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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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achtzehnten Jahrhundert. Er glaubte, Figaro, Rosina und den Grafen Almaviva aus dem
Barbier von Sevilla
auszumachen. Opern waren seine heimliche Schwäche – die einzige, die er sich erlaubte.
    Wellesley war eine attraktive Frau Mitte vierzig, geschmackvoll gekleidet. O’Shaugnessy fühlte sich in seiner blauen Uniform nun doch irgendwie fehl am Platze.
    »Meine Bilder gefallen Ihnen anscheinend?«, fragte sie, als der Sergeant versuchte, sich in einen nicht für seine Körpermaße gedachten Sessel zu zwängen.
    »Na ja«, sagte O’Shaugnessy, »wenn man gern in einer Zwangsjacke und mit einer Perücke auf dem Kopf tanzt …« Wellesley tauschte einen Blick mit Pendergast. »Ihr Begleiter scheint einen etwas eigenwilligen Humor zu haben.«
    »Ja, das kann man wohl sagen.«
    »Nun, meine Herren, was kann ich für Sie tun?«
    Pendergast zog ein in Papier gewickeltes Bündel aus den Tiefen seines Anzugs und breitete den Inhalt auf dem Schreibtisch der Kuratorin aus. »Ich möchte Sie bitten, dieses Kleidungsstück zu untersuchen.«
    Dr. Wellesley zuckte entsetzt zurück und hielt sich die Hand vor die Nase, als sie sah, dass es sich um einen schmutzigen, übel riechenden Lumpen handelte. »Hören Sie, ich erledige keine Polizeiarbeit. Nehmen Sie bitte diesen Ekel erregenden Fetzen weg!«
    »Dieser Ekel erregende Fetzen gehörte einem neunzehnjährigen Mädchen, das vor über hundert Jahren ermordet, zerstückelt und in einem Kellergewölbe in Lower Manhattan eingemauert wurde, Dr. Wellesley. In ihr Kleid war eine Notiz eingenäht, mit Blut geschrieben. Name, Alter und Adresse, sonst nichts. Wer mit dem eigenen Blut schreibt, fasst sich kurz. Das Mädchen wusste, dass es bald sterben und ihm niemand helfen oder es gar retten würde. Aber es wollte nicht namenlos und vergessen verscharrt werden. Seinerzeit hat ihm niemand beigestanden, jetzt versuche ich es. Darum bin ich hier.«
    Plötzlich schien das Kleid zu leben, aber als O’Shaugnessy genau hinsah, merkte er erschrocken, dass das nur an Pendergasts zitternder Hand lag.
    Betroffene Stille lastete über dem Büro. Wellesley beugte sich, ohne ein Wort zu sagen, über das Kleid, strich es glatt, kehrte das Futter nach außen, nahm ein Vergrößerungsglasaus dem Schreibtisch, sah sich den Stoff und die Nähte genau an und ließ sich dann seufzend in ihren Schreibtischsessel fallen.
    »Das typische Kittelkleid aus einem Arbeitshaus, die Standardkleidung im frühen neunzehnten Jahrhundert. Billiger Wollstoff für Arbeiten im Freien, ziemlich rau, aber er bietet einen gewissen Schutz gegen die Kälte. Als Innenfutter wurde ungefärbte Baumwolle verwendet. Nach den Nähten zu schließen, hat das Mädchen den Kittel wahrscheinlich selber genäht. Den Stoff dürfte das Arbeitshaus gestellt haben. Industrielle Massenware, die gewöhnlich in den Farben Grün, Blau, Grau und Schwarz produziert wurde.«
    »Haben Sie eine Vermutung, um welches Arbeitshaus es sich handeln könnte?«
    »Schwer zu sagen, im neunzehnten Jahrhundert gab es mehrere in Manhattan, man nannte sie Nähstuben. Sie nahmen vernachlässigte, zu Hause weggelaufene oder elternlose Mädchen auf. Das Leben war dort sehr hart und grausam. Die Betreiber tarnten sich als religiöse Wohltäter.«
    »Können Sie etwas genauer bestimmen, wann dieses Kleid hergestellt wurde?«
    »Nicht präzise. Es scheint sich um eine billige Imitation der gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts weit verbreiteten so genannten Schäferinnenmode zu handeln. Als Vorlagen dienten Abbildungen in Modezeitschriften und Werbeprospekten.« Dr. Wellesley hob die Schulter. »Ich fürchte, das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    »Falls Ihnen noch etwas einfällt, können Sie mich über Sergeant O’Shaugnessy erreichen. Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben.« Pendergast rollte das Kleid zusammen und wickelte es wieder in das Papier. Merkwürdig, aber irgendwie schien es damit seinen Schrecken verloren zu haben. »Übrigens, ich fand die Ausstellung, die Sie letztes Jahr erarbeitet haben, sehr beeindruckend. Diese entzückende so genannte Houpplelandabteilung war auf erfrischende Weise amüsant.«
    Er stand auf. »Ihre Expertise war jedenfalls sehr hilfreich für mich.«
    Dr. Wellesley lächelte. »Ich freue mich, dass Ihnen etwas aufgefallen ist, was in den Kritiken nicht erwähnt wurde. Das war in der Tat witzig gemeint. Wenn man Mode nicht unter dem Aspekt des Nützlichen und des Kälteschutzes betrachtet, entdeckt man, wie

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