Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
ihr bewußt, daß sie selber, ohne es zu wollen, die Luft anhielt.
Als schließlich die Lösung mit einemmal in ein kräftiges Gelb umschlug, drehte Margo den kleinen Glashahn zu und stoppte so die Zufuhr der Titerlösung. Dann las sie an einer Skala ab, wieviel davon herausgetropft war.
Margo trat einen Schritt zurück und spürte, wie sich ein altbekanntes, aber unangenehmes Gefühl in ihr breitmachte. Es war ein fast schon an Angst grenzendes Unbehagen, das sie vor achtzehn Monaten bereits einmal ganz ähnlich verspürt hatte, und zwar in einem Labor, das nicht einmal dreißig Meter von diesem entfernt auf demselben Korridor lag. Damals hatten sie und Frock ebenso gebannt auf den Bildschirm eines Computers gestarrt, auf dem Greg Kawakitas genetisches Extrapolator-Programm soeben die möglichen physischen Merkmale des Museumsmonsters aufgelistet hatte.
Margo erinnerte sich daran, wie sie damals John Whittlesey fast verflucht hätte, den Wissenschaftler, dessen fehlgeschlagene Expedition ins Amazonas-Becken alles Unglück ausgelöst hatte. Whittlesey hatte, ohne zu wissen, was er damit anstellte, die Fasern einer bestimmten Sumpfpflanze als Packmaterial für seine Artefakte verwendet Weder Whittlesey noch irgendeinem anderen Mitglied der Expedition war dabei bewußt gewesen, daß die Mbwun-Kreatur nach den in dieser Pflanze enthaltenen Hormonen süchtig war. Als schließlich der Lebensraum der Kreatur zerstört war, hatte sich diese auf die Suche nach dem einzigen noch existierenden Vorrat an diesen Hormonen gemacht den Verpackungsfasern in den Expeditionskisten.
Diese aber waren, nachdem sie einige Jahre lang fast unbeachtet im Keller des Museums herumgestanden hatten, in einen durch Stahltüren gesicherten Lagerraum gebracht worden, wodurch sie der Kreatur nicht mehr zugänglich waren, die nun ihre Gier nach den Hormonen mit einem Ersatz hatte stillen müssen: dem Hypothalamus des menschlichen Gehirns, in dem sich ganz ähnliche Hormone – wenn auch in weitaus geringerer Konzentration – fanden.
Als Margo in die gelbliche Lösung starrte, verspürte sie neben ihrer Angst auch eine merkwürdige Erregung.
Bei dieser ganzen Geschichte gab es nach wie vor etwas, das nichtausreichend erklärt war. Dasselbe unbefriedigende Gefühl hatte sie schon gehabt, als der Kadaver der von Pendergast erlegten Kreatur von den Behörden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion beiseite geschafft worden war. Margo hatte es sich nie richtig eingestanden, aber eigentlich war sie schon damals der Meinung gewesen, daß man dem Rätsel um Mbwun nicht wirklich auf den Grund gegangen war. So war zum Beispiel nie geklärt worden, was diese Kreatur gewesen und wie sie vom Oberlauf des Xingü nach Manhattan gelangt war. Es hatte keinen Autopsiebericht gegeben, keine Untersuchungen am Kadaver, nichts. Dabei hätte Margo wirklich gerne gewußt, weshalb die DNS der Kreatur einen so hohen Anteil menschlicher Gene aufgewiesen hatte. Wären diese und eine ganze Reihe anderer Fragen damals beantwortet worden, hätte die Geschichte einen wirklichen Abschluß bekommen und Margo hätte womöglich auch keine Alpträume mehr gehabt.
Jetzt, eineinhalb Jahre später, wurde Margo urplötzlich klar, daß Frocks Theorie einer einmaligen genetischen Aberration sie eigentlich nie wirklich überzeugt hatte. Widerwillig rief sie sich die paar Augenblicke ins Gedächtnis zurück, in denen sie die Museumskreatur mit eigenen Augen gesehen hatte. Als das Monster in dem dunklen Korridor Pendergast und sie mit einem fast triumphierenden Funkeln in seinen intelligenten Augen angegriffen hatte, war es Margo eher wie eine Hybride vorgekommen und nicht wie eine Aberration. Eine Hybride aus Reptil und ... was noch?
Sie hörte, wie Frock ungeduldig in seinem Rollstuhl herumrutschte, und wischte die Gedanken weg. »Lassen Sie uns den Versuch noch einmal wiederholen«, forderte er sie auf. »Nur um sicherzugehen, daß auch alles stimmt«
»Ich bin mir bereits sicher«, entgegnete Margo.
»Meine Liebe«, sagte Frock und lächelte, »Sie sind noch zu jung, um sich wirklich sicher zu sein. Denken Sie daran, daß jedes wissenschaftliche Experiment exakt nachvollziehbar sein muß. Ich möchte Sie ja nicht enttäuschen, aber ich fürchte, daß sich Ihre Versuche am Ende als eine große Zeitverschwendung erweisen werden. Wir sollten uns lieber die Leiche von diesem Bitterman vornehmen.«
Margo machte sich zähneknirschend daran, den Versuch zu wiederholen. Wenn sie weiter so
Weitere Kostenlose Bücher