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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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Jung entschuldigend.
    »Sie finden Sie in der Küche über der Spüle«, erwiderte sie kurz.
    Jung kam mit den Gläsern zurück und setzte sich wieder. Der scharfe, rauchige Duft der Pasta stieg ihm in die Nase. Er freute sich auf den ersten Happen.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, nahm Jung ihre Unterhaltung wieder auf.
    »Erst einmal guten Appetit und prost«, befahl sie freundlich und trank. Nachdem sie ihre Gläser abgesetzt hatten, bemerkte sie kokett: »Warum sind Sie nicht schon früher mal zu Besuch gekommen? Dann hätte ich vorher solche Köstlichkeiten zu schmecken bekommen.«
    »Wer weiß, wozu das gut ist«, erwiderte Jung hintersinnig und nahm einen ersten Bissen.
    »Es schmeckt ausgezeichnet«, lobte er. »Wir waren in Stade an der Elbe. Was trieb Sie dorthin?«
    »Meine Eltern. Sie hatten einen kleinen Hof und rüsteten in den 80er-Jahren auf Tourismus um: Vermietungen, kleines Frühstück, Fahrradverleih und so weiter. Ich sollte ihre Nachfolge antreten und das Nötige lernen.« Sie drehte die Tajarin auf die Gabel und steckte sie sich in den Mund.
    »Und weiter?«
    »Es klappte anfangs wie geplant. Aber mein Bruder warf alles durcheinander. Er war eigentlich für Höheres auserkoren, sollte Pastor, Arzt oder Apotheker auf der Insel werden. Irgendwann schmiss er sein Studium und heiratete lieber die Nachbarstochter. Die beiden durften daraufhin fortführen, was ihre Eltern beziehungsweise Schwiegereltern angefangen hatten.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas und spitzte genüsslich die Lippen.
    »Und Sie guckten in die Röhre«, bemerkte Jung und legte die Bitterkeit in seine Stimme, die er bei ihr vermutete.
    »Genau. Wohl bekomm’s, die Herren.« Sie nahm ihr Glas und richtete sich auf. »Ich hab mich dann bei der Kirche als Haushälterin beworben. Ich habe einen Vertrag bekommen, der bis heute nicht gekündigt wurde. Prost.« Sie nahm noch einen kräftigen Schluck Wein. Danach aßen sie eine Weile schweigend.
    »Das war vor 20 Jahren, nicht wahr?«, nahm Jung das Gespräch wieder auf. »Wie fühlten Sie sich damals?«
    »Ich bin froh, dass es so gekommen ist. Ich habe es gut getroffen. Ich bin mein eigener Herr und kann schalten und walten, wie ich es für richtig halte, mehr oder weniger.«
    »Die Zimmernamen, ich verstehe. Aber das sind Kleinigkeiten, nicht wahr?«
    »Ja. Hauptsache, es ist freundlich und hell. Ich brauche einfach Licht.«
    »Ich bin das Licht der Welt«, rezitierte Jung gespreizt, »wer mir folgt, der wird nicht wandeln in Finsternis, sondern das ewige Leben haben. Amen.« Er hob sein Glas und zog die Augenbrauen hoch.
    »Mein Gott, Sie kennen sich aus. Sind Sie Kirchgänger? Sie sehen nicht so aus.« Sie fixierte ihn während er ruhig weiteraß.
    »Früher, ja, ab und zu. Ich bin in einem Alter, wo man auf der Suche nach einer neuen Spiritualität ist. Ich bin also nach langer Zeit mal wieder hingegangen.«
    »Und? Haben Sie gefunden, was Sie suchten?«
    »Nein. Mir gefielen nur die Kirchenlieder und die alte Liturgie, die Predigten weniger. Ich fand sie uninspiriert, angestrengt und eitel, wie ihren Bischof Huber, diesen begnadeten Weichspüler. Außerdem roch es nach Mottenkugeln wie in Omas Kleiderschrank.«
    Sie lachten herzhaft.
    »Gut beobachtet«, meinte Greta Driefholt darauf. »Ein bisschen lebenspraktischer würde sich Gott seine Jünger auf Erden schon wünschen, glaube ich.«
    »Ist Udo ein bisschen lebenspraktischer?«
    »Nein, aber er beeindruckt mich, ja. Vor allem am Anfang war es so. Aber dann war da auf einmal ein Bruch. Danach war irgendwie alles anders.«
    Jungs Aufmerksamkeit machte einen Satz, als hätte er einen Tritt bekommen. Das hatte er schon einmal gehört, auch aus dem Mund einer Frau. Er versuchte seine Aufregung zu verbergen.
    »Was war passiert?«, fragte er leise.
    »Wenn ich das nur wüsste? Eines Tages …«
    »Wann genau war das?«
    »Das ist jetzt ziemlich genau zehn Jahre, nein elf Jahre her. Ich weiß es noch wie heute. Die Saison war grauenhaft. Das Wetter vergraulte alle Gäste von der Insel. Ich hatte nicht viel zu tun und langweilte mich. Udo war unterwegs auf dem Festland. Der Brennofen des Krematoriums war defekt. Dann rief er mich aus Wyk an, ich solle ihn auf der Hausbesitzerversammlung der Gemeinde vertreten. Er könne nicht kommen. Es sei äußerst wichtig. Früher war das nie wichtig gewesen. Ich saß mir in dieser blöden, endlosen Versammlung den Hintern platt. Und den Tag darauf mussten wir eine Einäscherung

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