Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
irgendetwas woanders aufzustellen, selbst wenn wir das wollten. Dieser Krug ist dreitausend Jahre alt und von unschätzbarem Wert – man kann ihn nicht einfach aufheben und verschieben. Dafür sind spezielle Vorrichtungen erforderlich, speziell ausgebildete Konservatoren. Wie gesagt, Sie müssen einfach mit dem arbeiten, was da ist. Ich helfe Ihnen, wo ich nur kann, aber das hier kann ich nicht erlauben. Tut mir leid.«
Loftus holte tief Luft. »Ich kann aber nicht um diesen Krug herum filmen. Er ist einfach zu groß und hässlich.«
Als Nora ihm darauf keine Antwort gab, winkte er ab. »Ich bespreche das mit Menzies. Wirklich, so geht das nicht.«
»Sie haben wahrscheinlich genauso viel zu tun wie ich, deshalblasse ich Sie jetzt in Ruhe. Wie gesagt, wenn Sie irgendetwas benötigen, lassen Sie es mich wissen.«
Loftus wandte sich augenblicklich ab und schoss sich auf einen anderen unglückseligen Produktionsassistenten ein. »Der Low boy-Crankovator kommt dahin, wo das Klebeband ist. Auf den Boden. Sie
stehen
drauf! Schauen Sie nach unten, direkt zwischen Ihren Beinen, Herrgott noch mal!«
Nora verließ die Halle der Streitwagen in Richtung der Grabkammer; zurück blieb der nun wieder heftig gestikulierende Loftus. In der Grabkammer hatten die Konservatoren sämtliche Exponate aufgestellt – die letzte Arbeit, die zu erledigen gewesen war –, und sie wollte das Ergebnis mit ihrem Plan vergleichen. Eine Gruppe von Technikern hantierte an den Nebelmaschinen im großen Steinsarkophag. Früher am Tag hatte Nora eine Generalprobe der gesamten Sound-and-Light-Show durchgeführt, die, offen gestanden, mehr als gut verlaufen war. Wicherly mochte zwar ein Esel und schwer gestört gewesen sein, aber er war ein brillanter Ägyptologe und – wichtiger noch – ein ausgezeichneter Autor. Das Drehbuch war eine erstaunliche Tour de force; und das Finale, als Senef plötzlich zum Leben erwachte und sich aus den wabernden Nebelschwaden erhob, hatte keineswegs kitschig gewirkt. Wicherly hatte es geschafft, jede Menge interessanter, solider Informationen in die Show einfließen zu lassen. Die Ausstellung würde ihre Besucher nicht nur unterhalten, sondern auch bilden.
Nora blieb stehen. Merkwürdig, dass ein so befähigter Archäologe so schnell durchdrehen konnte. Unbewusst rieb sie sich ihren immer noch wunden und geschwollenen Hals. Nach allem, was geschehen war, fühlte sie sich unwohl, in ihr Arbeitszimmer zurückzugehen. Die ganze Geschichte war so bizarr, tragisch, unerklärlich … Aber sie versuchte wieder, Wicherlys Angriff aus ihren Gedanken zu verbannen. Sie nahm sichvor, das Ganze nach der Ausstellungseröffnung zu verarbeiten. Plötzlich spürte sie ein leichtes Tippen auf ihrer Schulter.
»Dr. Kelly, nehme ich an?« Eine kultivierte englische Altstimme.
Nora drehte sich um – und stand vor einer großgewachsenen Frau; sie hatte lange, glänzendschwarze Haare und trug eine alte Leinenhose, Turnschuhe und einen staubigen Arbeitskittel. Offenbar eine der Mitarbeiterinnen, aber eine, die sie noch nicht kannte; an eine so auffällige Frau hätte sie sich bestimmt erinnert. Und trotzdem, während sie die Fremde musterte, spürte Nora, dass sie sie irgendwo schon einmal gesehen hatte.
»Dr. Nora Kelly?«
»Ja. Und Sie sind …?«
»Viola Maskelene. Ich bin Ägyptologin und die neue Gast-Kuratorin der Ausstellung.« Sie ergriff Noras Hand und schüttelte sie energisch. Ein fester Handschlag, die Hand war ein wenig schwielig. Die Frau verbrachte bestimmt viel Zeit an der frischen Luft – jedenfalls nach ihrem gebräunten Teint, ihrer schlanken Figur und dem, man könnte fast sagen, wettergegerbten Gesicht zu urteilen.
»Freut mich sehr, Sie kennenzulernen«, sagte Nora. »Ich hatte nicht so früh mit Ihnen gerechnet.«
»Ganz meinerseits«, sagte Maskelene. »Dr. Menzies hat in den höchsten Tönen von Ihnen gesprochen, und alle verehren Sie! Dr. Menzies ist im Moment unabkömmlich, aber ich wollte mich unbedingt gleich mit Ihnen treffen … und mir diesen fabelhaften Ausstellungsraum ansehen!«
»Wie Sie sehen, schaffen wir’s gerade noch rechtzeitig.«
»Ich bin mir sicher, dass Sie alles im Griff haben.« Maskelene schaute sich begeistert um. »Ich war so überrascht, die Einladung zur Mitarbeit zu erhalten, und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie entzückt ich bin, hier in diesem Museum zu sein.Die Gräber der 19. Dynastie sind mein Spezialgebiet. Es mag unwahrscheinlich klingen, aber das Grab des Senef
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