Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
innere Grabkammer. Er musste etwas erledigen. Er hatte einen besonderen Auftrag für Dr. Menzies zu erfüllen.
35
Nora schloss die Tür zu ihrem Büro auf, legte ihren Laptop und ihre Post auf den Schreibtisch, streifte ihren Mantel ab und hängte ihn auf. Es war ein kalter, sonniger Morgen Ende März, gelbliches Licht fiel durch die Fenster und strich über die Rücken jener Bücher, die dicht gedrängt auf den Regalen an der gegenüberliegenden Wand standen.
Noch vier Tage bis zur Eröffnung, dachte sie zufrieden, dann kann ich mich endlich wieder meinen Tonscherben widmen – und Bill, meinem Mann. Weil sie immer bis spätabends gearbeitet hatte, hatten sie in letzter Zeit so selten miteinander geschlafen, dass er sogar aufgehört hatte, sich darüber zu beschweren.
Noch vier Tage.
Es war eine lange, stressige Zeit gewesen – und eine bizarre, selbst nach den Maßstäben eines Museums. Aber jetzt war es fast vorüber. Und wer weiß? Die Eröffnung könnte sogar Spaß machen. Sie würde Bill mitbringen, da sie ja wusste, wie gern er sich den Bauch vollschlug. Trotz all seiner Unzulänglichkeiten musste man dem Museum nämlich eines lassen: Man wusste hier, wie man eine gute Party schmiss.
Sie hatte sich an den Schreibtisch gesetzt und gerade erst begonnen, ihre Post mit einem Brieföffner aufzuschlitzen, als es an der Tür klopfte.
»Herein«, sagte sie und fragte sich, wer sonst noch so früh an seinem Arbeitsplatz erschien – es war schließlich noch nicht einmal acht.
Menzies’ onkelhafte Gestalt tauchte im Türrahmen auf. Seine blauen Augen wirkten besorgt, die Stirn war sorgenzerfurcht. »Darf ich?«, fragte er und deutete auf den Besucherstuhl.
»Bitte.«
Er betrat das Zimmer und nahm Platz, schlug die Beine übereinander und zog an der Falte seiner Hose mit dem Fischgrätmuster. »Sie haben nicht zufällig Adrian gesehen, oder?«
»Nein. Aber es ist sehr früh, er ist wahrscheinlich noch nicht da.«
»Das ist es ja. Er ist heute schon ins Museum gekommen, und zwar um drei Uhr morgens. Hat sich ins Sicherheitssystem eingecheckt und ist laut den elektronischen Protokollen in die Grabkammer gegangen. Dann hat er um halb vier die Grabkammerverlassen und sorgfältig abgeschlossen. Das Merkwürdige ist, dass er das Museum nicht verlassen hat – er hat nicht ausgecheckt. Nach dem Sicherheitssystem muss er sich noch irgendwo im Gebäude aufhalten, aber er ist weder in seinem Büro noch im Labor. Ich kann ihn einfach nirgends finden. Ich dachte, dass er vielleicht Ihnen etwas gesagt hat.«
»Nein, nichts. Wissen Sie, warum er um drei hergekommen ist?«
»Vielleicht wollte er noch etwas vorarbeiten. Wie Sie wissen, müssen wir um neun anfangen, die letzten Exponate in die Grabkammer zu bringen. Ich habe alle – die Tischler, die Ausstellungsabteilung, das konservatorische Personal – mobilisiert. Aber keine Spur von Adrian. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich einfach aus dem Staub gemacht hat.«
»Er wird schon noch aufkreuzen. Er war immer zuverlässig.«
»Das will ich hoffen.«
»Das hoffe ich doch auch«, ließ sich eine andere Stimme vernehmen.
Nora blickte erschrocken auf. Wicherly stand in der Tür und sah sie an.
Menzies schien selbst erschrocken, dann aber lächelte er erleichtert. »Da sind Sie ja! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.«
»Um mich muss man sich keine Sorgen machen.«
Menzies erhob sich. »Na dann, viel Lärm um nichts. Adrian, ich möchte mit Ihnen in meinem Büro kurz über die Plazierung der Exponate reden. Wir haben einen langen Tag vor uns.«
»Könnte ich vorher noch kurz mit Nora sprechen? Ich komme dann in ein paar Minuten nach.«
»Gut.« Menzies verließ das Büro und schloss die Tür hinter sich.
Wicherly nahm unaufgefordert Platz in dem Lehnstuhl, denMenzies soeben freigemacht hatte. Nora verspürte eine leise Verärgerung. Hoffentlich hatte Wicherly nicht vor, sein idiotisches Verhalten aus der vorigen Woche zu wiederholen.
Als er jetzt etwas sagte, lag in seinem Tonfall ein Schuss Sarkasmus. »Machen Sie sich Sorgen, ich könnte Ihnen etwas Unwillkommenes ins Höschen stecken?«
»Adrian, ich habe keine Zeit für so etwas. Ich habe einen anstrengenden Tag vor mir, und Sie auch. Lassen Sie’s gut sein.«
»Nicht nach Ihrem abscheulichen Benehmen.«
»
Meinem
abscheulichen Benehmen?« Nora holte Luft – jetzt war nicht die Zeit, ein Gespräch darüber anzufangen. »Die Tür ist da drüben. Bitte benutzen Sie sie.«
»Erst wenn wir die
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