Pelbar 6 Das Lied der Axt
Werkzeugen. Nuchatt stand daneben, die Hände in den Taschen seiner Lederschürze, und machte gelegentlich mit sanfter Stimme Vorschläge. Die jungen Männer taten immer, was er anregte.
Als es Mittag wurde, arbeiteten sie inmitten eines Halbkreises von Menschen, ältere Frauen flochten Fa-sern zusammen oder schlugen sie systematisch über Stämmen, um die Strähnen zu trennen, Männer schnitzten, plauderten oder spielten ein merkwürdiges Spiel mit Steinen in Schalen, Kinder liefen zwischen der Gruppe herum.
Tristal bemerkte, wie Nuchatt darauf achtete, daß er genau sah, was gemacht wurde. Er begriff nicht, warum der Alte sich so wenig um Tors Beitrag kümmerte, als der ältere Shumai stetig mit exakten Streichen seiner langgriffigen Axt an der Rohform mitar-beitete.
Als der Nachmittag dem Ende zuging, wurde ein großer Eisenkessel an einem schweren Dreifuß über das Feuer gehängt. Aus dem Augenwinkel sah Tristal, wie Fisch, Fleisch und Kräuter hineingeworfen wurden, während die Kinder nacheinander umrührten. Ein zweifelhafter Duft begann auf den Strand zu-zutreiben, aber der junge Shumai war inzwischen so hungrig, daß er ihn angenehm fand.
»Keine Angst, Tristal«, beruhigte ihn Nuchatt. »Es wird schmecken. Wir essen es jetzt schon seit vielen Jahren und leben immer noch.«
Tristal lächelte ihn an. Es war, als könne der alte Schnitzer seine Gedanken lesen. Er machte sich schon Sorgen, ob sich hier wohl ihre Erfahrung von Sedge wiederhole, und begann seine Gedanken auf Fakten und absolute Dinge zu richten, wie es ihm Tor damals bei ihrer Flucht geraten hatte. Aber Nuchatt schien wirklich freundlich zu sein, wenn auch wachsam.
Wie sich herausstellte, schmeckte der merkwürdige Eintopf gut. Die Shumai tauchten ihre Becher hinein und standen in einem Kreis mit den Dorfbewohnern, die ihre Holzschalen hineintauchten.
Während der nächsten paar Tage wiederholten sich die Erlebnisse des ersten, aber schließlich sahen sie ein großes Boot mit einem Segel und einer Reihe von Ruderern flußaufwärts pflügen. Ein klagendes Horn-signal wurde geblasen, und die Schnitzer antworteten mit einem ähnlichen Signal auf einem gewundenen Widderhorn.
Als das Boot in eine in den Ufersand gegrabene und mit Steinen ausgekleidete Landerinne rutschte, begrüßten die jungen Leute ihre Besucher, indem sie jedem Neuankömmling ein Stück getrockneten See-hundsspeck auf einem abgeschälten Holzspieß reichten, wenn er ans Ufer trat.
Am auffallendsten unter den Besuchern waren vier Frauen in Kapuzenumhängen, die mit Muschelstük-ken in denselben Mustern benäht waren, wie man sie an den Häusern geschnitzt sehen konnte. Die eine, eine große Frau mit dicken Backen, die sich auf einen geschnitzten Stock stützte, wurde über die Felsen zu einem großen Stuhl hinaufgeführt, den man für sie aufgestellt hatte.
Tor und Tristal blieben beim Boot, aber sie arbeiteten nicht viel, weil das offensichtlich unhöflich gewesen wäre. Eine Zeitlang führten die Frau und die älteren Leute des Dorfes ein Gespräch mit Gesten und gutturalen Ausrufen. Dann deutete sie auf die Shumai, und alle Köpfe drehten sich ihnen zu. Tor legte seine Axt nieder, wischte sich die Hände an den Hosen ab und ging, gefolgt von Tristal, zu ihr hinauf.
»Du«, sagte die Frau mit überraschend tiefer Stimme. »Du nennst dich ... wie?«
»Wir sind Shumai«, erwiderte Tor. »Von den Ebenen weit im Süden und Osten, jenseits des Eises.«
Die Frau spuckte aus und schnaubte. »Dann erzähl mir davon«, murmelte sie mit einem etwas sarkasti-schen Lächeln, bei dem sichtbar wurde, daß ihr viele Zähne fehlten.
Tor seufzte und setzte sich auf den Stein neben ihr.
»Es wird lange dauern, dir auch nur einen Teil davon zu erzählen.«
»Ich habe keine Körbe zu flechten. Junge, du kannst zum Boot gehen und weiterarbeiten. Dich werde ich später fragen.«
»Um zu prüfen, ob ich die Wahrheit gesagt habe?
Du wirst sehen, daß alles wasserdicht ist.«
»Erzähle! Ich werde urteilen.«
Tristal kehrte zum Boot zurück, das jetzt fertig vor-bearbeitet und größtenteils behauen war. Er schaute hin und wieder über die Schulter, während Tor redete und mit seinem einen Arm gestikulierte. Das Gespräch ging weiter, bis es Tristal zu langweilig wurde, ganz allein die ausgebuchtete Mittelpartie des Bootes zu glätten und abzuziehen.
Endlich kam Tor, von allen beobachtet, herunter und sagte: »Du bist an der Reihe.«
Tristal reichte seinem Onkel das Abziehmesser der
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