Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
Vom Netzwerk:
einen Stock gestützt, mühsam entgegen. Und Pendergast dachte noch, dass der alte Herr aussah, als habe er sich selbst überlebt.

7
    Mein Gott, wie lange war sie nicht mehr in ihrem Labor gewesen? Sie drückte die Stahltür auf und schaltete das Licht ein. Alles sah so aus, wie sie’s zurückgelassen hatte: der weiße Tisch mit dem Mikroskop, dem Computer und den Chemikalien zur Anreicherung von Gesteinsproben. Aus dem Metallschrank mit den gesammelten Proben wehte sie ein Hauch von Pinien und Wacholder an, und schon meldete sich das Heimweh nach New Mexico.
    Was hatte sie eigentlich hier in New York zu suchen? Sie gehörte in den Südwesten, als Archäologin und auch sonst. Skip, ihr Bruder, redete ihr am Telefon mindestens einmal pro Woche zu, zurück nach Santa Fé zu kommen. Na gut, sie hatte Pendergast erzählt, dass sie es sich nicht leisten könne, ihren Job im Museum zu verlieren, aber in Wirklichkeit konnte sie jederzeit eine Stelle an der Universität von New Mexico oder der Arizona State bekommen. Beide hatten hervorragende archäologische Fakultäten, und dort hätte sienicht erst Kretins wie Brisbane den Wert ihrer wissenschaftlichen Arbeit klar machen müssen.
    Der Gedanke an Brisbane brachte sie gleich wieder in Rage. Nur, Kretin oder nicht, dies war das New York Museum of Natural History. So eine Chance bot sich ihr so schnell nicht wieder.
    Sie drückte die Tür hinter sich zu und schloss sie ab. Jetzt, nachdem sie ihr das Geld für die C-14-Daten bewilligt hatten, konnte sie sich voll in ihre Arbeit stürzen und die Proben für den Versand an das radiokarbonologische Labor der University of Michigan vorbereiten. Sobald sie die Daten zurückhatte, konnte sie endlich den Nachweis der engen Verwandtschaft zwischen den Kulturen der Anasazi und der Azteken antreten.
    Sie öffnete eines der Schrankfächer und entnahm ihm vorsichtig ein Tablett mit Dutzenden verkorkter Probenfläschchen, jedes mit einem Anhänger versehen, der Auskunft über den Inhalt gab: eine winzige Probe Holzkohle, eine Hand voll angekokelter Samenkörner, das Fragment eines Maiskolbens, ein Stück Holz oder ein Knochenfund. Drei solche Tabletts reihte sie nebeneinander auf und überzeugte sich, dass jeder Anhänger die genauen Angaben über den Inhalt des Fläschchens und den Fundort enthielt. Immerhin kostete jede Datenbestimmung zweihundertfünfundsiebzig Dollar, da musste man schon genau sein.
    Unwillkürlich schweiften ihre Gedanken hin und wieder ab: zurück zu den Ereignissen der letzten Tage oder zu der Frage, ob sich ihr gestörtes Verhältnis zu Brisbane je wieder einrenken ließ. Er war ein schwieriger Chef, aber Boss ist Boss. Trotzdem, der Mann war clever genug, um irgendwann einzusehen, dass sie sich zusammenraufen mussten. Und dann fiel ihr Smithbacks Artikel ein, der nicht nur sie in die Bredouille gebracht, sondern offensichtlich auch zu einer Art Sprachregelung in Pressekreisen geführt hatte; die Boulevardzeitungen sprachen im Zusammenhang mit dem Mörder,der in New York nachts sein Unwesen trieb, kurzerhand von dem »Chirurgen«. Sie fragte sich immer noch, wieso Smithback glauben konnte, er habe ihr mit seinem Artikel geholfen. Aber im Grunde hatte sie ja immer gewusst, dass sein Denken vor allem um das eigene Ego kreiste. Von Smithback war’s nur noch ein kleiner Sprung zu Pendergast. Ein rätselhafter Mann. Sie war nicht mal sicher, ob seine Ermittlungen von seinen Vorgesetzten abgesegnet waren. Ließ das FBI einen seiner Agents einfach so auf eigene Faust ermitteln? Und warum machte er so ein Geheimnis aus den Gründen für sein Interesse an diesen alten Mordfällen? Wirklich höchst merkwürdig. Ein Glück, dass sie nichts mehr damit zu tun hatte.
    Und doch, als sie sich wieder über ihre Proben beugte, musste sie sich eingestehen, dass sie keineswegs glücklich mit ihrer Situation war. Im Gegenteil, sie spürte, dass sie den Gedanken an Mary Green und ihr trauriges Los nicht verdrängen konnte. Das schäbige Mietshaus, das einfache Kleid, das sie mit so viel Liebe ein wenig hergerichtet hatte, und die anrührende kurze Notiz, die sie in der Vorahnung ihres nahen Todes verfasst hatte – das alles war unauslöschlich in Nora verankert.
    Ein leises Klopfen an der Tür. Der Klinke wurde gedrückt, aber da sie abgeschlossen hatte, kam nichts als ein Klappern dabei heraus.
    Sie schielte zur Tür. »Wer ist denn da?« Irgendwie war ihr das Rütteln nicht geheuer, sie verspürte Angst.
    »Ich bin’s, Bill.«

Weitere Kostenlose Bücher