Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
handliches Brecheisen und ein scharfes Messer mit gebogener Klinge zum Vorschein. Er fuhr mit dem Messer an den Rändern der Tafel entlang, dann steckte er das Stemmeisen in den entstandenen Spalt und drückte kräftig. Die Tafel löste sich mit einem aufsteigenden Staubwölkchen, und Pendergast konnte sie ohne Probleme abheben. Aus dem geöffneten Grab stieg ein widerlicher, an verbranntes Fleisch erinnernder Geruch auf. D’Agosta ging neben dem Agent auf die Knie, verkniff es sich aber, einen Blick in das Loch zu werfen – das wäre ihm ungehörig und pietätlos vorgekommen.
»Sie nehmen ihn am linken Fuß, ich am rechten, und dann ziehen wir ihn raus. Wir haben Glück, dass seine Grabnische in der untersten Etage ist.«
D’Agosta zwang sich dazu, in die Nische zu schauen. Er sah nichts als zwei Schuhsohlen, beide durchgelaufen.
»Sind Sie bereit?«
D’Agosta nickte und umfasste den linken Schuh.
»Vielleicht nehmen Sie ihn lieber oberhalb des Knöchels. Wir wollen ihm ja nicht den Fuß abreißen.«
»Gut«, murmelte D’Agosta betreten. Er ließ seine Hände weiter nach oben wandern und griff zu. Bei dem Gedanken, was er da gerade tat, wurde ihm kotzübel.
»Auf drei ziehen wir ihn langsam und gleichmäßig heraus.«
D’Agosta nickte stumm. Er zog. Nach einem Augenblick klebrigen Widerstands war der Körper frei und begann aus der Nische zu rutschen. Er fühlte sich federleicht an. Dann war es geschafft, Carlo Vanni lag vor ihnen auf dem grob behauenen Steinboden: die Arme gekreuzt, die Hände um einen Rosenkranz geschlungen, die glanzlosen Augen weit aufgerissen, die Zähne zu verfaulten Stummeln verkümmert, das Haar kräftig, als wäre es ihm in der Gruft nachgewachsen. Die Kleidung war verstaubt und stellenweise von Maden und Würmern angenagt. Der schrecklichste Anblick waren die Hände, genauer gesagt das, was von ihnen übrig geblieben war: eine schwarze, vom Feuer verzehrte Masse mit nachgewachsenen, unnatürlich geringelten Fingernägeln.
»Halten Sie bitte die Lampe, Vincent.«
Pendergast beugte sich über den Leichnam, setzte das Messer an der Kehle an und schlitzte dem Toten mit einem schnellen Schnitt die Kleidung vom Nacken bis zum Nabel auf. Dann entfernte er das Seidenpapier, mit dem der Anzug ausgepolstert worden war. Schließlich lag der Leichnam, schonungslos aller kosmetischen Verschleierungen beraubt, mit allen Brandmalen und den durch die Gluthitze gespaltenen Rippen vor ihnen.
D’Agosta hatte Mühe, die Stablampe ruhig zu halten. Pendergast griff wieder in eine seiner mysteriösen Jackentaschen, diesmal zog er einige Blätter Papier heraus. D’Agosta sah sofort, worum es sich handelte: den Bericht des Gerichtsmediziners und die Fotokopien von Röntgenaufnahmen, auf denen die Fundstellen mehrerer geschmolzener Metalltropfen zu sehen waren.
Abermals ein Griff ins Jackett, diesmal förderte der Agent eine Lupe zu Tage, wie sie gewöhnlich für die Prüfung von Diamanten verwendet wird. Die Lupe in der einen, das Messer und eine Pinzette in der anderen Hand, suchte er Millimeter für Millimeter das Abdomen des Toten ab.
»Ah!«, murmelte er triumphierend, zog mit der Pinzette einen winzigen Tropfen geschmolzenes Metall aus dem Unterleib des Verstorbenen und verwahrte den Fund in einem Teströhrchen. Im Dunkel hinter ihnen war ein rätselhaftes Rascheln zu hören. D’Agosta war sofort alarmiert und schwenkte die Stablampe in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
»Eine Ratte«, winkte Pendergast ab, »seien Sie bitte so freundlich, die Lampe zu mir herüber zu richten.«
»Ekelhafte Viecher«, nörgelte D’Agosta und versuchte, an etwas anderes zu denken. Leider fiel ihm nur die tröstlich gemeinte Bemerkung des Colonnello ein. dass sie den Papierkram getrost später erledigen könnten. Er ahnte bereits, an wem das hängen blieb. Blieb die Frage, wie lange es dauerte, glaubhafte Begründungen für eine nicht richterlich abgesegnete Exhumierung zu finden, mit denen sich die italienischen Behörden zufrieden gaben. Ein bis zwei Jahre, schätzte er.
Pendergast hatte inzwischen eine winzige Metallablagerung nach der anderen aufgespürt, alle in seinem Teströhrchen gesammelt und sein nun nicht mehr benötigtes Handwerkszeug in den unergründlichen Tiefen seiner Taschen verstaut. »So, ich bin fertig«, verkündete er zufrieden, »bleibt uns nur noch, Signore Vanni wieder pietätvoll in seine letzte Ruhestätte zu betten. Wären Sie so freundlich, mir dabei zur Hand zu
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