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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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nach dem weißen Tuch, mit dem das Gemälde verhüllt war. Eigentlich hatte er es nur ein Stück anheben wollen, aber der Stoff war so brüchig geworden, dass er sich bei der ersten Berührung in Staub und weiße Fasern auflöste. Smithback zuckte erschrocken zurück, doch dann überwog seine Neugier,er trat einen Schritt näher heran. Das in düsteren Farben gehaltene Bild zeigte ein Rudel Wölfe, das in einem finsteren Walddickicht ein Reh gerissen hatte. Die detaillierte Darstellung wirkte makaber, aber der Pinselstrich und die Komposition verrieten, dass hier ein Meister am Werk gewesen war. Neugierig geworden, ging er zu dem nächsten Gemälde. Wieder zerfiel das Tuch bei der ersten Berührung zu Staub und flockigen Fetzen. Auf dem Bild war eine Walfangszene dargestellt: der Todeskampf eines mit Harpunen gespickten Pottwals, man glaubte förmlich zu hören, wie er verzweifelt die Wellen peitschte. Die gischtende See ergoss sich, vermischt mit einem gewaltigen Blutschwall, über das kleine, wild schlingernde Boot der Walfänger.
    Smithback stand wie benommen da. Er konnte sein Glück kaum fassen. Sein Entschluss, in das Haus einzudringen, erwies sich als Volltreffer. Andererseits, von Glück konnte eigentlich gar keine Rede sein, er erntete vielmehr die Früchte harter Arbeit und sorgfältiger Recherchen. Nicht mal Pendergast war es gelungen herauszufinden, wo Leng gewohnt hatte – jedenfalls bis jetzt nicht. Dieser goldene Griff sicherte ihm einen Job auf Lebenszeit bei der
Times
. Und führte vielleicht sogar dazu, dass sich sein Verhältnis zu Nora wieder einrenkte. Denn so viel war sicher: Was immer Nora und Pendergast über Enoch Leng herausfinden wollten, die Antworten fanden sie hier, in diesem düsteren alten Haus.
    Er blieb stehen und lauschte angestrengt, aber unten im Erdgeschoss rührte sich nichts. Also nahm er sich die Zeit, auch die Statue zu enthüllen. Wieder riss er am weißen Tuch, das sich kurzerhand zu Staub und Fetzen auflöste. Und prallte im ersten Augenblick erschrocken zurück. Bis ihm klar wurde, dass er nicht auf eine Spukgestalt starrte, sondern nur auf einen ausgestopften Schimpansen, der mit einer Hand am Ast eines Baums schaukelte, in der anderen eine aus Wachs modellierte Frucht hielt. Motten und Ratten hatten ihm ein Teil des Gesichts weggefressen, stellenweise konnte mandurch die Löcher braun verfärbte Knochen sehen. Wirklich gut erhalten waren nur die gläsernen Knopfaugen, aus denen er Smithback mit irrem Blick anzustarren schien.
    Wieder eine neue Erkenntnis. Schließlich war Leng ein sachverständiger Sammler und Mitglied des Bildungskreises gewesen. Zu seiner Zeit hatte es vermutlich zum guten Ton gehört, sich wie McFadden und viele andere Naturwissenschaftler eine eigene Sammlung zuzulegen, so etwas wie ein privates Kuriositätenkabinett. Gut möglich, dass dieser Affe zu Lengs Sammlung gehört hatte.
    Smithback blieb einen Augenblick unschlüssig stehen. Sollte er es damit genug sein lassen und verschwinden? Sein Blick tastete sich die geschwungene Treppe hinunter. Unten war es dunkel, er war auf den schwachen Schimmer angewiesen, der aus dem Zimmer hinter ihm fiel. Erst als seine Augen sich ein wenig an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, konnte er schemenhaft die Umrisse der großen Empfangshalle im Erdgeschoss ausmachen. Auf dem Eichenparkett lagen exotische Tierfelle, einige konnte er in dem spärlichen Licht erkennen: das von einem Zebra, von einem Löwen, von einer Säbelantilope und von einem Tiger. Ringsum standen irgendwelche Ausstellungsstücke, alle mit Tüchern verhüllt. An den Wänden reihten sich Schränkchen und Vitrinen aneinander – eindeutig eine Sammlung, und zwar nach Lage der Dinge Lengs Privatsammlung.
    Smithback griff zögernd nach dem Handlauf der Treppe. Sollte er oder sollte er nicht? Ein kurzer Blick auf die Sammlung lohnte sich allemal, die Beschreibung des einen oder anderen Objekts machte sich bestimmt gut in seinem Artikel. Andererseits wurde er das Gefühl nicht los, dass das Haus nicht fast ein Jahrhundert lang leer gestanden haben konnte, dafür sah es – trotz des Staubs, des merkwürdigen Geruchs und vermutlich allen möglichen Ungeziefers – irgendwie zu gepflegt aus. Zu guter Letzt rang er sich zu dem Entschluss durch, für einige Minuten – wirklich nur ganz kurz – nachunten zu gehen, damit er sich wenigstens ein grobes Bild davon machen konnte, was in den Schränkchen und Vitrinen lag.
    Zögerlich tat er den ersten

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