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Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd

Titel: Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Gewichts, mit dem dieser Ort und die Erinnerungen an ihre Zeit hier auf ihrem Herzen lasteten.
    Weiter vorne wurde der Gang schmaler, dann gabelte er sich. Rechts grub er sich tiefer hinab in die Dunkelheit. Links bog ein ebener Weg ab. Constance wählte diesen Gang und folgte seinen Kurven und Biegungen ungefähr hundert Meter weit. Dann blieb sie stehen und schaltete endlich die Stablampe an.
    In deren hellem Licht war zu erkennen, dass sich der Gang auf einmal verbreiterte und in einen winzigen, aber gemütlichen Raum mündete, der vielleicht drei mal zwei Meter maß. Der Boden war mit einem teuren persischen Teppich ausgelegt, der aus einem der Kellerräume der Villa stammte. Die blanken Felswände waren mit Reproduktionen von Renaissance-Gemälden verschönert: Parmigianinos Madonna mit dem langen Hals, Giorgiones Der Sturm, ein halbes Dutzend anderer. Hinten im Raum stand ein Bett, daneben ein kleiner Tisch. Neben Platos Der Staat und den Bekenntnissen des Augustinus stapelten sich darauf Werke von Thackeray, Trollope und George Eliot.
    Hier, tief unter der Erde, war es viel wärmer. Die Luft roch, gar nicht unangenehm, nach Fels und Erde. Doch die relative Wärme, die kleinen Versuche, eine gewisse häusliche Atmosphäre zu schaffen, spendeten Constance nur geringen Trost.
    Sie legte die Stablampe auf den Tisch, setzte sich davor und blickte zur Seite. Hier sah man eine Nische in der Felswand, vielleicht einen Meter über dem Fußboden. Aus der Vertiefung zog sie ein in Leder gebundenes Buch: der letzte Band ihres Tagebuchs, das sie in jenen alten Zeiten zu führen begonnen hatte, als sie das Mündel von Pendergasts Vorfahr war.
    Sie schlug das Tagebuch auf und blätterte es sorgsam, nachdenklich durch, bis sie schließlich zum letzten Eintrag gelangte. Er datierte auf den Juli des vergangenen Jahres.
    Constance las den Abschnitt einmal, dann noch einmal und wischte sich eine vereinzelte Träne von der Wange. Leise seufzend stellte sie das Tagebuch in die Nische zurück, neben die anderen Bände.
    Zweiundvierzig Bücher standen dort, identisch in Form und Größe. Während die weiter vorn noch recht neu wirkten, waren diejenigen, die tiefer in der Einbuchtung standen, ziemlich mürbe und abgewetzt.
    Constance saß da, betrachtete die Buchrücken und legte dabei die Hand nachdenklich auf die Kante der Nische. Durch die Bewegung war ihr Ärmel hochgerutscht, so dass auf ihrem Unterarm eine lange Reihe kleiner weißer Narben zum Vorschein kam: zwanzig oder dreißig identische Linien, die exakt parallel zueinander verliefen.
    Sie seufzte nochmals und wandte sich ab. Dann schaltete sie ihre Stablampe aus, sprach ein kurzes Gebet in das nahe, wachsame Dunkel, ging zum Bett, legte sich darauf, drehte sich mit geöffneten Augen zur Wand und bereitete sich, so gut es ging, auf die Albträume vor, die sie unweigerlich heimsuchen würden.

43
     
    Viola Maskelene nahm ihre Reisetasche vom Gepäckband in der internationalen Ankunftshalle des John F. Kennedy Airports, winkte einen Gepäckträger herbei, damit er die Tasche auf seinen Karren lud, und folgte ihm durch den Zoll. Es war nach Mitternacht, und deshalb musste sie kaum warten; der gelangweilte Beamte stellte ihr ein paar flüchtige Fragen, stempelte ihren britischen Pass ab und winkte sie dann durch.
    Im Bereich hinter dem Zoll wartete eine kleine Menschenansammlung. Viola blieb stehen und suchte mit ihrem Blick die Menge ab, bis sie, ein wenig abseits, einen großgewachsenen Mann im grauen Flanellanzug sah. Sie erkannte ihn auf der Stelle, so frappierend war die Ähnlichkeit mit seinem Bruder: diese hohe, glatte Stirn, die Adlernase und die aristokratische Körperhaltung. Schon allein die Tatsache, dass sie einen Menschen traf, der Pendergast so sehr ähnelte, ließ ihr Herz ein wenig höher schlagen. Aber da waren auch Unterschiede. Pendergasts Bruder war größer und nicht so drahtig, vielleicht ein wenig schwerer gebaut; seine Gesichtszüge jedoch waren schärfer, die Wangenknochen und Brauenbogen deutlich ausgeprägt, was dem Gesicht insgesamt ein merkwürdig asymmetrisches Aussehen verlieh. Er hatte hellrotes Haar und trug einen dichten, sorgfältig gestutzten Vollbart. Der auffälligste Unterschied aber lag in den Augen: das eine Auge war von einem tiefen Haselnussbraun, das andere von einem milchigen Blau. Ob er auf dem helleren Auge wohl blind war? Es sah jedenfalls wie tot aus.
    Sie lächelte und winkte Pendergasts Bruder kurz zu.
    Er erwiderte ihr

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