Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
leuchtete mit der Taschenlampe auf den Boden und folgte dem Netz von Fußabdrücken in Staub und Schmutz hierhin und dorthin, um weitere Areale zu suchen, die möglicherweise genutzt worden waren. Als das nichts ergab, stieg er auf den wackligen Metallstufen zum Laufsteg hinauf, ging darauf entlang und suchte dabei nach verborgenen Räumen. Nichts.
Noch einmal durchsuchte er Albans Nische. Als Nächstes sah er sich den Tisch genauer an. Die unbearbeitete, nicht versiegelte Oberfläche war mit Kaffeeflecken und -ringen übersät. Er hielt die Taschenlampe an einen Tischrand und begann, aus unterschiedlichen Winkeln auf die Oberfläche zu leuchten. Beim vierten Versuch erhellte der Lichtstrahl irgendwelche schwachen Schriftspuren auf der weichen Sperrholzoberfläche. Dabei fiel ihm der Abdruck von einem Wort auf, das zweimal unterstrichen war. Pendergast legte die Taschenlampe auf den Tisch, zog ein Blatt Papier und einen Bleistift aus der Anzugjacke, legte das Papier auf die Schriftspuren und rieb ganz leicht mit der Seite des Bleistifts darüber. Langsam erschienen da und dort Bruchstücke von Buchstaben. Auf einem gesonderten Blatt Papier notierte er sich die Buchstaben, wobei er diejenigen ausließ, die zu schwach ausgeprägt waren, als dass er sie entziffern konnte. Er versuchte, in mehreren Richtungen zu reiben, wobei er jedes Mal einen etwas anderen Blick auf die Buchstaben bekam, bis er fünf von den acht lesen konnte.
BE _ _ _ EST
Er untersuchte den Abrieb mit einer Lupe, untersuchte den Tisch selbst und konnte schließlich einen weiteren Buchstaben hinzufügen.
BE _ A _ EST
Lange schaute er auf das Blatt Papier. Und dann, mit einer raschen Bewegung des Bleistifts, vervollständigte er das Wort.
BETATEST
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E in wenig niedergeschlagen saß Dr. John Felder im großen Zimmer des Wintour-Torhauses. Stunden hatte er damit zugebracht, den Raum wenigstens einigermaßen wohnlich herzurichten – er hatte die Wände und den Boden mit einem scharfen Reinigungsmittel geputzt, die Spinnweben entfernt, sämtliche Oberflächen abgestaubt und den Krempel in einen winzigen Kriechboden unter dem Dach hinaufgeschleppt, und jetzt konnte er nachts schlafen, ohne sich vorzustellen, dass ihm irgendwelche Tiere über Gesicht und Hände krabbelten. Er hatte nur wenige Sachen mitgebracht: eine Luftmatratze und einen Schlafsack, ein paar Kleinmöbel, einen Laptop, einen kleinen Heizofen, Bücher, Lebensmittel und eine Kochplatte – die Küche war unvorstellbar dreckig. Wie zu Hause fühlte er sich aber trotzdem nicht.
Immer wieder hatte er sich, während er sich abrackerte, gefragt: Warum tue ich das hier? Aber fest stand auch, dass er die Antwort bereits kannte.
Er stand vom einzigen Stuhl auf und trat ans Fenster. Er hatte es geputzt, damit es im letzten Abendlicht einen guten Blick auf die Wintour-Villa bot. Sie hüllte sich in Dunkel, die Backsteinmauern schienen zu ächzen unter dem allzu großen Dach, die unzähligen schwarzen Fenster sahen aus wie Zahnlücken. Tags zuvor war er zum nachmittäglichen Tee eingeladen worden und hatte festgestellt, dass das Innere der Villa genauso gruselig war wie das Äußere. Alles sah so aus, als wäre man in einer Zeitmaschine in die 1890er Jahre zurückversetzt worden: die unbequemen Stühle mit ihren kerzengeraden Rücken und Schonbezügen aus Spitze; die kleinen Holztische mit Zierdeckchen, kleinen Glasfigürchen und uraltem Schnickschnack. Die Teppiche waren dunkel, die Tapeten waren dunkel, die Wände waren aus dunklem Holz, so dass es schien, als könnte kein Lichtschein die hallenden Räume jemals aufhellen. Alles roch leicht nach Mottenkugeln. Der Raum war im Grunde gar nicht staubig – und doch war sich Felder seines ständigen Drangs bewusst, sich die Nase zu kratzen. Das alte, böse Haus schien ihn zu beobachten und zu belauschen, während sie beide in dem trostlosen vorderen Salon saßen und Miss Wintour abwechselnd gegen die Stadtväter wetterte oder sich darüber beklagte, wie viel besser die Welt in ihrer Mädchenzeit gewesen war.
Es war jetzt nach acht Uhr, inzwischen dunkel genug, dass man ihn nicht sehen konnte, wenn er einen Rundgang auf dem Grundstück machte. Er mummelte sich in seine Jacke ein, öffnete die Tür, trat hinaus und schloss die Tür leise hinter sich. Während er durch das winterliche, gefrorene Gestrüpp ging, schien das Haus ihm zu folgen und ihn böse anzuschauen.
Er war zu dem Schluss gelangt, dass die alte Frau in keiner Weise dement
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