Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten
Etiketten.«
Pendergast legte die Diagramme in die Mappe zurück. »Nora, was Sie da getan haben, ist uns eine sehr große Hilfe. Dennoch muss ich mir sehr große Vorwürfe machen, weil ich Sie in so große Gefahr gebracht habe. Ich habe den Angriff auf Sie nicht vorhergesehen, vor allem nicht im Museum, was mir außerordentlich leidtut. Von nun an haben Sie mit dem Fall nichts mehr zu tun. Wir werden uns allein darum kümmern. Bis der Mörder gefasst ist, müssen Sie vor dieser Person außerordentlich auf der Hut sein. Sie dürfen nachts auf keinen Fall mehr das Museum betreten.«
Nora sah ihm in die silbergrauen Augen. »Ich habe noch mehr Informationen für Sie.«
Er hob fragend eine Braue.
»Ich habe mir Bills letzte Artikel angesehen. Er schrieb an einer Artikelserie über Tiermisshandlungen in New York – Hahnenkämpfe, Hundekämpfe … und Tieropferungen.«
»Tatsächlich?«
»Oben in Inwood gibt es eine kleine Gemeinde, sie nennt sich ›das Ville‹. Die Gebäude liegen tief im Inwood Hill Park, abgeschnitten vom Rest der Stadt. Offenbar haben sich etliche Anwohner oben an der Indian Road beschwert, die gehört haben, dass im Ville Tiere misshandelt werden. Eine Tierschutzorganisation ist Sturm dagegen gelaufen – ihr Sprecher, ein Mann namens Esteban, hat mehr als einmal dagegen protestiert. Die Polizei hat die Gegend flüchtig untersucht, konnte aber nichts beweisen. Wie auch immer, Bill hat in der Sache recherchiert. Er hat einen Artikel geschrieben und an weiteren gearbeitet. Wie’s aussieht, hat er … na ja, sein letztes Interview mit einem Einwohner von Inwood geführt, einem der Leute, die sich beschwert haben. Jemand mit Namen Pizzetti.«
D’Agosta machte sich Notizen.
Dem geradezu begierigen Funkeln in Pendergasts Augen war zu entnehmen, dass er die Information mit großem Interesse aufgenommen hatte. »Das Ville«, wiederholte er.
»Klingt ganz so, als sollten wir uns noch einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen lassen«, murmelte D’Agosta.
»Ich bin gestern Abend da hingefahren«, sagte Nora.
»Himmel noch mal, Nora!«, sagte D’Agosta. »So etwas können Sie doch nicht auf eigene Faust machen. Lassen Sie uns das regeln.«
Nora sprach weiter, als habe sie ihn gar nicht gehört. »Ich bin nicht bis in das eigentliche Dorf gegangen, das offenbar nur über eine Zufahrtsstraße zu erreichen ist. Ich habe mich von Süden her genähert und bin eine Anhöhe im Park hinaufgekraxelt, von der aus man einen Blick hinunter bis ins Dorf hat.«
»Und was haben Sie da gesehen?«
»Nichts als eine Ansammlung verwahrloster Gebäude. Kein Anzeichen von Leben – bis auf ein paar schummrige Lichter hinter den Fenstern. Ein gruseliger Ort.«
»Ich kümmere mich darum und rede mal mit diesem oder dieser Pizzetti«, sagte D’Agosta.
»Wie dem auch sei, ich habe zurückgedacht, und da ist mir aufgegangen, dass dieses verrückte Zeugs, das vor unserer Wohnung erschien – die kleinen Fetische, die Zeichnungen im Straßenschmutz – ungefähr zur selben Zeit aufgetaucht ist, als Bill seinen Artikel über das Ville veröffentlichte. Ich kenne zwar weder die genauen Umstände noch die Gründe, glaube aber, dass diese Leute mit der Sache zu tun haben.«
»Fearings angeblicher Selbstmord hat ganz in der Nähe des Ville stattgefunden.« Pendergast erwiderte Noras Blick sehr aufmerksam. »Und nun hören Sie mir bitte gut zu. Ich flehe Sie an, keine weiteren Ermittlungen durchzuführen. Sie haben schon mehr als genug getan. Ich habe einen furchtbaren Fehler begangen, als ich Sie um Ihre Mithilfe bei der DNA -Analyse bat – wie es scheint, hat der Tod Ihres Mannes mein Urteilsvermögen beeinträchtigt.«
Nora erwiderte seinen Blick. »Verzeihen Sie, aber es ist viel zu spät, um mich jetzt noch aufhalten zu können.«
Pendergast zögerte. »Wir können nicht gleichzeitig Sie schützen und den Mord an Ihrem Mann aufklären.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Ich bitte Sie dringend, meinen Rat zu befolgen. Ich habe mit Bill bereits einen Freund verloren – ich möchte nicht noch einen verlieren.«
Er blickte sie noch einen Augenblick an. Dann dankte er ihr für die Ergebnisse der DNA -Analyse, verabschiedete sich mit einem Nicken und ging hinter D’Agosta zur Tür hinaus.
Nora blieb an ihrem Schreibtisch stehen, bis Pendergasts und D’Agostas Schritte verklangen. Eine Zeitlang tat sie gar nichts und tippte nur gedankenverloren mit ihrem Bleistift auf die Schreibtischplatte.
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