Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
Tresorraum ankamen, der sich eine Ebene weiter unten in einem stark gesicherten Bereich des Schiffs auf Deck B befand, in dem auch das Leitkontrollsystem und das Rechenzentrum, die das interne Netzwerk der
Britannia
steuerten, untergebracht waren. Hier, unterhalb der Wasserlinie, waren die Vibrationen der Dieselmotoren deutlich zu spüren. Der Erste Offizier wartete bereits in der Sicherheitsstation und sah mit dem silbergrauen Haar und der schicken Uniform wie ein Bilderbuch-Schiffskommandant aus.
»Das ist Mr Pendergast«, sagte Kemper ohne den geringsten Anflug von Höflichkeit in der Stimme.
LeSeur nickte. »Wir haben uns gestern Abend kennengelernt. An Roger Mayles’ Tisch.«
Pendergast lächelte milde. »Mein Ruf eilt mir voraus, dank des guten Mr Mayles. Gentlemen, die Situation ist folgende: Ein Kunde hat mich mit der Wiederbeschaffung eines Objektes beauftragt, das ihm gestohlen wurde. Über diesen Gegenstand ist mir dreierlei bekannt: Es handelt sich um ein einzigartiges Kunstwerk tibetischer Provenienz; es befindet sich irgendwo auf dem Schiff; und sein derzeitiger Besitzer, der übrigens ebenfalls auf dem Schiff ist, hat einen Menschen ermordet, um in den Besitz des Objekts zu gelangen.«
Er schlug leicht auf die Brusttasche seines Jacketts. »Meine Liste der Verdächtigen enthält drei Namen von Passagieren, die, laut Mr Mayles, im Tresorraum des Schiffes Gegenstände untergebracht haben. Ich möchte mir diese Objekte einmal kurz anschauen, wenn ich bitten darf.«
»Warum?«, fragte Kemper. »Jede Suite hat ihren eigenen Safe. Wenn das, was Sie sagen, wirklich stimmt, dann würde der Dieb den Gegenstand doch wohl eher dort verstecken.«
»Das Objekt ist einen Meter zwanzig lang. Es ist deshalb zu groß für die Safes in den Zimmern, mit Ausnahme derjenigen in den allergrößten Suiten.«
LeSeur runzelte die Stirn. »Machen wir’s kurz, Mr Pendergast: Sie dürfen sich umsehen, aber nichts anfassen. Mr Kemper, holen Sie bitte einen Ihrer Männer hierher. Ich möchte für das, was jetzt passieren wird, drei Augenzeugen haben.«
Sie passierten die Sicherheitsstation und gingen über einen kurzen Flur, der vor einer nicht gekennzeichneten Tür endete. Der Erste Offizier griff in die Tasche, holte einen Schlüssel an einer Stahlkette heraus und schloss die Tür auf. Kemper zog sie auf, und sie traten ein.
Der Raum war klein. Die Rückwand wurde komplett von einer dicken, kreisrunden Tresortür aus poliertem Stahl eingenommen. LeSeur wartete, bis einer der Security-Leute aus der Sicherheitsstation den Raum betrat. Er zog noch einen Schlüssel aus der Tasche und schob diesen in ein Schloss in der Tresortür. Dann schob er eine Ausweiskarte in ein Kartenlesegerät an der einen Seite des Tresors. Schließlich legte er die Handfläche in einen Handgeometrie-Scanner neben dem Kartenschlitz. Man hörte ein metallisches, dumpfes Geräusch, und über der Tür ging ein rotes Licht an.
LeSeur begab sich zu einem großen Kombinationsschloss, das in die gegenüberliegende Seite der Stahlkammertür eingelassen war. Er verdeckte die Nummernscheibe mit der freien Hand und drehte mehrere Male nach links und rechts. Das Licht über der Tür wechselte auf Grün; LeSeur drehte an einem Rad in der Mitte, dann zog er die schwere Tür zu sich heran, und sie schwang auf.
Das Innere war in wässrig grünes Licht getaucht. Der Tresorraum maß kaum mehr als vier Quadratmeter. Der hintere Teil war durch einen Stahlgittervorhang gesichert. Dahinter lagen, in Schubfächern, die sich schulterhoch aufeinanderstapelten, zahlreiche Metallboxen. Die beiden Seitenwände säumten Sicherheitstüren, einige davon recht groß, ihre glatten Frontseiten glänzten matt in dem fahlen Licht. Jede hatte in der Mitte ein Schlüsselloch und eine Nummer, die unmittelbar darüber in den Stahl geätzt war.
»Ein Tresor im Tresor«, sagte Pendergast. »Höchst beeindruckend.«
»Richtig«, sagte LeSeur. »Nach wem suchen wir?«
Pendergast zog das Blatt aus der Tasche. »Der Erste ist Edward Robert Smecker, Lord Cliveburgh.« Er hielt kurz inne, las. »Nachdem er das Vermögen seiner Vorfahren durchgebracht hatte, suchte er offenbar Zuflucht in kreative Möglichkeiten, um finanziell über die Runden zu kommen. Tummelt sich im Jetset, reist nach Monaco, St. Tropez, Capri und an die Costa Smeralda. Wenn er dort ist, verschwindet immer wieder Schmuck. Nichts von den Juwelen, die er angeblich gestohlen hat, ist je wieder gefunden worden, und er
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