Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
mir reden wollen, dann mit Sie es hier. Ich werde jedenfalls nicht mit Ihnen dort hineingehen. Das können Sie sich abschminken.«
»Aber das ist nun mal der Weg.«
»Der Weg wohin?«
»Nach unten.«
Smithback näherte sich vorsichtig der offenen Tür. Der Mann war inzwischen in die Kabine getreten und hatte ein großes lackiertes Blech an der Hinterwand beiseite geschoben. Dahinter bemerkte Smithback ein schwarzes Loch in der gekachelten Wand, die so aussah, als habe sie seit Jahren niemand mehr saubergemacht.
»Da soll ich hinein?« fragte er.
Der Mann nickte.
»Und wo kommt man da hin?«
»Nach unten«, sagte der Mann abermals.
»Nicht mit mir«, erklärte Smithback und wollte sich umdrehen.
Der Mann sah ihm direkt in die Augen. »Ich soll Sie zu Mephisto bringen«, sagte er. »Mephisto möchte mit Ihnen über den Mord an dem Mädchen sprechen. Er weiß viel.«
»Jetzt hören Sie aber auf!«
Der Mann wandte den Blick nicht von Smithbacks Gesicht »Sie können mir vertrauen«, sagte er leise.
Irgendwie glaubte Smithback dem Mann, trotz seines verdreckten Äußeren und seines zugedröhnten Blickes.
»Was weiß er?«
»Das wird Mephisto Ihnen selber sagen.«
»Und wer ist dieser Mephisto?«
»Er ist unser Anführer«, entgegnete der Mann mit einem Achselzucken, so, als wäre damit auch alles gesagt.
»Wessen Anführer?«
»Na, der Leute von Route 666.«
Trotz seiner Zweifel verspürte Smithback auf einmal eine seltsame Erregung. Gab es dort im Untergrund tatsächlich eine organisierte Gemeinde? Das wäre ja allein für sich schon eine tolle Geschichte. Und wenn dieser Mephisto dann auch noch tatsächlich etwas über den Wisher-Mord wußte ...
»Wo sind diese Leute von Route 666?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen. Aber ich führe Sie hin.«
»Wie heißen Sie?« wollte Smithback wissen.
»Man nennt mich den Heckschützen«, antwortete der Mann mit einem Anflug von Stolz in seinen wäßrigen Augen.
»Passen Sie mal auf, Mr. Heckschütze«, sagte Smithback. »Ich würde Ihren Mephisto ja gerne kennenlernen, aber Sie müssen auch verstehen, daß ich nicht so einfach mit Ihnen in dieses Loch da hineinkriechen kann.
Wer weiß, was mich da drinnen erwartet – ein Hinterhalt, ein Überfall, sonst was.«
Der Mann schüttelte heftig den Kopf. »Ich werde Sie beschützen. Jeder weiß, daß ich der Läufer von Mephisto bin. Ihnen wird nichts geschehen.«
Smithback musterte den Mann mit kritischen Blicken: glasige Augen, laufende Nase und dieser schmutzige Bart, der ihn an einen alten Zauberer erinnerte. Immerhin hatte dieser Mann den weiten Weg in die Redaktion der Post auf sich genommen, was einem Burschen, der so heruntergekommen wie er aussah, bestimmt nicht leichtgefallen war.
Auf einmal mußte Smithback an Bryce Harrimans selbstzufriedenes Gesicht denken und stellte sich vor, wie sein Konkurrent einen Rüffel von seinem Chefredakteur bekam, weil er, Smithback, ihm schon wieder eine tolle Story vor der Nase weggeschnappt hatte.
Diese Vorstellung gefiel ihm sehr.
Smithback trat in die Kabine und kroch also hinter dem Mann, der sich Heckschütze nannte, in das dunkle Loch. Als sie auf der anderen Seite der Toilettenwand angekommen waren, zog sein Führer das Blech wieder vor die Öffnung.
Smithback sah, daß er sich in einem langen, engen Tunnel befand. Über seinem Kopf liefen Wasser- und Fernwärmeleitungen wie dicke graue Adern an der Decke entlang, die gerade hoch genug war, daß Smithback aufrecht stehen konnte. Durch im Abstand von etwa dreißig Metern angebrachte Gitterroste sickerte schwaches Abendlicht in die Dunkelheit herab.
Mit umsicheren Schritten folgte der Reporter der kleinen gebückten Gestalt, die vor ihm durch das Dämmerdunkel lief. Ab und zu bebte der schmale Gang vom Rumpeln eines U-Bahnzugs, das Smithback mehr spürte, als er es vernahm.
Nachdem sie eine Viertelstunde lang den nicht enden wollenden Tunnel entlang gegangen waren, wurde Smithback langsam unruhig. »Entschuldigen Sie«, wandte er sich an den Heckschützen, »warum müssen wir eigentlich so weit laufen?«
»Weil Mephisto will, daß die direkten Zugänge zu seinem Territorium ein Geheimnis bleiben.«
Smithback nickte und stieg über den aufgequollenen Kadaver eines Hundes, der mitten im Gang lag. Er konnte die Vorsicht dieses Mephisto zwar verstehen, aber irgendwann mußte damit auch Schluß sein. Sicher waren sie jetzt schon so weit, um unter dem Central Park zu sein.
Schließlich machte der Tunnel eine
Weitere Kostenlose Bücher