Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
Brille wieder aufsetzte.
»Ich sage das zwar nur ungern, aber es könnte sein, daß Sie in diesem Punkt nicht unrecht haben, Dr. Frock.«
»Sie meinen wohl, daß Margo nicht unrecht hat«, sagte Frock.
»Ja, natürlich. Gut beobachtet, Dr. Green.«
Das Klingeln des Telefons ersparte es Margo, auf dieses Kompliment zu antworten. Frock rollte hinüber und hob ab. Zum erstenmal seit Beginn ihrer neuerlichen Zusammenarbeit hatte Margo Zeit, ihren alten Mentor eingehend zu betrachten.
Obwohl er noch immer ziemlich untersetzt wirkte, schien er seit ihrer gemeinsamen Zeit am Museum abgenommen zu haben. Auch sein Rollstuhl kam ihr irgendwie älter und abgenutzter vor. Mit einer plötzlichen Aufwallung von Mitleid fragte sich Margo, ob es Frock vielleicht finanziell nicht besonders gut ging. Falls dem so war, dann hatte das aber ganz offenbar keinen negativen Effekt auf ihn. Im Gegenteil, er sah viel kräftiger und vitaler aus als damals, als er noch Leiter der Anthropologischen Abteilung des Museums gewesen war.
Was Frock am Telefon hörte, schien ihm gar nicht zu gefallen.
Margo ließ ihren Blick aus dem Fenster des Labors hinaus auf den Central Park wandern. Die Bäume trugen ihr kräftiges dunkelgrünes Sommerlaub, und die Oberfläche des großen Sees, der der Stadt als Wasserreservoir diente, schimmerte im hellen Sonnenschein. An seinem südlichen Ende kreuzten sich ein paar Segelboote. Margo dachte daran, wieviel lieber sie jetzt in einem dieser Boote säße und sich in der Sonne räkeln würde, anstatt in diesem finsteren Museum verrottete Leichen auseinanderzunehmen.
»Das war D'Agosta«, erklärte Frock, nachdem er mit einem leisen Seufzer aufgelegt hatte. »Er sagt, daß unser Freund hier bald Gesellschaft bekommen wird. Wären Sie so freundlich und würden Sie die Jalousien schließen, Margo? Bei künstlichem Licht läßt es sich besser mikroskopieren.«
»Was soll das heißen, daß unser Freund bald Gesellschaft bekommt?« fragte Margo.
»So hat D'Agosta sich ausgedrückt. Er hat gestern nachmittag in einem alten Eisenbahntunnel einen stark verwesten Kopf gefunden und möchte, daß wir ihn untersuchen.«
Dr. Brambell sagte etwas auf gälisch, das wie ein Ausruf des Erstaunens klang.
»Gehört dieser Kopf vielleicht ...«, begann Margo und deutete auf die beiden Leichen.
Frock schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Nein, offenbar hat er nichts mit ihnen zu tun.«
Eine Weile herrschte Stille in dem Labor. Dann wandten sich die beiden Männer, wie auf ein unausgesprochenes Stichwort hin, wieder dem unidenffizierten Skelett zu, und Margo kehrte zu ihren Bildern der Elektrophorese-Strips zurück. Sie hatte noch eine Menge Arbeit zu erledigen.
Als sie sich setzte, fiel ihr Blick auf den Umschlag mit den Röntgenaufnahmen. Frock und Brambell hatten den Leuten vom Labor die Hölle heiß gemacht, damit sie die entwickelten Negative in aller Früh auf den Tisch bekamen, und jetzt sahen sie sie nicht einmal an. Vielleicht sollte ja wenigstens sie einen Blick darauf werfen, bevor sie weiterarbeitete.
Sie nahm die Aufnahmen aus dem Umschlag und legte die ersten drei auf den Leuchttisch. Sie stammten vom Brustkorb des unidentifizierten Skeletts und zeigten – sehr viel undeutlicher übrigens als das Aufnahmeobjekt selbst – die bizarren Deformationen an der Knochenstruktur, die sich hauptsächlich in grotesken Verdickungen und Kammbildungen manifestierten.
Margo legte die Aufnahmen beiseite und ersetzte sie durch die nächsten drei, auf denen der Lendenbereich zu sehen war.
Die vier kleinen weißen Punkte entdeckte sie sofort. Neugierig geworden, zog sie die Lupe heran und betrachtete sich die Aufnahme genauer. Die vier Punkte hatten dreieckige Querschnitte und bildeten am unteren Ende der Wirbelsäule ein exaktes Quadrat, dasvollkotnmen von unscharfsichtbarer Knochenmasse überwuchert war, so daß man es an der Leiche selbst nicht hatte sehen können. Die Punkte mußten aus Metall sein, denn nur dieses war für Röntgenstrahlen vollkommen undurchlässig.
Margo richtete sich auf und blickte hinüber zu den beiden Wissenschaftlern, die sich noch immer über irgendeine Einzelheit der Leiche stritten. »Ich habe hier etwas, das Sie sich ansehen sollten, meine Herren., sagte sie.
Brambell war als erster am Leuchtkasten und schaute durch die Lupe. Dann nahm er seine Brille ab, putzte sie und sah sich das Röntgenbild noch einmal an.
Kurz darauf rollte auch Frock herbei. »Entschuldigen Sie bitte
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