Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
enthauptet wurden.«
Ein weiteres Dia wurde auf die Leinwand projiziert. »Hier sehen Sie einen Schnitt durch einen der Knochen, der genau zeigt, daß an den Bißstellen Blut durch die interstitiellen Zonen des Knochens in das Knochenmark gesickert ist. Das ist ein eindeutiger Beweis dafür, daß die Bisse vor dem Tod des Opfers erfolgt sein müssen.«
Obwohl niemand etwas sagte, konnte Margo spüren, wie ein Ruck durch die Anwesenden ging.
»Leider ist angesichts des Zustands der Leichen eine genaue Bestimmung der Todesursache unmöglich, aber es kann durchaus sein, daß die Bisse dabei eine Rolle gespielt haben. Wir vermuten, daß die Opfer an schweren Traumen und starkem Blutverlust starben.«
Brambell blickte auf und wandte sich mit einer dramatischen Geste an seine Zuhörer. »Ich weiß, daß Sie sich jetzt sicher alle eine ganz bestimmte Frage stellen, die Frage, die auch uns bei unseren Untersuchungen immer wieder beschäftigt hat: Wer oder was hat diese Bißspuren verursacht? Inzwischen wird ja in der Presse schon spekuliert, daß in dieser Stadt ein neuer Mbwun sein Unwesen treibt.«
Das macht ihm einen Heidenspaß, dachte Margo, die spürte, wie die Spannung unter den wenigen Menschen in der großen Halle stieg. Besonders D'Agosta rutschte nervös auf seinem Stuhl herum.
»Natürlich haben wir die Bißspuren sorgfältig mit denen verglichen, die vor achtzehn Monaten an Mbwuns Opfern dokumentiert wurden. Dabei sind wir zu zwei entscheidenden Ergebnissen gekommen.«
Brambell holte tief Luft und blickte hinunter in den halbdunklen Saal. »Erstens: Die Bißspuren an den beiden Skeletten sind nicht identisch mit denen, die von Mbwun stammten, weder in Länge und Breite noch im Zahnprofil.«
Margo sah, wie D'Agosta sich erleichtert zurücklehnte.
»Zweitens: Die Kraft hinter diesen Bissen überschreitet in keinem Fall vierundsechzig Kilopond pro Quadratzentimeter, was bedeutet, daß sie ohne weiteres von Hunden, ja, sogar von Menschen verursacht worden sein können. Die Bißspuren des Museumsmonsters ließen alle auf eine sehr viel größere Kraft schließen.«
In rascher Folge waren nun Dias von verschiedenen stark vergrößerten Bißmustern zu sehen. »Ein gesunder amerikanischer Mann, zumal, wenn er häufig Kaugummi kaut, kann mit seinen Kiefermuskeln durchaus eine Kraft von fünfundfünfzig bis fünfundsechzig Kilopond pro Quadratzentimeter erzeugen«, sagte Brambell.
»Auch von der Form her könnten viele der Spuren von menschlichen Eckzähnen stammen. Obwohl es nach wie vor nicht auszuschließen ist, daß ein Rudel streunender Hunde die beiden Opfer im Untergrund angegriffen, getötet und verstümmelt haben könnte, sind meiner Meinung die Bißspuren eher menschlichen als tierischen Ursprungs. Aus welchem Motiv und unter welchen Umständen sie entstanden sind, kann ich Ihnen allerdings nicht erklären.«
»Im Untergrund geschehen seltsame Dinge, Dr. Brambell«, ließ sich auf einmal eine leicht ironisch gefärbte Stimme mit tiefstem Südstaatenakzent vernehmen. »Viel seltsamere, als wir sie uns mit unserer beschränkten Phantasie je vorstellen können.« Margo drehte sich um und entdeckte in einem Stuhl ein paar Reihen weiter hinten die vertraute schlanke Gestalt von Special Agent Pendergast. Sie hatte den FBI-Agenten gar nicht hereinkommen gehört. Pendergast bemerkte ihren Blick und sah sie an, wobei seine hellen Augen im Licht des Diaprojektors funkelten. »Hallo, Miss Green«, sagte er. »Aber halt – es muß jetzt wohl Dr. Green heißen, nicht wahr?«
Margo nickte ihm lächelnd zu. Sie hatte Pendergast seit den Museumsmorden nicht mehr gesehen.
Unwillkürlich mußte sie daran denken, wie sie damals auf der kleinen Abschiedsfeier in Frocks Büro eine Menge Leute zum letztenmal für eine lange Zeit getroffen hatte, darunter Frock selber und auch Greg Kawakita.
Frock drehte sich mit einiger Mühe in seinem Rollstuhl nach hinten und begrüßte Pendergast mit einem kurzen Nicken, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Leinwand zuwandte.
Brambell sah den Neuankömmling vom Podium herunter an.
»Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
»Das ist Special Agent Pendergast vom FBI«, antwortete D'Agosta. »Er wird uns bei der Lösung dieses Falles beraten.«
»Verstehe«, sagte Brambell. »Sehr erfreut« Dann fuhr er mit seinem Vortrag fort »Ich möchte mich nun der nächsten Frage widmen, nämlich der Identifizierung des zweiten Skeletts. Hier habe ich eine erfreuliche Neuigkeit für
Weitere Kostenlose Bücher