Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
und drehte sich so, dass das Licht auf den elegant geschnittenen Anzug fiel.
»Ich schwör’s dir, Bill, du wirst es nicht glauben. Aber vergiss nicht: Das ist strikt vertraulich.«
Es kränkte ihn ein wenig, dass sie sein Outfit bisher mit keinem Wort gewürdigt hatte. »Ich bitte dich, Nora«, säuselte er geflissentlich, »zwischen uns ist doch alles streng vertraulich.«
»Zuerst hat dieser Mistkerl von Brisbane mein Budget um zehn Prozent gekürzt.«
Smithback schnaubte mitfühlend. Aber Museen leiden eben notorisch unter Geldmangel.
»Und wie ich zurückkomme, finde ich diesen verschrobenen Kauz in meinem Büro vor. Blättert in meinen Büchern und tut, als wär’ er zu Hause. Du wirst es nicht glauben, der Typ sah wie ein Beerdigungsunternehmer aus. Schwarzer Anzug, bleicher Teint. Kein Albino, nur bleich.«
Smithback beschlich ein beklemmendes Déjà-vu-Gefühl, das er eilends verdrängte.
»Erzählt mir, dass er vom FBI ist, und schleppt mich ins Stadtzentrum zu einer Baustelle, an der ein Tunnel …«
Das Gefühl war wieder da. »Hast du FBI gesagt?« Ach was,
den
konnte sie ja wohl nicht meinen.
»Ja, vom FBI. Special Agent …«
»Pendergast«, fiel ihr Smithback ins Wort.
Nora sah ihn verblüfft an. »Kennst du den?«
»Kennen? Er kommt in meinem Buch über die Museumsmorde vor. Das Buch, das du schon lange lesen wolltest.«
»Ja, stimmt. Du hast ja so Recht.«
Smithback nickte zerstreut. Pendergast war also wieder in Manhattan. Bestimmt nicht zufällig. Der Mann tauchte nur da auf, wo Ärger in der Luft lag. Und wenn er ihn selberheraufbeschwören musste. Smithback konnte nur hoffen, dass es um etwas Harmloseres ging als letztes Mal.
Er war so in Gedanken versunken, dass er, als sich der Kellner nach ihren Wünschen erkundigte, statt des geplanten trockenen Sherrys einen Martini bestellte. Gütiger Himmel – Pendergast! Sosehr er den Mann bewunderte, er war seinerzeit nicht allzu unglücklich gewesen, ihn Richtung New Orleans verschwinden zu sehen.
»Erzähl mir was über ihn!« Nora lehnte sich erwartungsvoll zurück.
»Er ist …« Irgendwie fiel es ihm plötzlich schwer, die richtigen Worte zu finden. »… unorthodox. Ein Charmeur. Südstaatenaristokrat. Jede Menge Kies. Alteingesessene Familie, Pharmazeutika oder so was. Kennt eine Menge bedeutende Leute. Persönlich weiß ich so gut wie nichts über ihn, nicht mal seinen Vornamen. Er ist ein Buch mit sieben Siegeln. Man weiß nie, was er wirklich denkt.«
»So einflussreich kann er nun auch wieder nicht sein. Heute ist er ganz schön ausgezählt worden.«
Smithback hob die Augenbrauen. »Ach ja? Und wieso?«
Nora erzählte ihm in groben Zügen von ihrem kurzen Gastspiel in dem Tunnel unter der Baustelle und schaffte es, fertig zu sein, als die Quenelles an Morcheln und schwarzen Trüffeln kamen.
»Moegen-Fairhaven …« Smithback schnupperte genüsslich das himmlische Waldaroma. »… sind das nicht die, die ohne Genehmigung und ohne vorher die Mieter zu verständigen den Block mit Einzimmerapartments an der East First abgerissen haben? Eine widerliche Sippschaft.«
»Fairhaven ist in einer Stretchlimousine vorgefahren, als wir gerade im Rolls wegfahren wollten.«
Smithback musste grinsen. Während der Ermittlungen wegen der Museumsmorde hatte Pendergast noch einen Buick gefahren. Wenn er jetzt auf die britische Nobelmarke umgestiegen war, musste das – wie alles, was Pendergast tat – etwaszu bedeuten haben. »Nun, zumindest bist du stilvoll kutschiert worden. Aber seit wann interessiert der sich für so was?«
»Warum nicht?«
»Das mag ja ein aufregender Fund sein, aber die Sache ist über hundert Jahre her. Warum sollte das FBI sich mit so lange zurückliegenden Verbrechen befassen?«
»Es waren schließlich nicht irgendwelche gewöhnlichen Verbrechen. Drei Dutzend junge Menschen – ermordet, zerstückelt und in einem unterirdischen Gang eingemauert. Das ist einer der größten Serienmorde in der Geschichte der USA.«
Der Kellner servierte Smithback das Pfeffersteak, rare gebraten. Der griff gierig zu Messer und Gabel. »Ach komm, Nora, das ist doch nur noch eine historische Kuriosität. Gibt eine großartige Zeitungsstory ab, aber ich wüsste nicht, warum das FBI sich dafür interessieren sollte.«
Instinktiv spürte er Noras grimmigen Blick. »Bill, vergiss die Zeitungsstory! Streng vertraulich – schon vergessen?«
»Mein Gott, das ist fast schon prähistorisch, daraus kann man keine Sensationsgeschichte
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