Pelbar 7 Das Schwert der Geduld
damit befassen müssen.«
»Und wir müssen ihren Druck aushalten.«
»Wo sind wir? Schau! Ich bin tausend Ayas von meiner Heimat entfernt. Einige von uns kommen hier nicht mehr weg. Jedenfalls ihre Knochen nicht. Nun komm schon, Igant! Ich will nicht sagen, daß wir die Schlacht für euch gewonnen haben – aber wir haben doch gemeinsam gesiegt.«
»Du kennst sie nicht. Sie werden diesen Verlust nicht akzeptieren, ohne auf Rache zu sinnen.«
Arey schaute lange ins Feuer. »Rache ... Einem sanften Herzen fällt das Erbarmen leicht, sagt Ahroe.«
»Ahroe. Sie ist eine Frau.«
»Aber auch ein guter Kommandant. Und Garets Mutter.«
»Ich kann dich also nicht umstimmen. Wie wäre es denn damit? Wir brandmarken jeden von ihnen – ein kleines Brandmal auf der Hand – und sagen ihnen, daß wir sie, sollten sie zurückkommen und in Gefan-genschaft geraten, nicht am Leben lassen werden.«
»Brandmarken?«
»Mit einem heißen Eisen.«
»Wirst du dich denn damit zufriedengeben?«
»Ja. Viel ist es gerade nicht. Aber wir sind einverstanden.«
»Nun gut. Wir werden ihr eigenes Sternenabzeichen oben auf ein Eisen setzen. Vielleicht morgen früh.«
Arey hielt seine unversehrte Handfläche hoch und fügte hinzu: »Die falsche Hand. Entschuldige.«
Igant lächelte ihn an. »Du hast natürlich gewonnen.
Aber danke für das Zugeständnis. Angenehme Ru-he.«
Als er sich umdrehte und hinausging, schaute Arey den alten Sentani an, der ganz leicht die Augen verdrehte.
SIEBEN
Am nächsten Morgen lag nasser Schnee, eine volle Handbreite tief, als die Gefangenen im kalten Wind zitternd das Lager abbrachen und ihre Sachen auf Lastschlitten packten. Erst danach bekamen sie hei-
ßen Tannentee und Schalen mit Haferbrei und Pferdefleisch. Eine Gruppe war, unter Bewachung, schon früher aufgebrochen, und jetzt sollte die zweite, ebenfalls unter Bewachung, aufräumen.
Die Innanigani hatten keine Wintermützen, keine Fäustlinge und auch keine geeigneten Schuhe für den Schnee. Eine Abteilung Gefangener schmierte Fett auf die Stiefel der anderen, die hintereinander vorbeigin-gen, aber viel half das auch nicht.
Die Spuren des Vorhuttrupps führten nach Südosten, weg von der Route, auf der sie nach Westen gekommen waren. Peydan überlegte sich, daß das ein Versuch sein mochte, der zweiten Truppe auszuweichen. Winnt irrte sich gewiß, und Sharitans Leute waren schon unterwegs, um sie zu retten. Peydan schaute zu Borund hinüber, der in einer schwankenden, von vier Männern getragenen Sänfte lag. Die Augen des Beobachters schienen eingesunken vor Schmerz und Scham, aber als Winnt an diesem Morgen sein Bein verbunden hatte, hatte er besser ausgesehen.
Mittags machten sie dort Rast, wo ein Teil der Vorhut Feuer gemacht hatte, wärmten wieder Tee und verteilten Teigfladen, die um ein Stück Fleisch gewik-kelt waren. Pferdefleisch für die Gefangenen, etwas anderes für die Westländer, wie Peydan feststellte.
Aber er aß mit Genuß und legte seine Hände um die Teeschale, um sie etwas zu wärmen.
Am Spätnachmittag hatten sie etwa dreiundzwanzig Ayas zurückgelegt. Die Männer waren erschöpft und verbissen, durchgefroren und schweigsam. Als sie die Vorausabteilung einholten, waren auf einem Feld nahe an einer dicht mit Tannen bestandenen Flußbiegung die ersten Vorbereitungen für ein Lager getroffen. Die Männer hatten schon mehrere Tannen gefällt, um Reisig zu bekommen, und Schleppbalken gemacht, um das Gebiet weitgehend vom Schnee zu befreien. Den Gefangenen wurde aufgetragen, das Lager fertigzustellen. Einige von ihnen waren mürrisch und aufsässig, aber wenn sie sich nicht bewegten, froren sie, und so arbeiteten sie bald alle zufrie-denstellend. Als die Hütten fertig waren, eine Dop-pelreihe von Feuern brannte und ein Essen aus ge-kochtem Mais und Fleisch in den Töpfen der Innanigani zubereitet war, hatten sich die meisten in ihr Schicksal ergeben und fühlten sich sogar zufrieden.
Sie waren auf dem Weg nach Hause. Die Feinde waren vorsichtig, aber nicht grausam.
Als es dunkel wurde, sangen die Pelbar-Gardisten auf dem Berg, der das Lager überragte, Hymnen, während sie zwei der verwundeten Gefangenen begruben, die an diesem Tag gestorben waren. Die Ostländer waren mit vierstimmigen Harmonien vertraut, aber etwas so Komplexes und Melodisches wie die Pelbar-Lieder kannten sie nicht. Die schwebenden Stimmen, die sich mit dem Knacken der Feuer und dem Wind in Gräsern und Zweigen mischten, wirkten einschläfernd.
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