Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
den Schuhen den Sand aufwirbelte, schlenderte er durch die mit Pfeilkraut bewachsenen Dünen hinauf, sprang über einen Holzzaun, bückte sich unter dem Tatort-Band hindurch und lief durch den Garten zur windgeschützten Seite des Hauses.
Er drückte sich gegen die Mauer, wo man ihn hinter einer halb abgestorbenen Taxushecke nicht sehen konnte, und streifte seine Lederhandschuhe über. Das Haus war bestimmt abgeschlossen. Er schlich um die Ecken, bis er zu einer Seitentür gelangte, dann spähte er hinein. Es war eine saubere, altmodische Küche, bar aller üblichen Utensilien.
Smithback zog den Stein mitsamt einem Taschentuch aus der Tasche. Er wickelte das Tuch um den Stein und schlug damit leicht gegen das Fenster.
Nichts passierte. Er schlug härter dagegen, und diesmal verursachte er ein vernehmbares dumpfes Geräusch, aber die Scheibe ging trotzdem immer noch nicht zu Bruch.
Als er sich daraufhin die Fensterscheibe etwas genauer ansah, fiel ihm etwas Ungewöhnliches auf: Das Glas war dick und hatte eine blaugrüne Färbung, und die Sprossen waren aus angestrichenem Metall, nicht aus Holz.
Kugelsicheres Glas?
Irgendwie wunderte ihn das gar nicht. Diogenes hatte das Haus bestimmt so umgerüstet, dass es von außen uneinnehmbar und von innen ausbruchsicher war.
Er blieb stehen und hoffte, dass er seine dreistündige Autofahrt nicht umsonst gemacht hatte. Sicherlich hatte Diogenes an alles gedacht. Es hatte keinen Sinn, nach Schwachstellen zu suchen: Es würde keine geben.
Andererseits könnte die Polizei ja vielleicht eine Tür offen gelassen haben.
Während er sich weiter hinter dem Gebüsch hielt, schlich er zur vorderen Veranda. Quer über die Eingangstür spannte sich ein Tatort-Klebeband. Er sprang auf die Veranda, blickte die Straße hinauf und hinunter, dann drehte er sich um und untersuchte die Tür. So waren die Cops also hineingekommen – der Türrahmen war mit dem Brecheisen aufgebogen worden, die Tür selbst war verbogen, das Schloss zertrümmert. Man hatte ganz offensichtlich bemerkenswert viel Gewalt anwenden müssen.
Nachdem die Polizei das Türschloss zerstört hatte, hatte sie ein eigenes Vorhängeschloss angebracht, das Smithback sorgfältig untersuchte. Es bestand aus gehärtetem Stahl und war zu dick, um es mit einem Bolzenschneider zu zerschneiden; aber die Befestiger waren in frischgebohrten Löchern in der Metalltür verschraubt.
Smithback griff in seinen Lederrucksack und zog einen Kreuzschraubenzieherheraus. Nach fünf Minuten hatte er eine Seite losgeschraubt. Er zog den Befestiger heraus und drückte die übel verzogene Metalltür auf. Im Nu war er drinnen, die Tür hinter ihm geschlossen.
Er hielt einen Augenblick inne, rieb sich die Hände. Es war warm im Haus – die Heizung war noch an. Er stand in einem typischen Strandhaus-Wohnzimmer mit bequemen Korbmöbeln, handgewebten Teppichen, einem Spieltisch mit Schachfiguren, einem Flügel in der einen Ecke und einem großen Kamin aus Natursteinen an der gegenüberliegenden Wand. Weil die Fensterscheiben so dick waren, schimmerte das Licht im Haus seltsam grünlich.
Wonach suchte er eigentlich? So genau wusste er es gar nicht. Vielleicht nach irgendeinem Hinweis darauf, wo Diogenes sich befinden könnte oder hinter welcher anderen Identität – oder Identitäten – er sich möglicherweise versteckte. Smithback war einen Augenblick erschrocken, weil er sich fragte, wie er denn überhaupt etwas finden konnte, das der Polizei entgangen war oder das – noch unwahrscheinlicher – Diogenes selbst über sehen hatte. Natürlich hatte Diogenes das Haus in aller Eile verlassen und dabei eine ganze Reihe von Ausrüstungsgegenständen und Materialien zurückgelassen, genug, dass die Polizei ihn zweifelsfrei als den Dieb der Museumsdiamanten hatte identifizieren können. Dennoch hatte er sich dabei nicht nur als außergewöhnlich intelligent, sondern auch als außergewöhnlich umsichtig erwiesen. Diogenes war nicht der Typ, der Fehler machte.
Ohne ein Geräusch zu machen, ging Smithback durch einen Flur und kam in ein Esszimmer mit schönen Wandvertäfelungen aus Eiche, einem schweren Tisch und Chippendale-Stühlen. An den dunkelroten Wänden hingen Gemälde und alte Stiche. Eine Tür in der gegenüberliegenden Wand führte in die kleine Küche, die ebenfalls tipptopp sauber war. DiePolizei hatte wohl kaum das Haus gereinigt – vermutlich hielt Diogenes es aus Gewohnheit so aufgeräumt.
Zurück im Wohnzimmer betrachtete Smithback
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