Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
Lagers geweckt.
Stel wälzte sich von seiner Fasermatte und stand auf.
Die anderen gingen schon auf das Feuer in der Mitte zu. Stel folgte ihnen. Eine Peshtak-Patrouille war zu-rückgekehrt, schweißglänzend vom Laufen, und mit ihnen ein dünner, kahlköpfiger Mann in einem formlosen, grauen Hemd. Er sah bleich und müde aus.
»Das ist ein schweineknabbernder Kastrierter. Unsere Plünderer haben einen Kastrierten befreit.«
»Wie meinst du?«
»Er ist ein Peshtak. Ein Gefangener der Tantal. Ja, das tun sie. Sie wissen, daß danach ihr Gefangener bei uns nicht mehr willkommen ist.« Aspar schauderte.
Hesits Gruppe trabte heran. Der Mann hatte einen Becher warmer Brühe in der Hand und schaute Stel an. »Ist er das?« fragte er.
»Ja. Er wird deinen Platz einnehmen.«
Alle lachten, als Stel wild um sich schaute. »Du wirst nur so tun, Stel«, sagte Hesit. »Das heißt, wenn dich die Fettsteiße nicht dabei erwischen. Sonst heißt es, hallo, Piepmatz!« fügte er mit Fistelstimme hinzu, und alle brüllten vor Lachen. Der Kastrierte schaute zu Boden.
Der Truppführer der Peshtak trat vor. »Er war auf den Schiffen. Wir haben ihn vor zwei Nächten bei einem Raubzug vom Strand geholt. Haben ein Schiff verbrannt. Sie haben es gerade aus der Gegend der Ruine Cwilgan hergebracht, wo sie sie bauen. Er heißt Oad.«
»Oad die Kröte«, sagte ein Mann. Die übrigen schüttelten sich vor Lachen.
»Es gab eine Zeit, da hättest du dafür geblutet«, sagte Oad.
»Jetzt hast du für mich geblutet.« Sie lachten wieder.
»Er hat seine Schuld mit kostbaren Steinen bezahlt«, sagte ein anderer Mann.
»Freut mich, dich kennenzulernen, Oad.« Stel trat vor. »Ich heiße Stel Westläufer.« Er streckte die Hän-de zum Shumai-Gruß aus und umfaßte die des verwirrten Mannes leicht. »Hast du mitgeholfen, die Schiffe zu bauen?«
»Nein. Ich arbeitete in der Stadt. Ich habe das neue Schiff nur saubergemacht.«
»Gut. Wenn ich deinen Platz einnehmen soll, mußt du mir eine Menge erzählen. Ich will jemanden treffen, der Suffis heißt.«
»Bist du wirklich ein Pelbar? Ein fischbäuchiger Pelbar? Ich dachte, die machen wieder dreckige Witze. Dann bist du der ...«
»Meine Tochter Raydi. Ist sie dort? In der Stadt?«
»Ich habe Gerüchte über ein irres Pelbar-Mädchen gehört. Gesehen habe ich sie nicht. Wenn du Sufy erreichen kannst – du nennst sie besser Suffis –, kann sie es dir sagen. Sie weiß über alles Bescheid. Aber ich bin müde. Diese Männer haben mich den ganzen Tag durch die Büsche geschleift.«
»Nur, um dich nach Hause zu bringen, Oady, mein Junge.«
»Nach Hause? Was will er dort? Damit ihm die Weiber zwischen die Beine greifen, um sich von dem Unglück persönlich zu überzeugen?« sagte einer der Männer. Wieder lachten alle. Oad wurde unter ihren Witzeleien immer kleiner. Er trank seine Brühe aus und setzte den Becher ab.
»Ich lege mich jetzt schlafen«, sagte er und schlurfte auf eine Mattenhütte zu. Die anderen sahen ihm mit einer Mischung aus Heiterkeit und Mitleid nach.
Für Stel hatte eine Zeit des Wartens begonnen – bis Oad sich erholt hatte. Er spürte eine Hand auf seinem Arm und schaute, als er sich umdrehte, in das grin-sende Gesicht von Hesit.
»Wir fangen mit dem Haar und dem Bart an«, sagte er. Wieder lachten die anderen. Stel setzte sich, und Hesit begann mit einem scharfen Messer an seinem Haar herumzusäbeln, während die Umstehenden vor Vergnügen johlten. Es war eine lange Prozedur, und in ihrem Verlauf fühlte sich Stel immer elender, immer mehr wie ein Krüppel. Endlich zog Aspar ein Messer ab und rasierte Stel sorgfältig Kopf und Bart, er war sehr vorsichtig und zuckte selbst zusammen, wenn er ihn beinahe schnitt.
Das Ergebnis rief weiteres Gejohle und Gelächter der Peshtak hervor. Stel zog alle seine Kleider bis auf seine Leibbinde aus und schüttelte die Haare heraus.
»Ich sehe ein Problem«, sagte Hesit.
»Problem?«
»Schultern. Kräftige Arme. Brustkorb. Wo hast du das her?«
»Ach, von der Arbeit. Ich werde mich klein machen.«
Aber als Oad endlich erwachte, es war schon fast dunkel, glaubte auch er, daß es ein Problem sei.
»Dein Rücken«, sagte er. »Er ist wie ein Pfeil. Laß die Schultern hängen! Richte die Augen nach unten! Geh nicht so. Schlurfe! Latsche daher! Vergiß nicht, du bist ein Sklave ohne Volk. Wenn du nicht dort bist, bist du nirgends.«
»So darfst du nicht denken, Oad. Du kannst nach Pelbarigan gehen. Dort wirst du irgendwo einen
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