Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
über hundert mit weißem Leinen gedeckten Tischen wurden zur Dekoration nachgemachte Eingeborenenfetische aufgestellt. Geschäftige Geräusche stiegen hinauf in die von korinthischen Säulen getragene Kuppel des Saales.
Pendergast sah auf die Uhr. Es war genau vier. Alle anderen Agenten waren jetzt bei Coffeys Einsatzbesprechung. Pendergast ging raschen Schrittes quer durch die Halle zum verschlossenen Eingang zur Aberglaube-Ausstellung. Nachdem er ein paar Worte mit einem uniformierten Polizisten gewechselt hatte, sperrte dieser ihm die Tür auf.
Einige Minuten später kehrte Pendergast aus der Ausstellung zurück. Er blieb einen Augenblick lang stehen und dachte nach. Dann ging er wieder durch die Halle zurück und verschwand in einem der Korridore.
Pendergast befand sich nun in einem ruhigen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Teil des Museums. Hier begannen die ausschließlich den Angestellten zugänglichen Lager- und Laborbereiche, in denen es keine hohen Decken und Prunksäle gab, sondern schmucklose, aus Schlackenstein gemauerte Gänge, an deren Wänden Schränke standen. In den Rohren des Heizungssystems an der Decke rumpelte und zischte der Dampf. Am oberen Ende einer Metalltreppe blieb Pendergast stehen, sah sich um und warf einen Blick in sein Notizbuch. Dann lud er seinen Revolver und stieg hinab in den dunklen, labyrinthartigen Bauch des Museums.
39
D ie Tür zum Labor wurde mit einem lauten Geräusch aufgestoßen, und Margo sah Dr. Frock mit knarzendem Rollstuhl hereinrollen. Sie stand rasch auf und schob ihn hinüber zum Computerterminal. Frock hatte bereits seinen Smoking an.
Vermutlich hat er ihn schon angezogen, bevor er heute zur Arbeit kam,
dachte Margo. In seiner Brusttasche steckte das übliche Gucci-Taschentuch.
»Ich kann nicht verstehen, warum sie diese Labors immer an so abgelegenen Orten verstecken müssen«, grummelte Frock vor sich hin. »Nun, um was für ein großes Geheimnis handelt es sich denn, Margo? Und warum mußte ich unbedingt hier herunterkommen, um es zu hören? Der Unfug von heute abend wird bald beginnen, und ich werde auf dem Podium erwartet. Eine zweifelhafte Ehre, die ich natürlich nur meinem Status als Bestsellerautor zu verdanken habe. Ian Cuthbert hat mir das heute vormittag in meinem Büro unmißverständlich klargemacht.« Seine Stimme klang wieder bitter und resigniert.
Rasch erzählte Margo, daß sie die Fasern des Packmaterials aus Whittleseys Kiste analysiert habe, zeigte Frock die Scheibe mit der eingekratzten Ernteszene und beschrieb Entdeckung und Inhalt von Whittleseys Tagebuch und des Briefes. Und dann erklärte sie, warum die hysterische alte Frau, die im Tagebuch beschrieben wurde, mit ihrer Warnung vor Mbwun nicht die kleine Figur gemeint haben konnte.
Während Frock zuhörte, drehte er versonnen die Steinscheibe in seinen blassen Händen. »Eine interessante Geschichte«, sagte er schließlich. »Aber was ist daran so dringend? Vermutlich war die Probe der Fasern mit irgendwas verschmutzt. Und die alte Eingeborenenfrau kann ganz einfach verrückt gewesen sein, ebenso wie es leicht möglich ist, daß Whittlesey in seinen Aufzeichnungen die zeitliche Abfolge der Ereignisse ein wenig durcheinanderbrachte.«
»Das dachte ich am Anfang auch. Aber sehen Sie sich mal das hier an«, sagte Margo und gab Frock den Computerausdruck. Er warf einen raschen Blick darauf. »Ungewöhnlich«, sagte er. »Aber ich glaube nicht, daß das –«
Er verstummte, während sein dicker Zeigefinger die Spalten mit den Proteinen entlangfuhr.
»Margo«, sagte er und blickte auf. »Ich war viel zu schnell mit meinen Schlüssen. Hier liegt tatsächlich eine Verunreinigung der Probe vor, aber keine von Menschen herbeigeführte.«
»Wie meinen Sie das?« fragte Margo.
»Sehen Sie die hexagonal ambyloide Reovirus-Eiweißhülle hier? Das ist ein Protein, das aus der Hülle eines Virus stammt, der Tiere und Pflanzen befällt. Haben Sie bemerkt, daß sich davon eine beträchtliche Menge in der Probe befindet? Und außerdem haben wir hier Enzyme zur reversen Transkriptase, die fast ausschließlich in Verbindung mit Viren vorkommen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Sie meinen.«
Frock redete ungeduldig auf sie ein: »Was wir hier vor uns haben, ist ein Teil einer Pflanze, die massiv von einem Virus befallen ist. Bei Ihrer DNS -Sequenzierung sind Pflanze und Virus gleichermaßen entschlüsselt worden. Viele Pflanzen tragen solche Viren in sich, die aus
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