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Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Titel: Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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nicht mit eigenen Händen töten. Und wenn die Offiziere, ihre Aufpasser, versuchten, die Mangelhaften zu erschießen … In Albans Geist fügte sich alles mit furchterregender Klarheit. Es wäre das Ende des Programms, der Kolonie, ein jähes und schockierendes Ende nach mehr als fünfzig Jahren wissenschaftlicher Forschungen. Die Fehlerhaften waren bei all ihrer Hässlichkeit von entscheidender Bedeutung. Zum ersten Mal wurde ihm klar, dass sie für das Projekt ebenso unabdingbar waren wie er selbst. Man konnte nicht ohne den anderen existieren. Warum hatte er das nicht früher erkannt? Der ganze Plan beruhte auf einer falschen Annahme – einem Bluff. Und nun zeigte sein eigener Zwilling, dass nichts dahintersteckte.
    Nach dieser Erkenntnis, der plötzlichen, unerwarteten und furchtbaren Umkehrung des Schicksals, war er wie betäubt.
    Die Mangelhaften rückten weiter gegen die Reihe der Soldaten vor, jetzt weniger zaghaft, und gestikulierten mit ihren primitiven Werkzeugen. Alban spürte förmlich die Hitze ihres Zorns.
    Jetzt. Er drückte ab und feuerte auf Pendergast.
    Doch sein Vater hatte es vorausgesehen. Auf irgendeine Weise hatte er sich bewegt, noch ehe Alban schoss, wie ein Blitz, unglaublich schnell und unerwartet, und war – wie machte er das? – dem Schuss ausgewichen. Alban schoss ein zweites Mal, aber ein Hagel von Steinen, der aus der Menge auf ihn zugeflogen kam, machte den Schuss zunichte und zwang ihn, zur Selbstverteidigung die Arme hochzureißen.
    Pendergast war abgedreht und warf sich jetzt mit einem Hechtsprung auf ihn. Alban wich mit einer Pirouette aus, so dass sein Vater ihn nur an der Seite erwischte. Wieder schoss er, aber wegen der Steine, die auf ihn einprasselten, war es nicht möglich zu zielen, und er wurde zurückgedrängt, wobei er sich mit erhobenen Händen drehte und duckte, um seinen Kopf zu schützen. Er hörte Scheermann seinen regulären Truppen einen Befehl zurufen: »Schießt über ihre Köpfe hinweg!« Während die Leutnants ihn die Reihe herunter wiederholten, erklang eine massive Salve von Schüssen, und dann noch eine, wie Donner.
    Die Fehlerhaften hielten in ihrem überstürzten Ansturm inne. Sie blieben in einer Art von chaotischem Durcheinander stehen, jählings verwandelte sich der drohende Kampf in eine Pattsituation. Alban blickte sich um und fand seinen Vater. Er hatte sich aufgerappelt und stand neben Siebenundvierzig an der Spitze der Menge. Noch einmal hob er die Waffe. Aber als er das tat, sah er in Gedanken das unerbittliche Drehen des Rades, die schiefen Pfade der Zeit wurden allmählich gerade … und er wich zurück, entsetzt von dem, was er sah, während Pendergast ihn mit furchterregendem Blick anstarrte. Es war sinnlos: Jede Weggabelung, jede Straße der Zeit führte in eine Sackgasse, ein Schachmatt am Ende jeder Zeitachse.
    Mit einem Mal drehte er sich um und floh, lief durch die Reihe der Soldaten, die sich öffnete, um ihn durchzulassen – er hatte gewusst, dass sie es tun würden. Er musste zum See und sich mit einem Boot zur Festung durchschlagen, um Fischer zu finden.
    Und um ihn vor dem zu warnen, was gleich geschehen würde.

82
    P endergast sah, wie Alban davonlief, und er verstand, warum. Albans Gabe hatte ihm erlaubt, so weit nach vorn zu schauen, dass er sich im Grunde selbst besiegte. Seine genetisch verstärkte Fähigkeit, die es ihm ermöglichte, gerade weit genug in die Zukunft zu schauen, um die Hotel-Morde mit solchem Erfolg durchzuführen, sich der Verfolgung durch seinen Vater mit solcher Mühelosigkeit zu entziehen, seinen Bruder aus der Villa am Riverside Drive zu entführen, in beinahe jeder vorstellbaren Konfrontation zu überleben und zu obsiegen – diese Gabe wendete sich jetzt gegen ihn. Das Wissen um die Zukunft, selbst ein kurzer zehn- oder fünfzehnsekündiger Blick, erwies sich nun als zweischneidiges Schwert mit der schärfsten Klinge.
    Unterdessen setzte sich die Pattsituation fort. Die Lage war bis zum Zerreißen gespannt. Die fehlerhaften Zwillinge hatten sich auf einer Seite aufgestellt, wütend, unorganisiert, tobend. Auf der anderen Seite stand die Zwillingsbrigade, aufgestellt zu disziplinierten Reihen, still, aber zutiefst erschüttert. Und in der Mitte der kleine Kader der Nazi-Offiziere, denen erst jetzt ihr Dilemma klarwurde, als die beiden Gruppen, jede ungefähr hundert Mann stark, einander gegenüberstanden.
    »Unterwerft euch!«, schrie Scheermann die Mangelhaften an. »Geht zurück in euer Lager!«

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