Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
beiden kleinen Jungen den Tod gefunden hatten, momentan sechs Stockwerke unter ihr befand.
»Es ist das größte in der Welt«, sagte Moriarty, der eine Tür aufschloß, auf der in mit Schablone gezogenen Buchstaben
Zent. Afrika D- 2
geschrieben stand.
Drinnen knipste er eine nackte Dreißigwattbirne an. Als Margo in den winzigen Raum spähte, sah sie, daß er vollgestopft mit Masken, Schamanenrasseln, bemalten und mit Perlen bestickten Häuten war. Von ein paar langen Stöcken in einer der Ecken grinsten sie verschrumpelte Köpfe an. Moriarty deutete auf einige hölzerne Schränke.
»Die Pflanzen sind dort drin. Bei dem anderen Zeug handelt es sich um den üblichen Schamanen-Schnickschnack. Es ist eine schöne Sammlung, aber leider war Eastman, der Bursche, der die Sachen katalogisiert hat, nicht gerade einer der Sorgfältigsten, wenn es um gründliche Dokumentation ging.«
»Das ist ja unglaublich«, staunte Margo. »Ich hatte ja keine Ahnung –«
»Passen Sie auf«, unterbrach Moriarty. »Sie
glauben
ja gar nicht, was wir alles gefunden haben, als wir diese Ausstellung zusammenstellten. Allein hier in dieser Sektion haben die Anthropologen an die hundert Aufbewahrungsräume, und ich schwöre Ihnen, daß manche davon seit vierzig Jahren nicht mehr geöffnet worden sind.«
Moriarty wirkte hier auf Margo sehr viel selbstsicherer und lebendiger. Ohne sein Tweedjackett, mit ein paar Pfund weniger auf den Rippen und mit Kontaktlinsen statt der altmodischen Hornbrille, hätte man ihn direkt als gutaussehend bezeichnen können.
»Erst letzte Woche«, fuhr Moriarty fort, »fanden wir gleich nebenan eines der wenigen überhaupt existierenden Exemplare von Piktogrammschriften der Yugaghir, können Sie sich das vorstellen! Sobald ich die Zeit dazu finde, werde ich einen Zeitschriftenartikel darüber schreiben.«
Margo lächelte. Er war so aufgeregt, als hätte er eben das Manuskript eines bisher unbekannten Stückes von Shakespeare entdeckt. Dabei würde sein Fund, wenn’s hochkam, vielleicht ein Dutzend Leser des
Journal of American Anthropology
interessieren. Trotzdem fand sie Moriartys Enthusiasmus irgendwie erfrischend.
»Wie dem auch sei«, sagte Moriarty und schob die Brille auf der Nase nach oben, »ich brauche dringend jemanden, der mir dabei hilft, vernünftige Schaukastentexte für dieses Kamerun-Zeug hier zu schreiben.«
»Was, wollen Sie, daß ich tue?« fragte Margo, die momentan das nächste Kapitel ihrer Dissertation völlig vergessen hatte. Moriartys Begeisterung wirkte ansteckend.
»Passen Sie auf«, sagte er. »Ich habe die Rohfassung der Texte hier bei mir.«
Er zog ein paar Seiten aus seiner Aktentasche. »Da, sehen Sie«, sagte er und fuhr mit dem Finger über das Titelblatt, »hier steht, was wir im Idealfall mit diesem Schaukasten ausdrücken wollen. So etwas nennen wir ›Storyline‹. Sie müßten nun anhand dieser Storyline den Raum hier durchforsten und ein paar Ausstellungsstücke und Pflanzen für den Schaukasten heraussuchen.«
Margo überflog die Seiten. Die Arbeit kam ihr nun doch ein wenig zeitaufwendiger vor, als sie es sich vorgestellt hatte. »Wie lange, glauben Sie, wird das in etwa dauern?«
»Ach, so zehn, höchstens fünfzehn Stunden. Die Inventarlisten und ein paar erklärende Anmerkungen zu den Exponaten habe ich bereits. Aber die Sache eilt, denn die Eröffnung rückt immer näher.«
Margo dachte wieder ans nächste Kapitel ihrer Dissertation. »Geben Sie mir einen Augenblick Bedenkzeit«, bat sie. »Das ist doch ein ziemlich umfangreicher Job, und ich stecke mitten in meiner Dissertation.«
Die Bestürzung in Moriartys Gesicht ließ ihn direkt komisch wirken. Es war ihm nicht einmal annähernd in den Sinn gekommen, daß Margo vielleicht noch andere Dinge zu tun hatte. »Meinen Sie damit, daß Sie mir nicht helfen können?«
»Vielleicht kann ich es irgendwie dazwischenschieben«, murmelte Margo.
Moriartys Gesicht hellte sich wieder auf. »Toll! Wissen Sie was, wo wir nun schon mal im fünften Stock sind, kann ich Ihnen gleich noch ein paar andere Sachen zeigen, die wir hier oben haben.«
Er führte sie zu einem anderen Lagerraum und steckte den Schlüssel ins Schloß. Die Tür öffnete sich mit einem quietschenden Geräusch und gab den Blick frei auf bemalte Büffelschädel, Rasseln und Federbüsche. Sogar eine Reihe von Rabenskeletten lag da, deren Knochen mit dünnen Lederbändern aneinander befestigt waren.
»Mein Gott«, hauchte Margo.
»In diesem Raum
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