicht darum, irgend etwas sauberzumachen. Gütige Aven, Mann. Ihr müßt ein paar Leute dafür ausbilden.«
Der Mann schaute Stel prüfend an, sah aber nichts als bescheidene Besorgnis. Er drehte sich wieder um und blickte über das Lager zu dem Grüppchen von Menschen, die sich über den Verletzten beugten.
»Kannst du nichts tun?« fragte Stel. Die Kaumuskeln des Mannes zuckten. »Legt ihn auch flach! Lockert seine Kleider! Gebt ihm Fleisch und Fleischbrühe! Er muß sein Blut zurückbekommen.«
Der Mann schaute seine Gefährten an. Dann sagte er: »Wir machen das auf unsere Art. Halt du dich da raus! Ruhe dich aus, dann bringen wir dich zurück und zeigen dir, wie du in die Stadt kommst. Danach bist du auf dich allein gestellt.«
Stel fuhr sich mit der Hand über die Augen. Auch er schaute über das Lager hin. »Er stirbt vielleicht«, sagte er.
»Was kümmert das dich, du Schweinsbart?« fragte ein anderer Mann.
»Ich habe einen Sohn ungefähr in seinem Alter.
Jungen verdienen das Beste, was wir ihnen geben können. Er hat es ohnehin schwer genug. Aber ich will euch nicht weiter drängen. Entschuldigt. Aber es tut weh. Ich kann es kaum ertragen.«
»Wir können es noch viel weher tun lassen, Schweinsbart.«
»Ich heiße Stel.« Er streckte die Hände gerade nach der Seite aus, die Geste der Pelbar für Resignation.
»Ich überlasse es euch«, sagte er zum Truppführer.
»Kann ich irgendwo schlafen?«
»Wo du willst«, sagte der Truppführer. »Ich heiße Hesit. Ich kannte Dahn flüchtig. Ich bin dir dankbar, daß du sie gerettet hast, aber ich verstehe nicht, warum du sie ins Pelbar-Gebiet geschickt hast – oder warum sie gegangen ist.«
»Sie war recht froh. Sie wollte weg. Hoffentlich geht alles gut. Dort ist sie in Sicherheit. Und auch besser dran. Keine Angst. Irgendwann kommt sie schon wieder nach Hause – und dann hat sie Leute kennengelernt, die Hunderte von Ayas aus dem Westen und Süden gekommen sind.«
»Schlaf da drüben, Pelbar«, sagte Hesit und zeigte auf einen
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