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Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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umzufallen, wenn sie sich bewegten. Dann drehte sich der Wächter um, schritt den Hügel hinunter und sagte über die Schulter hinweg: »Begrabt jetzt euren Mann und bringt es hinter euch.«
    Als sich der Wächter weiter entfernt hatte, begann ein Mann zu lachen. »Der Sklave. Der Sklave soll die Ansprache halten!« rief er.
    Tristal packte die Schaufel, aber er wußte, daß er gegen die Menge keine Chance hatte, wenn sie ihn wirklich töten wollten. Als sich die murmelnde Gruppe ihm zuwandte, hörte er weiter unten einen Vogel in den Büschen pfeifen und merkte erstaunt, daß er ihm zuhörte. Blitzartig fielen ihm Tors Worte ein, daß alles sich selbst sänge.
    Er legte die Schaufel nieder und hob die Hände.
    »Gut. Ich halte euch die Ansprache«, sagte er ruhig.
    Er stieg auf den Erdhaufen. »Dieser Mann, ist der einzige von euch, der mir jemals auch nur die geringste Freundlichkeit bezeigte. Er sorgte dafür, daß ich zu essen bekam, als ich gefangengenommen wurde, und er prüfte meine Handfesseln, damit ich nicht die Hände verlor. Er war ein guter Mensch, soweit einer von euch gut sein kann.«
    »Mach nur so weiter, dann liegst du bald im Loch«, knurrte ein Mann.
    »Still!« schrie die alte Frau. »Laß ihn reden! Dann wird bei Anses Begräbnis wenigstens etwas gesagt.«
    »Soviel ich weiß, glaubt ihr, der Tod sei das Ende aller Dinge, bis auf das Gerede, die Toten würden zu Sternen oder zu Dunkelheit. Ihr wißt sehr wohl, daß das nur Gerede ist. Die Shumai, mein Volk, kennen die Sterne gut genug, um zu wissen, wann ein neuer auftaucht. Das geschieht so gut wie nie, und wenn, dann hält er sich nur kurze Zeit. Aber der Tod ist nicht das Ende.
    Ich weiß, daß ihr für diese Behauptung gerne einen Beweis haben möchtet, aber wer kann den schon geben? Wir haben nur Hinweise und Vermutungen.
    Aber ein paar davon sind gut. Ich werde euch von einigen der besten erzählen.
    Erstens bin ich zum Beispiel weit aus dem Norden hierher gekommen, und bis dorthin hatten mein Onkel und ich eine riesige Strecke zurückgelegt, wir überschritten von Osten her Eisbarrieren und lebten eine Zeitlang zwischen zwei solchen. Mein Onkel ist der beste Mensch, den ich kenne, obwohl ich oft genug wütend auf ihn war. Er sorgte für mich, nachdem meine Eltern in einem Präriefeuer umkamen.«
    »Ein was? Was ist das?«
    »Still, du Seeschnecke!« sagte die alte Frau.
    »Als wir das Meer erreichten und ein kleines Boot bauten, war mein Onkel von den Walen fasziniert.
    Die Eingeborenen hatten uns von ihnen erzählt, aber erst, als wir sie sahen, erkannte er, wie gewaltig sie wirklich waren. Eines Morgens ruderte er in den Nebel hinein, hinter einem her, und kam nie zurück.
    Ich zweifle nicht daran, daß er noch lebt. Aber für mich ist er tot. Ich traure jedoch nicht um ihn wie um einen Toten. Er hatte einfach ein Ziel, und als er das verfolgte, führte es ihn über meine Ziele, meinen Horizont hinaus.
    Genauso ist es mit Anse. Stellt es euch so vor. Er hatte ein Ziel, das ihn für immer weggeführt hat. Wir haben auch Hinweise darauf, was für ein Ziel das ist.
    Wir beobachten, wie Menschen altern. Vielleicht halten wir das Altern für eine Folge der Unfähigkeit des Körpers, sich selbst zu erhalten. Nein. So ist es nicht.
    Es ist die wachsende Unzufriedenheit jedes Menschen mit den Beschränkungen der Welt. Er erkennt nicht einmal, daß er unzufrieden ist. Aber er ist es.
    Sein Körper zeigt es. Sein Geist wendet sich anders-wohin, und der Körper reagiert, indem er nachläßt.«
    »Was für ein Quatsch!« rief der Mann mit Namen Alby.
    »Still, du stinkender Saufkopf!« keifte die alte Frau zurück.
    »Sein Körper läßt nach, weil er sich selbst als weniger notwendig sieht. Der Geist versteht instinktiv seine Unzufriedenheit mit dem Körper, und nachdem der Geist das ist, was den Körper überhaupt erst belebt, beginnt der wie ein leerer Wasserschlauch zu-sammenzufallen.
    Vielleicht haltet ihr das für phantastisch, und vielleicht ist es das auch, aber es paßt zu einem weiteren Hinweis. Wir sehen unsere Mitmenschen als Eigenschaften. In der kurzen Zeit, in der ich dem Verstor-benen nahe war, sah ich die Eigenschaften Neugier, Güte, Bewußtsein, Mitgefühl, Standhaftigkeit und Selbstlosigkeit – und sie sind alle recht selten bei euch.«
    »Hör auf damit, du gelbhaariger Quatschkopf!«
    »Diese Eigenschaften verlassen uns nie. Sie entste-hen, formen sich um, erscheinen immer wieder. Sie sind unserer Identität näher als die

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