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Pelbar 7 Das Schwert der Geduld

Pelbar 7 Das Schwert der Geduld

Titel: Pelbar 7 Das Schwert der Geduld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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wogen. Sie legte wieder alles auf einen Stapel und sortierte die Antworten danach, ob sie sie für progressiv oder traditionsverhaftet hielt, las sehr sorgfältig und fand eine völlig andere Mischung.
    Sie stand auf, ging ans Fenster und schaute lange in die Nacht hinaus. Jenseits des Flusses sah sie im Fenster eines der Shumai-Häuser, die in letzter Zeit hier aus dem Boden geschossen waren, ein Licht. Vielleicht hielt eine Geburt die Familie so lange nach Mitternacht noch wach.
    Sie setzte sich wieder und sortierte die Stimmen noch einmal in solche mit religiösen Bedenken und solche mit freiheitlichen oder politischen. Ihr Blick trübte sich, die Seiten verschwammen ihr vor den Augen. Sie stand vom Tisch auf und setzte sich eine Weile in den Sessel nahe am Fenster, aber als sie die Kälte des Steins spürte, erhob sie sich, ging auf und ab und öffnete schließlich die Tür zum Gerichtssaal, der bis auf die kleinen Lichtstreifen aus den hohen, schmalen Fenstern völlig im Dunkeln lag. Sie schob knirschend den Stuhl der Protektorin zurück, setzte sich hinein und starrte in den Brunnen der Dunkelheit, der tags zuvor so voller Leben gewesen war.
    Als sie sich schließlich wieder ins Zimmer der Protektorin begab, sah sie, daß das Feuer versorgt war und frischer Tee auf dem Gitter stand. Sie stellte sich ans Fenster und sah die Sterne im Morgenlicht verblassen, dann drehte sie sich um und setzte sich, um ihre Entscheidung niederzuschreiben. Sie setzte die Buchstaben mit festen Strichen des Gänsekiels, als könne sie durch die zügigen Tintenströme mehr Sicherheit gewinnen. Als sie fertig war, trat sie ans Fenster und las im anbrechenden Tageslicht ihre Worte durch. Sie ging mit dem Papier zum Feuer und hielt es in die Flamme, dann zog sie es zurück und schob es in die Lade ihres schlichten Tisches. Seufzend ging sie schließlich durch eine Seitentür hinaus, um sich vor der Sitzung noch ein wenig auszuruhen.
    Im dritten Viertel vor Sonnenhochstand füllte sich der Gerichtssaal wieder, die Sitzreihen bildeten saubere Linien aus braunen Winterkleidern und aufge-steckten Frisuren. Alle Gesichter wandten sich Alance zu, als sie eintrat, sich setzte und das Eröffnungsgebet anordnete.
    Das Schweigen des Gebets hielt auch nach dessen Beendigung noch an, und Alance schaute mit leichtem, innerem Zittern in die Gesichter ihrer Gefährtin-nen. Sie hob die Hand, obwohl der Raum schon in völlige Stille getaucht war. »Wie ihr wohl wißt, habe ich all eure Kommentare zu dieser Frage mit aller Sorgfalt erwogen, die mir die Zeit erlaubte. Ich habe mit Schrecken gesehen, wie tief dieses neue Buch in unser religiöses Leben eingeschnitten und als wie zersetzend es sich erwiesen hat. Ich bin mir aber auch bewußt, mit welcher Leidenschaft manche das Buch lesen, und wieviel echten Nutzen sie darin finden.
    Pelbarigan ist als Stadt und als Gesellschaft auf einer alten Tradition der Ordnung und Einigkeit aufgebaut. Nordwall ist von diesen Traditionen abgewi-chen und hat seiner Meinung nach einen erfolgrei-chen Kompromiß mit den Anschauungen der anderen Völker gefunden. Threerivers hat, wie ihr ja wißt, aufgehört, als typische Pelbar-Stadt zu existieren und ist nun völlig umgestaltet zu einer gemischten Gesellschaft, die sich dem Handel, der Herstellung von Waren und mittlerweile besonders der Bereitstellung von Dienstleistungen für die Regierungsgeschäfte der Fö-
    deration widmet. Nur Pelbarigan ist noch übrig als Stadt hinter Mauern und mit einer mehr oder weniger traditionellen Regierung, obwohl auch wir eine große Zahl von Veränderungen erlebt haben.
    Irgendwo braucht die Pelbar-Gesellschaft einen Anker, und ich meine, die religiöse Praxis von Pelbarigan könnte eine Weile durch die Entscheidung ge-stützt werden, die ich hier getroffen habe. Ich hoffe aber, man wird sie nicht als Willkür gegenüber Menschen mit anderen Anschauungen sehen, ich hoffe, daß auch deren Bedürfnisse darin berücksichtigt werden. Daher habe ich die folgende Richtlinie aufgestellt, die ich euch nun vorlesen werde: Ich, Alance, Protektorin von Pelbarigan, verfüge, als Antwort auf die beratende Abstimmung des Rates, daß für eine Dauer von zwei Jahren, von diesem Zeitpunkt an, keine Abschriften des Tantal-Buches, das jüngst von Stel Westläufer in diese Gemeinschaft gebracht wurde, allgemein in Umlauf sein sollen; daß keine weiteren Abschriften des Buches angefertigt werden sollen; daß die gegenwärtig in Umlauf be-findlichen

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