Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
erneut.
»Genug«, sagte Pendergast, nicht laut, aber mit stählerner Stimme.
Als der Oberst die kalte Hand auf seiner Schulter spürte, kam er ruckartig zum Stehen. Er zitterte am ganzen Leib. »Mein Sohn«, sagte er verzweifelt.
»Er spielt mit uns«, sagte Pendergast. »Wir müssen einen Weg hier rausfinden.«
»Er?«, rief der Oberst. »Wer ist er? Wer ist dieser Mann?« Er spürte, wie ihn erneut Zorn überkam, und schrie in die Dunkelheit: »Wer bist du? Quem é vocè? «
Pendergast antwortete nicht. Er deutete auf den letzten Soldaten. »Du bildest die Nachhut.« Er wandte sich wieder zu Souza um. »Bleiben Sie in meiner Nähe. Wir müssen weiter.«
Der Oberst folgte Pendergast einen Tunnel entlang, den dieser aus Gründen ausgewählt hatte, die er nicht verstand und die ihn auch nicht mehr interessierten. Der Amerikaner bewegte sich schnell durchs Wasser, fast wie ein Hai, er glitt nur so dahin, und der Oberst hatte Mühe mitzukommen. Er sah, wie Pendergast eine Granate zog, den Stift herauszog und sie mit heruntergedrücktem Abzugshebel in der geballten Faust hielt.
Sie gingen weiter, bis sie zu einer weiteren Vereinigung von Tunneln gelangten; noch eine Gefahrenzone. Und dann drehte sich Pendergast zu Souzas Überraschung um und warf die Granate in den Tunnel, aus dem sie soeben gekommen waren.
»Runter!«, rief er.
Sie retteten sich ins Wasser, als die Explosion erfolgte und im Tunnel eine Mauer aus Gischt aufstieg wie eine Wasserbombe. Nach der Detonation konnten sie hören, wie die Echos durch die labyrinthischen Gänge rumpelten.
Pendergast zeigte auf einen Tunnel.
»Woher wissen Sie, dass das der Weg nach draußen ist?«, stieß der Oberst hervor.
»Weil es der ist, aus dem kein Echo kommt«, lautete die gemurmelte Antwort. Das Wasser wurde tiefer, doch bald erschien auf halbem Weg ein steinerner Laufsteg entlang der Tunnelwand mitsamt Steinstufen, die nach oben führten. Pendergast hatte sich richtig entschieden: Das hier war die Route nach draußen, zweifelsohne ein alter Tunnel, der zum See führte, ein geheimer Wasserweg, der in die Festung hinein- und aus ihr herausführte.
»Agora eu esto satisfeito …« Auf einmal erklang diese Stimme aus den Nebeln: hallend, verzerrt, furchterregend.
Der Oberst ließ sich fallen, wandte sich um und schoss, beinahe ohne nachzudenken, eine abgehackte Salve, die jäh endete, als sein Magazin leer war. Er betätigte weiterhin den Abzug und schrie: »Ist da jemand? Wer bist du?« Seine zitternde Stimme hallte davon in den Nebel.
Die einzige Antwort war ein einzelner Schuss aus der Dunkelheit. Ein kurzes Aufblitzen von Licht, und der letzte seiner Soldaten sank mit einem leisen Gurgeln ins Wasser.
Pendergast hockte sich neben den Oberst und nutzte den steinernen Kai als Deckung. Seine silbernen Augen durchdrangen die Dunkelheit.
Souza holte das Magazin heraus, ließ es ins Wasser fallen, zog ein weiteres aus seinem Rucksack und versuchte, es mit zitternden Händen in die Waffe zu schieben. Pendergast griff herüber und legte seine Hand auf die Waffe, während Souza das Magazin schließlich einschieben konnte.
»Heben Sie sich Ihre Munition auf«, sagte er leise. »Genau das will er.«
»Os fantasmas?« Der Oberst zitterte am ganzen Leib.
»Leider ist er wirklich.«
Mit dieser geheimnisvollen Antwort kraxelte Pendergast die Steinstufen hinauf. Der Oberst stolperte hinter ihm her, glitt aus, während er die glitschigen Stufen zu dem schmalen Laufsteg hinaufkletterte, darauf entlanglief und in einer Nische in Deckung ging.
»Agora eu esto satisfeito …«, kam die Stimme erneut aus dem Gifthauch. Der Laut klang wie ein Eispickel in Souzas Ohr. In dem Tunnel war es nicht möglich, die Richtung zu erkennen; die Stimme kam zugleich von überallher und nirgends, tief und eigenartig durchdringend.
»Was bedeutet das?«, flüsterte Pendergast.
»Wie entsetzlich … es bedeutet ›Befriedigung, Erfüllung …‹« Souza konnte nicht weitersprechen, in seinem Kopf drehte sich alles. Er kam kaum zu Rande mit dem, was geschehen war, was immer noch geschah. Es war ein Alptraum und stellte alles in den Schatten, was er sich hatte vorstellen können.
»Wir müssen weiter, Oberst.«
Etwas an der kühlen Stimme des Agenten beruhigte ihn ein wenig. Souza packte sein M16 fester, erhob sich und folgte Pendergasts flüchtiger Gestalt den Gang hinunter. Sie kamen an Seitenkanälen und -tunneln vorbei, aus einigen davon ergoss sich schwarzes Wasser.
Ein leises
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