Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
wurde von jeder Anklage freigesprochen. Man nimmt an, dass er die Edelsteine neu schleift und das Metall zu Barren einschmilzt.«
LeSeur drehte sich zu einem Ziffernfeld in der nahe gelegenen Wand um und tippte kurz etwas darauf ein. »Das müsste Nummer 226 sein.« Dann ging er hinüber zu einem kleinen Safe. »Der hier ist nicht groß genug für den von Ihnen erwähnten Gegenstand.«
»Vielleicht lassen sich die Ausmaße des Objekts verringern, indem man es zerschneidet oder faltet. Wären Sie bitte so freundlich, den Safe zu öffnen?«
LeSeurs Lippen strafften sich fast unmerklich, dann schob er einen Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Die Tür schwang auf, ein großer Aluminiumkoffer mit einem Zahlenschloss kam zum Vorschein.
»Interessant«, sagte Pendergast. Einen Augenblick schlich er einer Katze ähnlich um die offene Tür herum. Dann streckte er plötzlich die Hand aus und drehte mit seinen langen, schmalen Fingern äußerst vorsichtig die Nummernscheiben des Zahlenschlosses, eine nach der anderen.
»Moment mal!«, rief Kemper. »Nichts anfassen, hatte ich gesagt!«
»Ah!« Pendergast hob den Deckel des Koffers. Darin lagen mehrere ziegelförmige, in Alufolie und Zellophanpapier eingewickelte Gegenstände, die je mit einer dicken Wachsschicht überzogen waren.
»O Gott«, sagte Kemper. »Hoffentlich ist es nicht das, wonach es aussieht.« Er zog ein Taschenmesser hervor und stach damit durch die Wachs- und Folienschicht, worauf ein körniges weißes Pulver herausrieselte. Er steckte eine Fingerspitze in das Puder, leckte daran.
»Kokain.«
»Allem Anschein nach«, sagte Pendergast leise, »ist unser guter Lord Cliveburgh auf eine neue, noch lukrativere Geschäftsidee verfallen.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte LeSeur, während er auf das weiße Puder blickte.
»Erst einmal nichts«, sagte Kemper, klappte den Koffer zu und drehte die Nummernscheibe. »Glauben Sie mir, das führt zu nichts. Wir geben dem US -Zoll per Funk Bescheid. Sobald wir in den Hafen einlaufen, holt Cliveburgh seinen Koffer; die Leute vom Zoll sollen ihn an Land mit dem Zeug verhaften – nicht
auf
dem Schiff.«
»Sehr gut«, sagte LeSeur. »Aber wie erklären wir, dass wir den Koffer …«
»Das müssen wir nicht«, sagte Kemper grimmig. »Überlassen Sie die Details mir.«
»Was für ein Glück«, sagte Pendergast fröhlich, weil die Stimmung im Raum sich verdüsterte, »dass ich zufällig auf dem Schiff bin!«
Offenbar teilte niemand seine Ansicht.
»Als Nächsten habe ich den Filmstar Claude Dallas auf meiner Liste.«
LeSeur sah, dass Kemper schwitzte. Wenn das je rauskäme … Er wandte sich zu dem Ziffernfeld um, ohne dass er den Gedanken zu Ende führte. »Nummer 822.«
Sie begaben sich zu einem größeren Schließfach. »Vielversprechend«, sagte Pendergast leise.
LeSeur schloss es auf. Darin befanden sich mehrere alte Schrankkoffer, bedeckt mit Aufklebern von Destinationen wie Rio de Janeiro, Phuket und Goa. An den Haspen hingen faustgroße Vorhängeschlösser.
»Hmm.« Pendergast beugte sich vor und strich sich übers Kinn.
»Mr Pendergast«, sagte Kemper warnend.
Pendergast streckte beide Hände aus, in der einen hielt er ein kleines, glänzendes Werkzeug; er drehte das Schloss mit spitzen Fingern. Mit einem Klick sprang es auf.
»Mr Dallas sollte das Schloss ersetzen lassen.« Und ehe Kemper oder LeSeur etwas einwenden konnten, schob Pendergast den Verschluss zur Seite, klappte die Haspe auf und hob den Deckel an.
Obenauf lag ein Gummianzug, daneben eine geflochtene Pferdehaarpeitsche, Ketten, Handschellen, Stricke und diverse Gegenstände aus Leder und Eisen obskurer Natur.
»Wie seltsam.« Pendergast griff in den Koffer. Diesmal sagte LeSeur nichts, als Pendergast einen Superman-Umhang aus Lycra mit schrittoffenem Anzug hervorholte. Er untersuchte das Kleidungsstück, pflückte etwas von der Schulter, tat es in ein Teströhrchen, das wie aus dem Nichts erschienen war und zurück im Nirgendwo verschwand. »Ich glaube kaum, dass wir uns Mr Dallas’ andere Koffer ansehen müssen.«
»Das ist gewiss nicht notwendig«, meinte LeSeur trocken.
»Schließlich wäre da noch Felix Strage, Leiter der Griechischen und Römischen Abteilung im
Metropolitan Museum
. Er kehrt von einer für ihn recht unangenehmen Reise nach Italien zurück, wo die italienischen Behörden ihn wegen einiger Antiquitäten verhört haben, die sein Museum in den achtziger Jahren unrechtmäßig erworben haben
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