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Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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Schnitzer und setzte sich dorthin, wo vorher Tor gesessen hatte. Er schaute auf in die wäßrigen Augen der alten Frau.
    »Dein Onkel hat uns von Wundern erzählt, die niemand glauben kann«, bemerkte sie. »Von großen Tierherden, von Waffen, die einem den Arm weg-brennen oder einen Baum in die Luft jagen können, von Menschen, deren Gesichter weggefressen sind und so weiter. Jetzt erzähl du! Nur von eurer Reise.
    Wie ihr hierherkamt. Erzähl!«
    Tristal verspürte einen Augenblick lang Angst, als er in die dunkeläugigen Gesichter rings um sich blickte. Die Männer waren gut bewaffnet. Warum nahm Tor das scheinbar alles so gelassen hin? Plötzlich wurde es ihm klar – er brauchte nichts anderes zu tun, als die Wahrheit zu sagen, so gut er es vermoch-te. Dann würde sich seine Erzählung nahtlos in das einfügen, was Tor berichtet hatte. Die Leute hier hatten sicher Grund, Fremde zu fürchten. Sie trafen nur vernünftige Vorsichtsmaßnahmen.
    Tristal redete, während die Schatten länger wurden. Gelegentlich stellte ihm die Frau Fragen, und er versuchte ausführlicher zu erläutern, was er gesagt hatte. Schließlich schlug sie sich mit den Händen auf die Schenkel, erhob sich schwerfällig und suchte nach jemandem, auf den sie sich stützen konnte.
    »Nuchatt hatte offensichtlich recht«, sagte sie. »Ihr seid das, was ihr zu sein behauptet. Es scheint un-möglich, aber es ist eindeutig so. Jetzt brauche ich etwas, um meinen Bauch zu füllen. Ich nehme an, daß noch alter Eintopf übrig ist.«
    Eine junge Frau vom Schulterberglager lachte und führte sie auf das größte der Holzhäuser zu. Die ganze Gruppe folgte ihnen. Tristal blieb zurück, Nuchatt stand in seiner Nähe. Der alte Mann lächelte ihm zu, lachte dann und folgte den anderen.
    An diesem Abend saßen die beiden Shumai allein am Fluß, während hinter ihnen im Holzhaus eine lärmende Feier stattfand.
    »Ich verstehe es nicht – warum laden sie uns nicht ein?« fragte Tristal.
    »Sie wollen nicht, daß wir das Haus von innen sehen«, erwiderte Tor. »Dann würden wir nämlich fest-stellen, daß da niemand wohnt.«
    »Da wohnt niemand?«
    »Nein. Sie wohnen unter dem Berg. Unter dem im Süden. Sie benutzen die Häuser, leben aber nicht darin. Die alte Frau ist die Führerin von sechs Siedlungen. Sie ...«
    »Woher weißt du das?«
    »Ihr Umhang. Er hat sechs Abschnitte, und der rechts unten trägt das merkwürdige Vogelsymbol, das man hier überall sieht. Sie haben ihr gleich am ersten Tag, als wir hierherkamen, ein Zeichen gegeben.
    Es dauerte eine Weile.«
    »Sie haben ihr ein Zeichen gegeben? Wie denn?«
    »Die große Metallscheibe. Da oben auf der Stange.
    Sie haben damit das Sonnenlicht reflektiert und eine Botschaft hinüber an die Landspitze flußabwärts geschickt.«
    »Das habe ich nicht gesehen.«
    »Am zweiten Tag. Ich habe den Lichtblitz gesehen, der als Antwort kam. Sie lebt aber viel weiter weg.
    Die Ruderer waren müde. Es war klar, daß sie früh-morgens aufgebrochen waren. Sie hatten Mäntel dabei, die sie ausgezogen hatten. Ich könnte mir denken, daß sie im Zentrum dieser Gruppe von Siedlungen wohnt, und nicht unter Felsen. Schulterberg muß besonders vorsichtig sein, da es isoliert liegt und weiter landeinwärts keine Beobachter hat. Sie schik-ken Arbeiter hierher, die bei der Arbeit im Fels helfen.«
    »Im Fels?«
    »Ja. Hast du die Auskleidung aus Bruchsteinen im Bootsgraben gesehen? Und hast du bemerkt, wie mehrere der Ruderer angeheiratete Verwandte be-grüßten?«
    »Ja. Das Verhältnis war freundschaftlich, aber nicht so eng wie zu Blutsverwandten.«
    Tristal starrte über das Wasser hinaus. »Ich bin nur hiergesessen und habe nichts von alledem wahrgenommen«, murmelte er.
    »Das kommt schon noch. Wenn du die Augen aufmachen würdest, würdest du es auch sehen. Du wirst lernen, sie aufzumachen. Mit Nuchatt haben wir Glück. Er ist neugierig auf uns. Er hat einen frei schweifenden Geist. Wir haben für ihn eine besondere Bedeutung. Er hat sogar Akeena von dir fernge-halten.«
    »Akeena? Wer ist Akeena?« fragte Tristal.
    Am Morgen fuhr das Segelkanu mit seinem Gefol-ge ab. Die Insassen beachteten die Shumai nicht weiter, außer daß sie sie gelegentlich anstarrten. Nachdem sie fort waren, half ihnen nur noch Nuchatt und ein weiterer Mann beim Boot. Die alte Frau war offenbar der Meinung, es genüge, den Fremden gegen-
    über distanziert freundlich zu sein, ohne sie aber in der Gesellschaft willkommen zu heißen. Tristal hatte

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