Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
Vizepräsident hat das angeordnet, Mr. Brisbane. Solche Dinge fallen in seine Zuständigkeit.«
Brisbane – den Namen hatte er doch mal irgendwo gehört. Custer kritzelte etwas in sein Notizbuch. »Und was wurde da genau abgeholt?«
Manetti hob die Schultern. »Das müssen Sie Mr. Brisbane fragen, so genau weiß ich das nicht.«
Custer drehte sich zu den beiden Angestellten am Schreibtisch um. »Dieser Brisbane, ist der oft hier unten bei Ihnen?«
»Gewöhnlich nicht, aber in letzter Zeit war er etwas häufiger hier«, sagte einer der beiden Männer.
»Und was wollte er hier unten?«
Der Angestellte, ein junger Afroamerikaner mit rasiertem Schädel, zuckte die Achseln. »Eine Menge Fragen stellen, das war alles.«
»Was für Fragen?«
»Über Dr. Kelly und den Typen vom FBI – er wollte zum Beispiel wissen, was die gesucht und für welche Regale sie sich besonders interessiert hätten, lauter solche Dinge. Und über einen Journalisten, ob der auch hier gewesen sei. Den Namen habe ich vergessen.«
»Smithbrick?«, wollte ihm Custer auf die Spünge helfen.
»Nein, aber so ähnlich.«
Custer blätterte in seinem Notizbuch. Richtig, da stand’s ja.
»William Smithback junior.«
»Ja, so heißt er.«
»Und diesen Agent Pendergast, haben Sie den auch schon hier unten gesehen?«
Die beiden Angestellten tauschten kurz einen Blick. »Nur ein einziges Mal«, sagte der mit dem rasierten Schädel.
»Und Nora Kelly?«
»Ja, Dr. Kelly war öfter hier.«
Custer nagelte ihn förmlich mit seinem Blick fest. »Kannten Sie Puck?
Der Mann nickte.
»Ihr Name?«
»Oscar. Oscar Gibbs. Ich war sein Assistent.«
»Hatte Puck irgendwelche Feinde?«
Gibbs zögerte. »Nun ja … einmal hat Brisbane ihn richtig zur Minna gemacht. Hat ihn laut angeschrien und ihm gedroht, ihn zu versetzen oder zu feuern.«
»Ach, tatsächlich? Und warum?«
»Er warf Puck vor, bereitwillig Informationen herauszurücken und zu großzügig mit Museumseigentum umzugehen. Aber die Personalabteilung ist Brisbanes Empfehlung, Puck zu entlassen, nicht gefolgt. Weil er ein langjähriger Mitarbeiter war und es bisher keine Klagen über ihn gegeben hatte. Mehr weiß ich nicht.«
»Wann genau war das?«
Gibbs überlegte einen Augenblick. »Das muss um den Dreizehnten herum gewesen sein. Nein, es war am Zwölften – am zwölften Oktober.«
Custer machte sich wieder Notizen, diesmal ziemlich lange. Und auf einmal war irgendwo in den Tiefen des Archivs ein Knall zu hören, als wäre etwas Schweres heruntergefallen oder unsanft abgesetzt worden, gefolgt von einem Geräusch, als würde etwas aufgerissen. Aha, seine Leute waren fündig geworden. Er grinste zufrieden in sich hinein. Dann wandte er sich wieder an Gibbs. »Gab’s noch andere Feinde?«
»Nein. Ehrlich gesagt, Mr. Puck war einer der liebenswürdigsten Leute im ganzen Museum. Es hat ihn sehr getroffen, dass Brisbane ihn so zusammengestaucht hat.«
Dieser Brisbane scheint nicht sehr beliebt zu sein, dachte Custer und gab Noyes einen Wink. »Holen Sie mir den Mann her! Ich möchte mit ihm reden.«
Noyes wollte sich gerade in Bewegung setzen, als die Tür des Archivs aufflog. Ein Mann im Smoking, mit verrutschter Fliege und zerzaustem Haar, kam hereingestürmt.
»Was, zum Teufel, geht hier vor?«, blaffte er Custer wütend an. »Wie kommen Sie dazu, hier einzudringen und alles auf den Kopf zu stellen? Zeigen Sie mir Ihren Durchsuchungsbefehl!«
Noyes wollte ihn geflissentlich aus der Innentasche seiner Uniformjacke kramen, aber Custer – plötzlich die Ruhe in Person – stoppte ihn mit erhobener Hand. Er beglückwünschte sich selber zu der neu gewonnenen Sicherheit, die er ausstrahlte. Der Wendepunkt in seiner Karriere hatte aus ihm einen unerschütterlichen Fels in der Brandung gemacht. Er fixierte den Ankömmling kühl. »Verraten Sie mir, mit wem ich das Vergnügen habe?«
»Roger C. Brisbane III., Erster Vizepräsident und Rechtsberater des Museums.«
Custer nickte. »Ah, Mr. Brisbane. Sie sind genau der Mann, mit dem ich reden wollte.«
7
Smithback starrte wie gebannt in das rabenschwarze Dunkel im hinteren Teil des Raumes. »Wer ist da?«, brachte er schließlich mit belegter Stimme heraus.
Keine Antwort.
»Sind Sie der Hauswart?« Er rang sich ein hysterisches Lachen ab. »Sie werden’s nicht glauben, aber ich habe mich selber eingeschlossen.«
Wieder nur Stille.
Vielleicht hatte er die Grabesstimme in Wirklichkeit gar nicht gehört, sondern seine überhitzte
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