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Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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dich auf letzten Schlaf vor! Niemand wird deinen Schlaf stören. Es wird guter Schlaf sein. Vollkommener Schlaf. Tiefer Schlaf. Ruh dich aus! Entspanne dich! Hier bist du sicher. Niemand wird dir Böses tun. Schlaf gut!«
    Tor blickte auf. »Ihr werdet mich also nicht wek-ken? Mich schlafen lassen?«
    »Ja. Schlaf jetzt! Wir gehen.«
    Tors Kopf sank langsam auf seine Brust. Der alte Priester beobachtete ihn aufmerksam. Er machte dem jüngeren ein Zeichen, und sie gingen leise hinaus.
    Stille senkte sich in der Dunkelheit nieder wie unsichtbarer Staub. Tor setzte sich wieder auf, gerade wie ein Speerschaft. Er stemmte seine Arme gegen die Stricke.
    Früh in der morgendlichen Dunkelheit kam der ältere Priester allein, eine winzige Öllampe in der Hand, ins Lagerhaus geschlüpft. Tor saß da, in seinen Fesseln zusammengesunken und atmete tief und gleichmäßig. Der Priester schaute lange mit leichtem Stirnrunzeln auf ihn hinunter. Dann hob er die Lampe und studierte das alte Blech auf der Decke. Lautlos stahl er sich wieder aus der Hütte und ließ vorsichtig die Lederklappen zufallen. Tor setzte sich wieder auf und schüttelte den Kopf.
    Irgendwann nach Sonnenaufgang fand einer der Jä-
    ger, die Dardan begleiteten, die Fährte, die nach Sü-
    den führte, und rief die anderen. Sie kamen und starrten sie an. »Ich verstehe das nicht«, sagte einer.
    »Schau. Überhaupt kein Versuch, die Spur zu verbergen. Sieh nur! Das ist meine Großtante. Sie ist dabei.
    Und sie trägt auch noch etwas.«
    »Bist du sicher?«
    »Schau nur, wie sie den linken Fuß nach innen dreht. Ja, das ist sie.«
    Dardan runzelte die Stirn. Sein Kopf war ein einziges Durcheinander von widersprüchlichen Gedanken. »Wenn wir hier stehenbleiben, fangen wir sie nie«, sagte er. Die Jäger nahmen die Fährte auf und trabten hinter ihm her.
    Es war später Vormittag, als Tor geweckt und von dem Pfosten im Lagerhaus losgebunden wurde. Die meisten Bewohner von Sedge sahen, wie er heraus-gebracht wurde, beobachteten schweigend, wie er mit gesenktem Kopf auf dem Pfad daherschlurfte, der auf das Eis zuführte. Am Rand der Ortschaft gab man ihm das halb zusammengefaltete Flügelgerät, das er anlegen sollte, und ließ es ihn tragen. Manche der Leute verspotteten ihn, andere sahen wortlos zu. Die Flügel kamen Tor überraschend schwer vor.
    Ein Kind warf einen Dreckklumpen nach ihm. Als Tor hinschaute, sah er, wie die Mutter den Jungen am Arm schüttelte. Endlich erreichte er die Stufen, die die Priester ins Eis geschlagen hatten und begann hinaufzusteigen, bemüht, mit den unhandlichen, zu-sammengefalteten Flügeln auf seinem Rücken nicht zu stürzen. Er konzentrierte sich darauf, auf den Beinen zu bleiben, und schließlich erreichte er, schwer atmend und mit verkrampften Schultern die Segel-plattform, die die Männer der Priester in die Eisfassade gehauen hatten. Weit unten sah er den Pavillon der Priester und die Menge der Zuschauer; ihre Gesichter sahen aus wie winzige Teigklumpen, die jemand auf eine dunkle Herdplatte geworfen hatte.
    Unten hielt ein Priester eine Rede, die Tor nicht hö-
    ren konnte, während oben auf dem Eis die Priester die Flügel zusammenbauten, alles geschickt aneinan-derfügten und ausprobierten. Ein junger Mann mit dunklem, lockigem Haar wurde in das Geschirr geschnallt.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte er. »Wind frischt auf.
    Er ist fast zu stark.«
    »Hoffen wir, daß er dich hochhebt«, sagte ein zweiter. »Zu spät jetzt, um abzusagen.«
    »Keine Angst«, meinte Tor. »Die Priester halten dich hoch. Mit ihrem Gesang.« Er versuchte, aufrichtig dreinzuschauen.
    Der Flieger warf einem anderen Mann einen Blick zu. »Ich mache mir keine Sorgen«, sagte er süffisant.
    »Du bist es, der sich Sorgen machen wird, Shumai.
    Für dich wird niemand singen.«
    Tor ließ den Kopf hängen. Er hörte, wie unten der Gesang aufgenommen wurde, wie das Raunen eines fernen Windes. Der Flieger trat, unterstützt von drei Männern, an den Rand der Plattform. »Er kommt heut aus Norden«, sagte einer der Männer. »Sieh zu, daß du schnell vom Eis wegkommst!«
    »Ich weiß schon, was ich zu tun habe. Möchtest du es versuchen?«
    »Heute nicht. Kein guter Tag.«
    Der Flieger atmete tief durch, seufzte, rannte zum Rand der Plattform, stieß sich schnell ab und stürzte weg, dann schob er sich nach hinten, erhob sich über der Menge, stieg höher, schwenkte herum und kam zurückgeflogen. Tor sah, daß er eine Aufwärtsströ-
    mung erwischte, wo

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