Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
bin der festen Überzeugung, daß wir es mit einem Einzeltäter zu tun haben, Sir«, schnaufte er.
»Ganz genau«, stimmte Horlocker ihm zu und sah die anderen herausfordernd an, als warte er auf Widerspruch. »Wir haben da so einen durchgeknallten Penner, der möglicherweise in der Nähe des Central Parks seinen Unterschlupf hat und glaubt er sei das Museumsmonster. Aber damit nicht genug. Nach diesem gottverdammten Artikel in der Times dreht uns jetzt auch noch die halbe Stadt durch.« Mit einer abfälligen Handbewegung wandte er sich wieder an D'Agosta. »Und was tun Sie, Lieutenant? Sie scheint das alles nicht groß zu kümmern!« schnauzte er ihn an.
»Immer mit der Ruhe, Chief«, sagte Pendergast beschwichtigend. »Sie kennen doch den alten Spruch: Wer schreit, hat unrecht.«
Der Polizeipräsident sah Pendergast mit ungläubiger Miene an. »So können Sie nicht mit mir reden.«
»Doch, das kann ich, Chief Horlocker, und zwar vermutlich als einziger hier im Saal«, entgegnete Pendergast.
»Und deshalb ist es jetzt an mir, Ihnen zu sagen, daß Sie soeben ein paar durch nichts gerechtfertigte Vermutungen kundgetan haben. Die erste ist die, daß der Mörder ein Obdachloser ist, die zweite, daß er sich in der Nähe des Central Parks aufhält, und die dritte, daß es sich bei ihm um einen Verrückten handelt. Kommt noch die falsche Annahme Nummer vier hinzu, nämlich die, daß wir es mit einem Einzeltäter zu tun haben.«
Pendergast machte bei seinen Worten ein nachsichtiges, aber zugleich gestreßtes Gesicht wie ein Vater, der sein verstocktes Kind zur Vernunft bringen will.
Horlocker starrte Pendergast eine Sekunde an, dann drehte er sich, ohne ein Wort zu sagen, um und stapfte, nachdem er D'Agosta einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, mit großen Schritten aus dem Saal.
Als die Tür hinter ihm und seinen Adjutanten geräuschvoll ins Schloß gefallen war, herrschte zunächst einmal Stille. »Was für eine traurige Farce«, murmelte Frock schließlich vor sich hin.
D'Agosta seufzte und wandte sich an Brambell. »Stellen Sie sicher, daß der Chief eine Kopie Ihres Berichts bekommt, aber sorgen Sie dafür, daß sie nur die wichtigsten Fakten enthält. Und tun Sie viele Bilder hinein, damit sie sich besser liest. Am besten, Sie orientieren sich am Niveau eines Viertkläßlers, dann können Sie nichts falsch machen.«
Brambell brach in hämisches Gelächter aus. »Danke für denTip, Lieutenant«, gackerte er. »Ich werde mir alle Mühe geben.«
Margo sah, wie Waxie beiden einen mißbilligenden Blick zu warf und sich selbst in Richtung Tür in Bewegung setzte. »Ich finde solche Späße auf Kosten eines Vorgesetzten nicht sonderlieb professionell, meine Herren«, sagte er im Vorbeigehen. »Bei so etwas mache ich nicht mit.«
D'Agosta starrte ihm nach. »Wissen Sie was, Dr. Brambell?« sagte er so laut, daß Waxie es noch hören konnte, »schreiben Sie Ihren Bericht für Drittkläßler, damit der Captain ihn auch versteht.«
Hoch oben im Projektionsraum trat Smithback vom Beobachtungsschlitz zurück, schaltete zufrieden sein Diktiergerät aus und lauschte den Schritten der Leute, die langsam die große Halle verließen.
Als der Vorführer in den Raum kam, warf er Smithback einen kritischen Blick zu. »Sind Sie noch immer da?
Sie sagten doch ...«
Der Journalist winkte ab. »Ich weiß, was ich gesagt habe, aber ich wollte Sie nicht beunruhigen. Hier, nehmen Sie das.«
Smithback öffnete seine Brieftasche und drückte dem Mann einen Zwanzigdollarschein in die Hand.
»Ich würde das nicht annehmen, wenn mir das Museum genügend bezahlen würde«, verteidigte sich der Mann. »Aber von meinem Gehalt kann man hier in New York kaum leben.«
»Das weiß ich doch«, sagte Smithback gönnerhaft und warf einen letzten Blick hinunter in den Saal. »Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen, schließlich haben Sie sich soeben um die Pressefreiheit verdient gemacht. Gehen Sie von dem Geld nett zum Essen, okay? Und machen Sie sich keine Sorgen. Ich wandere lieber ins Gefängnis, als daß ich meine Quellen preisgebe.«
»Gefängnis?« krächzte der Vorführer. Smithback beruhigte ihn mit einem Schulterklopfen und verließ den Projektionsraum. Mit Notizbuch und Diktiergerät in der Hand ging er die alten, staubigen Museumskorridore entlang, an die er sich noch gut erinnern konnte. Er hatte Glück: Am nördlichen Ausgang saß die alte Pförtnerin, die bei allen wegen ihres üppig aufgetragenen Rouges nur
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