Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
Im Gegenteil, wir werden Ihnen die Mühe ersparen.« Er drehte sich zu den Soldaten um. »Schafft ihn in Zimmer vier.«
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Z immer 4 lag tief unten im ältesten Teil der Festung. Es handelte sich um einen tunnelartigen Raum aus mächtigen Basaltblöcken, einem Boden aus Vulkanasche und einer Gewölbedecke. An einem Kabel hing eine einzelne Glühbirne. Pendergast wurde in den Raum gezerrt, mit vorgehaltener Waffe an eine Wand gestoßen, dann mit Händen und Füßen an Eisenringe im Mauerwerk gefesselt, wobei seine Arme und Beine zu größtmöglicher Ausdehnung gespreizt wurden.
Unter den aufmerksamen Blicken von Scheermann vergewisserten sich die Soldaten, dass die Ketten straff waren. Dann verließen sie den Raum, schalteten das Licht aus und schlossen die massive Eisentür hinter sich. Kurz fiel ein Lichtstrahl durch ein winziges Fenster in der Tür, bis auch der erlosch, als das Fenster verriegelt wurde.
Es herrschte Dunkelheit.
Pendergast stand in der feuchten Finsternis und lauschte. Die Soldaten hielten draußen Wache, er konnte ihre Bewegungen, das Gemurmel ihrer Stimmen hören. Darüber hinaus konnte er ein sehr tiefes Rumpeln, das Summen großer Generatoren und etwas anderes wahrnehmen, etwas noch Tieferes, vielleicht die natürliche Bewegung der Magma unter dem Vulkan. Wie um das zu unterstreichen, registrierte er ein schwaches, aber spürbares Zittern des Bodens und der Wände, so als bebte die gesamte Festung ganz leicht, wie als Reaktion auf das Anschlagen einer riesigen Stimmgabel im Erdreich unter ihnen.
Pendergast horchte und dachte darüber nach, was Fischer gesagt hatte.
Eine Stunde verstrich. Und dann hörte er Schritte. Ein kratzendes Geräusch war zu vernehmen, als der schwere Bolzen zurückgezogen wurde, ein langer Lichtstrahl war zu sehen, als die Tür aufging. Zwei Gestalten standen als Silhouetten im Türrahmen. Einen Moment lang blieben sie Seite an Seite stehen und trennten sich dann im Vortreten. Die nackte Glühbirne in der Mitte des Raums ging an. Und vor Pendergast standen Fischer und Alban.
Alban. Befreit von allen Verkleidungen, aller Schminke, allen Täuschungen.
Das Gesicht glich dem Tristrams – nur war in diese Züge eine ganz andere, ja diametral entgegengesetzte Persönlichkeit eingeprägt. Alban verströmte eine ungeheure Selbstsicherheit, ein Charisma, nur eine kleine Spur Arroganz mischte sich mit einer leichten Belustigung. Sein Gebaren verriet eine gelassene Disziplin, eine Distanz zur Welt der Sensualität, Leidenschaft und Intuition.
In vielerlei Hinsicht glich er eher Pendergast als Tristram. Obwohl Pendergast zu seinem Kummer und Entsetzen auffiel, dass Alban den Mund und die Augen seiner Mutter hatte. Doch je länger er in dieses blasse, kantige Gesicht mit der hohen Stirn, den blauvioletten Augen, dem blonden Haar und den ausgeprägten Lippen sah, desto mehr wurde ihm bewusst, dass etwas darin fehlte. In diesem Menschen gab es ein Loch, ein riesiges Loch dort, wo sein Herz hätte sein müssen.
Erst jetzt nahm Pendergast den Rest seines Sohnes in Augenschein: das saubere, frisch gebügelte Arbeitshemd und die schlichte, einfach geschnittene Baumwollhose, den geflochtenen Ledergürtel und die festen, handgefertigten Lederstiefel. Seine Kleidung kontrastierte seltsamerweise stark mit dem hervorragend geschnittenen, teuren grauen Anzug, den Fischer trug, und seinen goldenen Ringen, der Uhr und dem Feuerzeug.
Schließlich sagte Fischer: »Erlauben Sie mir das Vergnügen, Agent Pendergast, Sie offiziell mit Ihrem Sohn Alban bekannt zu machen?«
Alban stand da und sah ihn an. Es ließ sich nicht erkennen, was hinter diesen Augen lag, welches Gefühl ihn bewegte, wenn überhaupt eines. Er hatte alles völlig unter Kontrolle. »Hallo noch mal, Vater«, sagte er mit tiefer, angenehmer Stimme, ohne den starken Akzent, der in Tristrams Stimme so deutlich war.
Pendergast sagte nichts.
Es klopfte kurz an der Tür.
»Kommen Sie herein, Berger«, sagte Fischer.
Ein kleiner, sehr dünner Mann mit einem scharf geschnittenen Gesicht trat ein, eine altmodische Arzttasche in der einen Hand und einen Falttisch in der anderen. Hinter ihm stand – nach vorn gestoßen vom Kolben eines Gewehrs – Egon. Sein Haar war immer noch verfilzt und steif, das Gesicht weiß und faltig vor Angst. In den Augen lag ein gehetzter Blick.
Der Wachmann schloss die Tür, dann stellte er sich davor, die Waffe schussbereit. Fischer wartete, während Egon auf die gleiche Weise wie Pendergast
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