Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
der inneren Revision und wollte die Leistung der Besatzung bewerten. Er konnte mir die Liste gar nicht schnell genug besorgen. Ich habe bereits erhebliche Fortschritte bei der Ausdünnung der Verdächtigen gemacht.« Pendergast zog einen Zettel aus der Jacketttasche.
»Sprich weiter.«
Er tippte mit einem langen weißen Finger auf das Papier. »Der Mord wurde um zehn begangen, und das Taxi kam morgens um halb eins am Terminal an, folglich muss der Mörder nach diesem Zeitpunkt an Bord gegangen sein. Damit allein können wir eintausendvierhundertsechsundsiebzig Namen von der Liste streichen.«
Wieder tippte der Finger auf das Papier. »Der Mörder ist ein Mann.«
»Wie um alles in der Welt willst du das wissen?«, fragte Constance, als wäre diese Annahme eine Beleidigung aller Frauen.
»Wegen der Flasche Scotch. Wenn sein Besucher eine Frau gewesen wäre, hätte ein Mann wie Ambrose nicht dieses Getränk gewählt. Und die Messerstiche gingen glatt durch die Leiche und einen guten Zentimeter Teppichboden hindurch, ja noch fast zwei Zentimeter in den Sperrholzfußboden hinein. Das muss große Kraft erfordert haben. Und schließlich war Ambrose ein Bergsteiger in bester körperlicher Verfassung, kein Mann, der leicht umzubringen wäre. Das alles deutet darauf hin, dass unser Mörder stark, fit und schnell ist – und ein Mann.«
»Zugestanden.«
Pendergast ließ den Finger die Liste hinuntergleiten. »Aus denselben Gründen können wir das Alter eingrenzen: über zwanzig, unter fünfundsechzig. Auf einem Schiff wie diesem ist Letzteres besonders hilfreich. Zudem reist er nicht in Gesellschaft einer Ehefrau: Der blutige Mord, die Taxifahrt, die Verkleidung, das Einschiffen mit dem Agozyen – all das sind Handlungen eines Mannes, der nicht durch eine Gattin behindert wird. Die Psychopathologie des Mordes, die Freude an der Gewalttätigkeit, weist ebenfalls deutlich auf einen alleinstehenden Mann hin. Also ein alleinstehender Mann eines gewissen Alters: Damit können wir weitere eintausendundzwölf Namen streichen. Übrig bleiben zweihundertundzwölf.«
Pendergast bewegte den Finger weiter die Liste hinunter. »Alle Spuren deuten darauf hin, dass Ambrose sich an einen bekannten Sammler gewandt hat, vielleicht nicht unbedingt einen Sammler von Asiatica, aber an einen Sammler. Außerdem ist unser Mann einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Damit bleiben noch sechsundzwanzig.«
Er blickte auf. »Der Mörder ist clever. Versetz dich mal in seine Lage. Er muss einen unhandlichen Kasten an Bord schaffen, ohne aufzufallen. Er kann nicht sofort an Bord des Schiffes gegangen sein – daran hätte sich jemand erinnert. Außerdem war er nach dem Mord ganz blutbesudelt; er wird sich zuerst an einem sicheren Ort gewaschen und umgezogen haben. Also, wie würde er vorgehen?«
»In ein Hotelzimmer gehen, sich waschen, das Agozyen in einen großen Schrankkoffer verpacken und dann auf dem Höhepunkt des Gedränges an Bord gehen.«
»Genau. Also gegen neun Uhr heute Morgen.«
Constance lächelte schief.
Pendergast hob den Finger vom Papier. »Was noch acht Verdächtige übrig lässt. Dir wird ein merkwürdiger Zufall auffallen – zwei davon saßen an unserem Tisch.« Er schob ihr das Blatt Papier hin. Sie las die Namen.
Lionel Brock. Besitzer der Brock-Galerie, West 57 th Street, New York City. Alter 52. Bekannter Kunsthändler, Schwerpunkt: impressionistische und nach-impressionistische Gemälde.
Scott Blackburn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender und CEO von Gramnet Inc. Alter 41. Silicon-Valley-Millionär. Sammelt asiatische Kunst und Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts.
Jason Lambe, CEO von Agamemnon.com. Alter 42. Technologie-Mogul; Blackburn gehört zu den Hauptinvestoren seiner Firma. Sammelt chinesisches Porzellan sowie japanische Holzschnitte und Bilder.
Terrence Calderón, CEO von TeleMobileX Solutions. Alter 34. Technologie-Mogul, Freund von Blackburn. Sammelt französische Antiquitäten.
Edward Smecker, Lord Cliveburgh, angeblich Fassadenkletterer und Juwelendieb. Alter 24. Sammelt antiken Schmuck, Silber- und Goldgeschirr, Reliquienschreine und kleine Kunstgegenstände.
Claude Dallas, Filmstar. Alter 31. Sammelt Pop-Art.
Felix Strage, Leiter der Abteilung für Griechische und Römische Kunst des
Metropolitan Museum of Art
, New York City. Sammelt Antiquitäten der griechischen und römischen Antike.
Victor Delacroix, Autor und Lebemann. Alter 36. Sammelt Kunst aus den unterschiedlichsten
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